SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Boy in the Park

Dylan ist ein einfacher Verkäufer im Biomarkt, und seine Mittagspause verbringt er auf einer Bank im Park, wo er sich als Dichter bemüht. Täglich begegnet er einem kleinen Jungen, und als dieser scheinbar entführt wird, macht er sich auf die Suche. Aber was soll er der Polizei sagen, wenn er weder den Namen weiß noch konkrete Hinweise nennen kann außer seinem Bauchgefühl? Bald stellt er fest, dass die Dinge nicht so sind, wie sie scheinen.


BOY IN THE PARK ist ein Roman, der momentan wieder groß gehypt wird. Vergleiche mit GONE GIRL oder GIRL ON THE TRAIN. Überall in der Stadt Plakate, und in der Buchhandlung springt es sofort ins Auge. Ich hatte mal wieder Lust auf einen Thriller, also warum nicht. Große Erwartungen hatte ich nicht, denn von diesem Hype-Zeug halte ich gar nichts, und die verglichenen Romane fand ich zwar unterhaltsam, habe sie aber auch schon wieder fast vergessen. 

Der Roman war vom Begeisterungs-Faktor her in etwa so, wie ich erwartet hatte (deutlich übertriebene Werbung, trotzdem ganz nett), und die Story empfand ich als wenig überraschend. Wobei ich dazu sagen muss, dass man als Movie-Fan und Vielleser bereits mehrere Titel nennen kann, welche mit einer ähnlichen Thematik aufwarten, sodass ich nur auf den Moment wartete, an welchem der Twist aufgelöst wurde. Natürlich war mir nicht klar, wie es nun exakt geschehen ist und zusammenhing, aber bereits ab Beginn gab es sehr viele Hinweise, die jedoch geschickt gestreut waren un Gelegenheitslesern viel Freude beim Rätselraten bieten dürften. 

Die Charaktere kamen mir nicht nahe, ich werde sie in ein paar Tagen vermutlich wieder vergessen haben. Mit dem Jungen wollte ich mich nicht verbinden, dazu waren die Ereignisse zu belastend. Und der Protagonist bleibt sehr vage, ist nicht sympathisch oder unsympathisch, er ist eben einfach da. Ich habe die Handlung immer nur von außen verfolgt, ohne mich weiter darin zu vertiefen. 

Die Erzählweise und den Sprachstil empfand ich als etwas langatmig. Der Autor möchte vor allem im ersten Teil Dylans Liebe zur Poesie darstellen, doch das geht (für mein Empfinden) ziemlich in die Hose. Ich fand es weder lyrisch noch poetisch, eher holprig zu lesen. Das mag daran liegen, dass Dylan kein guter Dichter ist, das mag an der Übersetzung liegen, das weiß ich nicht. Wie aber alle Dinge bis ins kleinste Detail beleuchtet werden, vermutlich um sensibler zu wirken und Tiefgang zu imitieren, das ist sehr anstrengend. Man hätte es gut um die Hälfte kürzen können, und es wäre nichts vom Inhalt verlorengegangen, wie ich finde. 

400 Seiten, das ist in der heutigen Zeit nicht lang, und ich freue mich, dass der Autor es nicht noch weiter aufgebläht hat, wie es heute oft üblich hat. Dennoch, ich finde, mit 300 Seiten wäre es perfekt gewesen, kurz aber knackig, toller Twist, ohne Längen durch vermeintliche Poesie und zuviel unnötige Details.

Es gibt drei Teile: Im ersten Teil wird Dylans Suche geschildert. Der zweite Teil handelt vor allem von den Erfahrungen des Jungen (kein Spoiler, da bereits zu Beginn des Buches ersichtlich): häusliche Gewalt. Und der dritte Teil ist ein wilder Roadtrip, der zu einer Suche nach sich selbst wird. Zwischendurch gibt es immer wieder Gespräche im Gefängnis, wobei der Gefangene vehement einen Mord gesteht (an einer Person, die nie existierte) und die Psychologin ihn an die Realität heranzuführen versucht. 

Der erste Teil wie gesagt war mir etwas zu langatmig, und ich habe zwei Mal überlegt, ob ich abbreche. Aber dafür fand ich das Setting doch zu interessant, und bei einem so kurzen Buch liest man halt noch ein paar Seiten weiter. Der zweite Teil war sehr, sehr heftig für mich, da ich Darstellung realer Gewaltszenen (erst recht psychischer Natur) nur schwer ertrage. Und es wurde stellenweise ziemlich heftig. Durch diesen Part habe ich mich durchgerungen, und hier hat der Autor arg am Leser gekratzt, das ist harter Tobak. Der dritte Teil war der Endspurt zur Auflösung, ich fand ihn sehr interessant vom psychologischen Aspekt her. Allerdings war mir schon zu Beginn klar (Gespräche mit dem Gefangenen), worauf es hinauslaufen würde. Daher fühlte ich mich im dritten Teil etwas hingehalten bis zur Auflösung. 

Aber, abgesehen von all dem - der Aufbau der Geschichte von innen nach außen (ohne Spoiler schwer zu erklären) ist sehr gut gelungen. Und auch, wenn die Idee nicht neu ist, hat der Autor sie recht gut umgesetzt, hat er mit dem Leser gespielt und immer wieder kleine Hinweise gestreut. Auch, wenn ich es stellenweise etwas lang fand, hat es mich sehr gut unterhalten, wollte ich unbedingt wissen, wie es weitergeht. 

Ich finde, es ist ein prima Buch für zwischendurch. Ohne dass man gleich eine ganze Reihe kaufen oder andere Werke des Autors kennen muss. Mit einer zwar nicht neuen aber doch eher ungewöhnlichen Idee. Und einer individuellen Stilistik, die (vor allem rückblickend am Ende des Buches) sehr gut dazu passt. 

Empfehlung ja nein? Hm, es hebt sich nicht sosehr ab, dass man es gelesen haben muss. Und es ist nicht so fesselnd, dass man die Nacht dafür wachbleiben würde. Aber es ist sehr unterhaltsam, und das Spiel des Autors mit dem Lesers verdient auf jeden Fall Anerkennung. Da es ein flotter Roman zwischendurch ist, ist es recht praktisch als etwas Abwechslung zwischendurch. Doch, kann man lesen ;-)

SaschaSalamander 26.08.2016, 14.13

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