SaschaSalamander

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Cupido

">Cupido<" ist das Erstlingswerk von Jilliane Hoffman. Und ich muss sagen: Hut ab, für einen Erstling wirklich TOP! Ich habe mir sofort den Folgeroman "Morpheus" auf den virtuellen SuB gesetzt, allerdings habe ich auch schon gelesen, dass es scheinbar nur ein bloßer Abklatsch des ersten Buches sein soll und kaum einen Leser wirklich begeistert hat. Na, ich bin mal gespannt. Aber jetzt erst einmal zu "Cupido" :-)

Chloé studiert Jura, kurz vor den Prüfungen lädt ihr Freund sie zum zweiten Jahrestag ihrer Beziehung in ein romantisches Restaurant. Enttäuscht, dass er ihr nicht den erwarteten Heiratsantrag machte, betritt sie danach ihre Wohnung. Ein seltsamer Anruf und ein geöffneter Brief lassen sie stutzen, doch sie legt sich müde zu Bett. Darauf hat ER nur gewartet! Chloé wird das Opfer eines brutalen Vergewaltigers, der Täter wird niemals gefasst. Ihr Körper ist von Narben entstellt, Ihre Gebärmutter musste operativ entfernt werden, von ihren sie noch viele Jahre quälenden Ängsten ganz zu schweigen.

Viele Jahre später. Unter dem Namen C.J. Townsend (sprich: Sieh-Tschäi) arbeitet sie nun in Miami als Staatsanwältin. Noch immer plagen sie die Schatten ihrer Vergangenheit. Ein grausamer Serienmörder treibt sein Unwesen, und nun wird er gefasst. C.J. soll als Vertreterin der Anklage fungieren. Doch sie erkennt in ihm den Vergewaltiger von damals. Eigentlich müsste sie den Fall wegen Befangenheit abtreten. Aber kann sie es wirklich riskieren, denn Fall möglicherkweise platzen zu lassen, sodass der Täter freikommt? Sie nimmt den Fall an. Eine Beziehung zwischen ihr und einem Ermittler bahnt sich an. Verfahrensfehler bereits bei der Festnahme könnten zu einer Freilassung des Angeklagten führen. Notwendige Beweise fehlen. Wird sie ihr falsches Spiel im Namen einer höheren Gerechtigkeit zu Ende spielen können? Und wer hat seine Finger noch mit im Spiel? Von wem stammt der anonyme Hinweis, der zur Ergreifung des Täters führte?

Anfangs war es für mich nichts anderes als ein weiterer Krimi, in dem eine Frau persönlich in ein Verbrechen involviert ist. Altbekanntes Schema. Und die Beschreibung am Anfang war mir persönlich auch etwas zu detailliert. Ich kann mir das Grauen einer Vergewaltigung auch ohne die genauen Beschreibungen der Autorin sehr gut vorstellen. Im späteren Verlauf der Handlung werden die Opfer sowie das Vorgehen des Täters ebenfalls recht deutlich beschrieben. Ich kann mir vorstellen, dass es für sensiblere Leser ziemlich heftig ist, was in "Cupido" beschrieben wurde. Noch fehlt mir der Vergleich zu "härterer" Literatur (z.B. Thomas Harris, "Schweigen der Lämmer"), aber ich empfand dieses hier als stellenweise recht brutal.

Mh, sorry, zurück zum Eigentlichen: anfangs schien es mir ein normaler Krimi, aber bald war ich so richtig gefesselt von der Story. Die Protagonistin handelt nur allzu menschlich. Heiligt der Zweck die Mittel? Sie übertritt das Gesetz, als sie den Fall nicht ablehnt, und weitere Gesetzesbrüche folgen zwangsläufig. Einzelne Mitarbeiter des Falles (Anwältin des Angeklagten, der ihr nahestehende Ermittler, der Polizist mit dem Verfahrensfehler, Mitarbeiter der Asservatenkammer, etc) müssen sich fragen, ob sie im Namen einer höheren Gerechtigkeit Verfahrensfehler, Befangenheit, Ungerheimtheiten etc übersehen wollen, oder ob sie trotz seiner scheinbar eindeutigen Schuld eine Freilassung des Täters herbeiführen werden. Ein Satz aus dem Buch, der es sehr gut trifft: "Justizia ist blind. Aber manchmal entschließt sie sich auch, einfach nicht hinzusehen".

Ich fand es hochspannend und nervaufreibend (jau, ich liebe Gerichtsthriller, Justiz an sich hat mich schon immer fasziniert), wie die Verhandlung verläuft, welche Ermittlungen getätigt werden und wie sich die einzelnen Beteiligten jeweils entscheiden. Mir persönlich hätte mehr Ermittlung und innerer Zwiespalt ob dieser verzwickten Gewissensfragen sogar noch besser gefallen als die Beschreibung der Morde, auf die meiner Ansicht nach etwas zuviel Gewicht gelegt wurde.

An manchen Stellen hat die Handlung einige Logikfehler. Oder zumindsest Szenen, die etwas arg platt konstruiert und unglaubwürdig wirken, gerade am Ende, als ... (sorry, Spoiler). Aber ich gebe mir meist Mühe, bei solchen Büchern nicht darauf zu achten, denn dann dürfte ich wohl kein Buch mehr lesen, keinen Film mehr sehen ;-)

Absolut spannend. Die letzten drei von fünf CDs habe ich heute am Stück gehört. Nach einiger Zeit wurde auch klar, dass es wohl einen weiteren Beteiligten geben könnte. Ich hatte so meine Gedanken und Überlegungen, war jedoch von der Wendung und dem Ende absolut überrascht und begeistert. Manche Leser meinen in verschiedenen Rezensionen, es sei ein 0815-Schema und dieses von Anfang an klar gewesen. Vielleicht fehlt mir einfach noch etwas Erfahrung in diesem Genre, vielleicht wissen manche Leser aber wohl hinterher auch einfach alles ;-)

Allerdings würde ich jedem, der sich jetzt eventuell für das Buch interessiert, empfehlen, keinesfalls zur akustischen Version zu greifen. Denn die Sprecherin ist etwas träge: Iris Böhm liest recht emotionslos. Aussprache und Betonung nicht schlecht, aber die Sprachmelodie und die beigelegte Emotion einfach zu flach. Als würde sie jeden Moment einschlafen.

Ansonsten: TOP. Dieser Krimi / Justizthriller (?) hat mich wirklich begeistert, und ich habe mir einige Male die Frage gestellt, wie ich wohl reagiert hätte. Wer packende Krimis im Stil von Val McDermid, Kathy Reichs oder Sandra Brown mag, sollte "Cupido" unbedingt lesen!

Und da ich ja jetzt mitbekommen habe, dass einige das Buch schon gelesen haben, bin ich natürlich neugierig:
- habt ihr das Ende (den Täter) bereits vor dem Ende gekannt, ist das Buch für Genrekundige tatsächlich so durchschaubar?
- falls ihr schon Harris u.a. Autoren gelesen habt: wie "hart" ist dieses Buch etwa einzuordnen in der detaillierten Beschreibung Vergewaltigungen und Morde?

SaschaSalamander 17.04.2006, 10.22

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Kommentare zu diesem Beitrag

4. von Achi

Mir hat Cupido auch sehr gut gefallen. Ich lese eher selten Krimis. Dennoch hatte ich den Täter recht früh erraten(ca.170 Seiten vor Schluß). Hat aber dennoch Spaß gemacht. Man kann ja nie sicher sein. Außerdem hat mir die Darstellung der Ermittlungsarbeit genauso gut gefallen wie dir. Das kommt wohl davon, dass die Autorin früher Staatsanwältin war.
Besonders hart oder detailliert fand ich das Buch aber nicht. Da gibt es schlimmere Bücher(z.B. American Psycho von Bret Easton Ellis). Außerdem stimme ich mit Pat überein, dass man wissen kann, was auf den Leser zu kommt.
Wenn man nichts von Serienmorden und Vergewaltigungen lesen will ist das ok, aber wenn man schon ein Buch darüber liest, dann darf man sich nicht beschweren, wenn diese auch beschrieben werden. Ein realistischer Autor, der die Schrecklichkeit und Tragik solcher Taten einfängt ist mir jedenfalls lieber, als beschönigende Beschreibungen, die es nicht so schlimm erscheinen lassen. Das ist es nämlich nicht.

vom 20.04.2006, 02.22
Antwort von SaschaSalamander:

Mmh, American Psycho, da fand ich heftig. Nicht wegen der Darstellung, sondern wegen der teilweise heftigen Fäkalsprache. Irgendwie seltsam, genaue Beschreibungen blutiger Szenen sind mir wurst, aber zuviele Flüche und Schimpfereien und Kraftausdrücke tun mir regelrecht weh ...

ob man das erwarten kann, kann ich schlecht beurteilen, da ich in diesem Genre ja wie gesagt relativ neu bin. Aber bisher ist Cupido etwa das Level, wo sich die meisten der von mir bisher gelesenen bewegen. Es gibt schwächere ("Du entkommst mir nicht") und heftigere (wie ich von anderen gehört habe) ...

Und beschwert habe ich mich ja gar nicht ... lediglich angemerkt. Manchmal denke ich halt, dass ein gewisses Maß an Voyeurismus etwas ist, auf dem gewisse Genre aufbauen. Klar, was wäre Hannibal Lector ohne solche Dinge? Wäre vermutlich nur noch halb so spannend ...
3. von Biene

Ich muss auch zugeben, dass ich nicht auf den Täter gekommen wäre - allerdings war mir früh klar, dass da noch jemand anderes ins Spiel kommen musste ...
Ich lese relativ selten Krimis, drum bin ich wahrscheinlich auch kein guter Detektiv :zwinker: , und deshalb hab ich auch kaum Vergleiche wie "grausaum" Cupido geschildert ist. Ich hatte persönlich aber keine Probleme mit dem Stil, denn in den seltensten Fällen lass ich Bücher "so nah" an mich ran.
LG, Biene

vom 18.04.2006, 12.34
Antwort von SaschaSalamander:

Ein Buch an sich ranlassen  oder nicht ... das ist es wohl ... bin auch froh, dass ich das abschalten kann ... naja, ich denke, wie Pat und Achi gesagt haben, vermutlich legen Leser, die so etwas nicht verkraften, irgendwann wieder weg ...

2. von Pat

Ich fand das Buch klasse (habe ich ja bereits in meinem Blog vorgestellt). Tatsächlich vermutet man ab einer gewissen Stelle, wer der wirkliche Mörder ist, was meiner Meinung nach aber nicht weiter schlimm ist. Es tut der Spannung in diesem Buch keinen Abbruch - im Gegenteil.
Das Buch ist in der Tat manchmal hart formuliert, allerdings fand ich den Krimi von Elisabeth George "Gott schütze dieses Haus" um einiges härter, zumindest der Schluss kam in geballter Ladung recht unvermutet daher. Bei Cupido weiß man von Anfang an, dass es ein harter Thriller ist, dann kann man sich darauf einstellen. Bei Elisabeth George hat mich das überrascht und entsprechend umgehauen.
Vom unten erwähnten Vogelmann habe ich auch schon gehört. Werde ich mir mal auf meine Bücherliste schreiben.
LG Pat

vom 18.04.2006, 10.07
Antwort von SaschaSalamander:

Beide habe ich mir vorgemerkt, Vogelmann und "Gott schütze dieses Haus",  ich bin wirklich schon gespannt!
1. von Iris

Guten Morgen :)
Ich habe Cupido gelesen und war auch total begeißtert von dem Buch. Wer der Täter ist, war mir schleierhaft, bis es in dem Buch aufgelöst wurde. Allerdings bin ich in der Täterfindung auch nicht sehr gut, bisher habe ich immer daneben gelegen ;)
Sehr viele Bücher, die in die Richtung wie Cupido gehen, habe ich noch nicht gelesen, aber besonders hart fand ich es nicht, aber ich bin da auch hart im nehmen. Als ichz Cupido gelesen habe, hat mir jemand geschrieben, das sie das Buch weglesen mußte, weil sie nicht mehr schlafen konnte.....
*Belladonna* von Karin Slaughter, oder *Der Vogelman* und *Die Behandlung* von Mo Hayder fand ich da schon um einiges härter.

Liebe Grüße
iris * die im moment mal wieder dem Fantasy verfallen ist*

vom 17.04.2006, 10.53
Antwort von SaschaSalamander:

Mh, mich selbst hat es recht kaltgelassen, denn ich habe eine Art "Autofilter" bei Büchern, sodass ich so ziemlich alles lesen kann, ohne dass es mir Albträume verursacht. Aber ich kann mir vorstellen, dass es manchen um den Schlaf bringt, manches war schon recht grausam beschrieben ...

Vom Vogelmann habe ich auch schon gehört, der steht schon auf meiner Liste, die anderen beiden genannten sind mir neu, aber ich werd mal ein wenig danach stöbern (will ja Vergleichswerte haben *g*)

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