SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Todesengel

Schon einige Wochen ist es her, dass ich TODESENGEL von Andreas Eschbach gelesen habe. Eigentlich wollte ich gar keine Rezension dazu schreiben. Aber ich merke, dass ich mich besser fühle, wenn ich wenigstens abschließend ein paar Worte dazu tippe, meinen Eindruck teile. Ist schließlich ein Eschbach, und das lese ich nicht einfach nur so, sondern da stecken immer große Erwartungen drin. Ich möchte das Buch jetzt nicht analysieren, lediglich meine Probleme mit dem Werk aufzeigen :-)

Ich kann gar nicht benennen, was ich von Eschbach schon alles gelesen habe, stürze ich mich doch auf jeden neuen Titel und habe bei den alten Sachen bis auf ein paar Sci-Fi Titel fast alles durch. Mir gefällt vor allem, dass er sich nicht in gängige Schubladen stecken lässt, die Genres oft neu definiert und in jedem seiner Bücher neue Wege beschreitet. Experimente, neue Settings, ungewöhnliche Ideen, er ist immer für eine Überraschung gut. 

In Todesengel treibt ein Superheld Selbstjustiz: ein strahlender Engel beschützt Opfer vor ihren Peinigern und erschießt die Täter. Niemand glaubt dem überfallenen alten Mann seine Geschichte, er wird als Verdächtiger gesehen. Doch bald häufen sich die Vorfälle, in denen andere Opfer von ihren Erlebnissen erzählen. Ein Reporter verfolgt die Spur und findet mehr über den Helden, den Engel, den Rächer heraus. Wer steckt dahinter?

Wie gesagt, ausführliche Rezension hab ich jetzt gar nicht vor, dazu hat mich das Buch langfristig gesehen doch zu wenig verfolgt im Nachhinein. Aber während des Lesens hat es mich recht beschäftigt. Es gelingt Eschbach, ein aktuelles (langfristig in der Gesellschaft gärendes) Thema aufzugreifen, die Zivilcourage. Die Probleme, die es mit sich bringt selbst gewalttätig zu werden um sich oder andere zu retten. Ich war recht zerrissen, denn er schafft es wie üblich grandios, Emotionen beim Leser zu erzeugen. Ich war wütend, ärgerte mich, habe mit den Protagonisten mitgelitten und war mit ihnen entrüstet.

Trotzdem fühlte ich mich nicht dabei wohl, denn Eschbach polarisiert in diesem Buch doch recht stark. Er gibt zwar zwischendurch immer wieder zu verstehen, dass Selbstjustiz nicht in Ordnung ist, jedoch lässt er widersprüchliche Stimmen ziemlich untergehen, werden Talkgäste niedergeredet und kritische Ansätze werden zum Schweigen gebracht. Ja, es gibt Gegenstimmen, ja es gibt auch Konsequenzen und die obligatorische Moral am Ende (Verbrechen lohnt sich nicht, aber Meinungsmache und Selbstjustiz ebensowenig). Trotzdem hatte ich diesmal ein wenig mit dem Tenor zu kämpfen. 

Ab der Mitte etwa hatte ich damit gerechnet, dass einiges mehr passieren würde, es hätte eigentlich sehr gut um mindestens ein Drittel, vielleicht sogar die Hälfte gekürzt werden können, und ich fragte mich zwischendurch, wann denn nun eigentlich das kommt, was der Autor mir eigentlich sagen möchte, aber es kam nur oberflächlich, nicht eines Eschbach würdig, ich bin mehr Tiefe von ihm gewohnt. Es gibt - bedingt durch die Talkshow, deren tägliche Ausstrahlung sehr genau verfolgt wird im Roman - sehr viele Gespräche, Diskussionspunkte, aber diese polarisieren und lassen teilweise gar keine Chance auf eine Auseinandersetzung mit dem Thema. Billige Meinungsmache soll die Show sein, aber das Buch schafft es leider nicht, selbst über diesen Punkt hinauszukommen. Statt Spannung zu erzeugen dümpelt die Handlung auf Talkshowniveau vor sich hin. 

Natürlich soll es auch darum gehen, dem Leser die eigene "dunkle" Seite aufzuzeigen, will er im Leser Gedanken wachrütteln, die dieser ungern zugeben mag. Aber wie dies geschieht und wie damit umgegangen wird, das ist einfach nicht mein Stil, ich konnte dem Autor nur bedingt folgen.

Naja, macht nichts. Wie gesagt: er ist ein grandioser Schreiberling. Und wenn man in so vielen Genres tanzt, so viele Ideen zu Papier bringt und immer wieder neue Gedanken umsetzt, dann kann es auch mal passieren, dass ein paar weniger geniale Ergüsse dabei sind. Ich habe mich unterhalten, Zeitverschwendung war das Buch sogesehen nicht. Ein Mann kann nicht nur Bestseller wie auf mich zugeschnitten schreiben ;-)

SaschaSalamander 05.05.2014, 08.48

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