SaschaSalamander

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Thema: Rezensionen Hörspiel

Lady Bedfort 48 - die Sorgen des Mr Bloom

bedfort_48bloom_1.jpgINHALT

In der nunmehr 48ten Folge geht es wieder einmal um einen Mord. Ein Apotheker liegt tot in seinen Verkaufsräumen. Während Gomery und Miller den Tatort untersuchen, tritt wie zufällig wieder einmal Lady Bedfort mitten in das Geschehen und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Was verbirgt der Arzt, mit dem der Apotheker schon häufiger Streit hatte? Warum wurde außer Morphium nichts gestohlen? Es fehlte am Vortag Geld in der Kasse, das jetzt auf einmal wieder da ist? Und wer ist das alte Ehepaar, das anfangs so gar nicht in die Handlung zu passen scheint?


EINE KLASSISCHE FOLGE

Die aktuelle Folge ist, nachdem 46 und 47 sich in Aufbau und Gestaltung etwas von der restlichen Serie abhoben, wieder ein ganz klassischer Fall. Lady Bedfort schnüffelt gegen den Willen Gomerys und mit der Unterstützung von Inspektor Miller fleißig an allen Orten, wo sie eigentlich nichts zu suchen hat. Und dabei erfährt sie eine Menge, was der Polizei entgeht, sodass sie ihre eigenen Schlüsse ziehen und wieder einmal im letzten Moment das Schlimmste verhindern kann. Vivien, Denham und Inspektor Miller sind ebenfalls wieder alle drei mit von der Partie. Wie gesagt: absolut klassisch, sowohl für Lady Bedfort als auch das Genre an sich. Da die Handlung für sich steht und kaum etwas aus dem Leben der einzelnen Protagonisten geschildert wird, eignet sich Folge 48 diesmal auch ideal für Neueinsteiger. Es ist keine Vorkenntnis über die Serie an sich erforderlich, unterscheidet sich von der ersten Folge jedoch deutlich durch die zunehmende Erfahrung, die seit inzwischen fast fünf Jahren bei der Umsetzung der Hörspielreihe gesammelt wurde.


VERDÄCHTIGE

Was mir diesmal besonders gefallen hatte: es gab mehrere Verdächtige, die infrage kamen, und es gab zwar viele Hinweise, doch viele davon führten in die Irre. Schon zu Beginn ahnt man sofort, wer es sein muss, doch kurz darauf richtet sich die Aufmerksamkeit auf eine andere Person. Auch die Frage, warum der Apotheker sterben musste, bleibt bis zum Schluss offen, die Frage nach dem Motiv ist ebenso drängend wie die Suche nach dem Mörder. Ich vermute, dass die meisten Hörer zwar die Richtung erahnen, aber wirklich auflösen wird es wahrscheinlich kaum jemand: zusehr drängen die Vermutungen in eine ähnliche aber falsche Richtung. Es hat mich gefreut, bis zum Ende im Dunkeln zu tappen.

Ein gelungener Kunstgriff sind die Episoden zwischen Rupert und Tilda Bloom. Natürlich weiß man sofort, dass sie etwas mit dem Mord zu tun haben. Aber waren sie Zeugen, Täter, Mitwisser oder auf ungewollte Weise Auslöser? Das alte Ehepaar macht diese Folge auf seine ganz eigene Weise zu etwas Besonderem, es ist köstlich, ihnen  zu lauschen, die Spannung zwischen den beiden Sprechern ist hervorragend umgesetzt worden.

SPRECHER

DIE SORGEN DES MR BLOOM ist eine Folge mit sehr vielen Sprechern. Und so darf man sich über drei neue Stimmen in der Serie freuen: Franziska Troeger übernimmt die Rolle der alten, keifenden Tilda Bloom gekonnt unsympathisch, es macht Spaß ihr zuzuhören. Jaqueline Svilarow spricht die junge Angestellte hervorragend, sowohl den naiven Part als auch ihre andere Seite. Und mit Tobias Kluckert tritt nun einer der Söhne von Jürgen Kluckert (Tim Denham) auf, auch er spielt gekonnt zwielichtig und undurchschaubar.

Abgesehen von den Sprechern der Stammrollen gibt es zwei bekannte Stimmen, die wieder eingesetzt wurden: Peter Weis kennt man bereits aus drei anderen Folgen, Oliver Feld war bisher erst zwei mal zu hören, und auch sie spielen ihre Rollen glaubwürdig.


MUSIK

Der helle, freundliche Klang sagt mir sehr zu, lockert die oft tragischen Geschichten etwas auf. Doch auch bedrohliche Parts werden eingespielt, in dieser Folge durch Variationen des Themas >Dies Irae<. Im Booklet beschreibt Dennis Rohling, wie es dazu kam, ich fand die Entstehungsgeschichte sehr interessant, und nachdem ich weiter dazu recherchiert hatte und mir auch andere Variationen des Themas angehört hatte, habe ich seit gestern Mittag einen ziemlich fiesen Ohrwurm, der nicht mehr gehen will. >Dies< ist der Song, der Dennis inspirierte.

Es gefällt mir, wenn man durch das Booklet auf Dinge aufmerksam gemacht wird, die sonst eher untergehen. Man neigt als Hörer dazu, weniger auf Sprecher, Autoren oder Musik einer Reihe zu achten, doch durch einzelne Hinweise und Goodies wird das Hörspiel lebendiger, achtet man stärker auf einzelne Details. Und gerade Musik ist etwas, das meist zu wenig Beachtung erhält in Hörspielen und hier immer wieder hervorgehoben wird.


FAZIT

DIE SORGEN DES MR BLOOM ist eine Folge im klassischen Stil, die jedoch durch die Vielzahl an Verdächtigen, die parallele Handlung des alten Ehepaares und die bis zum Schluss unklare Auflösung überzeugt. Auch die neuen Sprecher fügen sich in die bestehenden Rollen ein und lassen auf weitere Auftritte hoffen. Wieder einmal bester Hörgenuss für alle Fans und Neueinsteiger der Serie. 

SaschaSalamander 31.01.2012, 08.55 | (0/0) Kommentare | PL

Mindnapping 06 - Dopamin

DOPAMIN ist die sechste Folge aus der Hörspielreihe MINDNAPPING des Labels Audioanarchie. Die einzelnen Bände sind unabhängig voneinander zu hören, jeder Teil erzählt eine spannende Geschichte. Diese Folge möchte ich besonders hervorheben, da es sich um eine erstklassige BDSM-Geschichte handelt.

Susan hatte eine Affaire, doch eine Woche nach dem letzten Treffen verstirbt ihr heimlicher Liebespartner bei einem Motorradunfall. Sie erzählt nun drei ihrer Bekannten (Pfarrer, Arzt, Anwalt) unter Schweigepflicht von den Ereignissen. Für die Zuhörer (sowohl die drei Männer als auch die Hörer der CD) stellt sich recht bald die Frage, was sie mit dieser Erzählung bezweckt. Was hat ihre Geschichte mit dem Unfall zu tun? Was erwartet sie von den drei Gesprächspartnern, wenn nicht Vergebung, juristischen Rat oder therapeutische Hilfe?

Audioanarchie hat bereits in den vorherigen fünf Kurzgeschichten bewiesen, dass sie es meisterlich verstehen, Spannung aufzubauen. Jede Erzählung ist anders, und der Zuhörer weiß zu Beginn nicht, was ihn erwarten wird. So auch bei DOPAMIN, wo die Situation lange unklar bleibt.

Was jedoch absolut klar ist: Susans Schilderungen sind sehr explizit. Ausführlich erfährt der Hörer, was die junge Frau erlebte. Sie war ihrem Liebhaber hörig, und er hatte viele "Wünsche", Befehle an sie, sie wurde gefesselt, geschlagen. Teils erzählt Susan in eigenen Worten, teils spielt die Handlung als Rückblende, untermalt von anregender und recht realistischer Soundkulisse. Interessant natürlich auch die Reaktionen der einzelnen Gesprächspartner. Der Pfarrer reagiert entsprechend pikiert, bittet um weniger Details (eine Bitte, der Susan dem Hörer zuliebe natürlich nicht nachkommt), der Anwalt sieht es etwas gelassener und reißt hier und da seine Späßchen, während der Therapeut immer wieder zu analysieren versucht und mit seinen Platitüden Verständnis heuchelt. Eine innovative Erzählweise, auf die Audioanarchie sich eingelassen hat, und das Hörspiel ist rundum gelungen. "Erotik" kann man diese CD nicht nennen, was hier geschildert wird, geht für mich bereits in den Bereich "Hardcore", und die Macher sind hierbei nicht gerade pingelig, wenn es um die Ausgestaltung der einzelnen Szenen geht.

Noch immer werden Hörspiele als Unterhaltung für Kinder betrachtet, aber es gibt immer mehr Titel, die den Hörern beweisen, dass es durchaus einzelne Serien gibt, die Kinder keinesfalls in die Hände bekommen dürfen. MINDNAPPING gehört definitiv dazu, und von allen sechs Teilen, die ich bisher gehört habe, ist DOPAMIN die härteste. Zimperlich darf man bei dieser Reihe auf keinen Fall sein! Die Reihe setzt sich mit ihrer innovativen Machart und den expliziten Themen über die bisherigen Grenzen hinweg und beschreitet neue Wege, die für zukünftige Serien Maßstäbe setzen werden. Ein Label, das ich unbedingt im Auge behalten muss!

SaschaSalamander 30.12.2011, 10.40 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Lady Bedfort 47 und der kauzige Entführer

bedfort_47entfuehrer_1.jpgDie aktuelle Folge ist diesmal ein Spiel im Wettlauf gegen die Zeit: aus Wut über einen ihm versagten Kredit nimmt Harold Luper die Filialleiterin der Bank als Geisel, verscharrt sie in einer Kiste im Wald und verlangt Lösegeld. Die Übergabe geht schief, man erwischt Luper, aber er gibt keine Auskunft, bis er nicht das Geld erhalten hat und ungehindert gehen darf. Wo ist die Geisel versteckt? Wird Lady Bedfort sie rechtzeitig finden können, bevor es endgültig zu spät ist? Für mich war das wieder eine sehr starke Folge in vielerlei Hinsicht:


GESCHICHTE

Die Geschichte ist hervorragend erdacht. Gegen Ende ein Twist, der mich dann doch überraschte und von der bisherigen Machart abweicht. Eine Geiselnahme, eine lebensbedrohliche Situation, das ist nicht düsterer als so manch andere Folge der Lady bisher, und auch die Musik lässt es nicht gerade düster wirken, dennoch empfinde ich die Geschichte diesmal als besonders spannend. Dies liegt vor allem an dem zeitlichen Limit: noch ist niemand gestorben, aber die Uhr tickt, das Spiel mit der Zeit ist neu für die Lady, wenn ich mich recht erinnere, und diese Idee finde ich hervorragend. Man hätte ein klein wenig mehr Dramatik einbringen können, wenn man überlegt hätte, wie lange die Geisel noch zu leben hat, und wenn man dann zeitlich beengt an die Sache herangegangen wäre. Aber dann wäre es wohl zusehr amerikanischer Action gewesen und zu wenig unsere gemütliche Lady. Ich denke, die Umsetzung war genau richtig, auch wenn das Thema ein bisschen mehr möglich gemacht hätte.

Man erfährt in dieser Folge nicht wirklich etwas Neues über Clara und ihr soziales Umfeld, aber doch gibt es wieder nette Alltagsszenen zwischen Lady Bedfort und Vivien, man hört am Rande über die erste Liebe von Lynn, der Großnichte der Lady. Inspektor Miller, der noch immer im Urlaub ist, sendet einen lieben Brief, und das Geplänkel zwischen Gomery und Lady Bedfort nimmt kein Ende. Ehrlich gesagt, die Lady ist manchmal ganz schön dreist, und ich frage mich, wann ihr Verhalten eines Tages einmal Konsequenzen haben wird. Nicht immer ist ihr Handeln legal, und auch diesmal steckt sie ihre Nase wieder ziemlich weit in das Aufgabengebiet des Inspektors ...

Der neue Fall sollte ursprünglich inspiriert sein von Natascha Kampusch, doch bald war klar, dass man aus dem Thema der langjährigen Entführung keine typische Folge produzieren könnte, also wurde umgedacht, und nur der Grundgedanke "Entführung" blieb bestehen. Aber nicht nur der Hintergrund, auch die Umsetzung empfinde ich dieses Mal als sehr realistisch. Denn es stellt sich die grundlegende Frage der Ethik: was ist man zu tun bereit, um ein Menschenleben zu retten? Weit weit darf man gehen, um den Täter zu einer Aussage zu bewegen? Darf die Polizei sich dem Willen eines Erpressers beugen? Sehr ernste Gedanken, die dieses Mal mitschwingen und Folge 47 damit zu einer für mich eher düsteren Folge werden lassen.

Miträtseln konnte man dieses Mal leider weniger, ein wichtiger Anhaltspunkt ist für den Hörer nicht ersichtlich und wird erst später eingeworfen. Macht nichts, umso größer ist die Überraschung, als Clara Bedfort den Fall endlich gelöst hat und den Hörer mit der Wahrheit konfrontiert.


SPRECHER

Mit von der Partie sind dieses Mal wieder Christine Pappert und Martin Kautz, die als Geschwisterpaar in Folge 46 bereits sehr gute Arbeit leisteten. Da sie in der Serie noch unverbraucht sind, stört es auch nicht, dass sie so knapp hintereinander eingesetzt werden, im Gegenteil, es war ein sehr schönes Wieder"sehen" mit den beiden. Simone Guttmacher und Jochen Arlt sind das erste Mal in dieser Serie zu hören und fügen sich in kleinen Gastrollen hervorragend zwischen all den anderen geübten Stimmen ein.

Ansonsten setzt Hörplanet auf die gewohnte Qualität: Michael Pan (der übrigens der Vater von David Nathan ist) als gewalttätiger Entführer Luper. Computerfans ist er bekannt als der Großinquisitor bei SACRED II, Hörspielfans kennen ihn vor allem als Pia Boysens Vater in OFFENBARUNG 23. Und so ziemlich jedem dürfte die Stimme von DATA aus STAR TREK bekannt sein. Bei LADY BEDFORT ist er nun zum fünften Mal dabei, seine Stimme und sein Engagement verleihen der Rolle dieses Mal eine besondere Intensität, die zur düsteren Grundstimmung beiträgt.


MUSIK

Die Musik ist es diesmal, die trotz der dunklen Story und der tickenden Uhr die Folge auflockert und wieder zu einer leicht zu hörenden Unterhaltung macht. Die Variationen des Hauptthemas sind sehr gut gelungen, der Klang ist heller, freundlicher als bisher gewohnt. Schon beim ersten Anspielen des Titelsongs hielt ich inne und hörte ganz genau hin. Normalerweise steht man als Gewohnheitstier Änderungen eher skeptisch gegenüber, bis man sich an das Neue gewöhnt hat. Doch in diesem Fall war ich sofort begeistert, die Folge wirkt lebendiger, freundlicher, heller. Hörplanet hat nicht vor, immer nur auf das Bewährte zu setzen, sondern gerne wendet man neue Techniken und Ideen an, um auch nach fast 50 Folgen immer wieder für Abwechslungs zu sorgen.

Was diesmal anders ist an der Musik, das wird im Booklet ausführlich erklärt. Aber um nicht alles vorwegzunehmen: nur wer die CD kauft, kann auch das Heft lesen und mehr über die Hintergründe des neuen Sounds erfahren. Es lohnt sich ;-)


FAZIT

Ein ungewöhnlich actionreiches Thema für die Serie, jedoch mit dem gewohnt beschaulichen Flair des kleinen Städtchens Broughton - eine perfekte Mischung aus Spannung, Charme und cleverer Ermittlungsarbeit. Mit der Musik hat der Hörplanet nun einen neuen Weg eingeschlagen, der viel für die kommenden Folgen verspricht. Neben Folge 46 eine der besten Folgen seit langem!

SaschaSalamander 28.11.2011, 09.37 | (0/0) Kommentare | PL

Bellford House



Als Hörspielfan stolpere ich manchmal über Titel, die nicht allzu bekannt sind. Und vor ein paar Tagen fand ich eines, das ich als etwas ganz Besonderes bezeichnen möchte: BELLFORD HOUSE. Es wurde privat von Chrys Chambers produziert und kostenlos bei Youtube zur Verfügung gestellt. Auf meine Anfrage nach dem Hintergrund des Hörspieles und ob es tatsächlich eine legale Version sei und ich es verlinken dürfe, gab er an, dass es tatsächlich öffentlich zugänglich sei, entstanden einfach weil er Spaß daran hatte. Da kann ich nur sagen: tausend Dank für diese ungewöhnliche Hörspielperle! Und um Euch so richtig neugierig darauf zu machen, werde ich es hier vorstellen :-)

Shelly ist wenig begeistert, als sie mit ihrer Mutter den Sommer in Bellford House verbringen soll, und dann auch noch kostenlos im Laden der Gastgeberin aushelfen! Doch bald lernt sie Nathan kennen. Als sie einige seltsame Dinge erlebt, kann sie sich niemandem außer dem neuen Freund anvertrauen. Sie sieht ein Mädchen am Fenster, wo niemand stehen dürfte. Auf ihren Fotos sieht sie Dinge, die während des Fotografierens definitiv nicht zu sehen waren. Und jemand scheint ihr schaden, ja vielleicht sogar sie töten zu wollen! Gemeinsam machen sich die zwei Jugendlichen daran, das Rätsel um Bellford House zu lösen.

CHARAKTERE: es gibt einige Nebencharaktere, Protagonisten sind allein Shelly und Nathan, zwei Jugendliche, wie sie aus einem professionellen Jugendhörspiel stammen könnten. Sie haben ihre Alltagssorgen, Shelly ist gefrustet von den Entscheidungen der Erwachsenen über ihren Kopf hinweg, und sie sucht sich nun ihren eigenen Weg. Als sie endlich auf ein Abenteuer stößt, ist sie Feuer und Flamme, man spürt richtig die Begeisterung, mit der sowohl Drehbuchautor als auch Sprecher am Werk waren. Nathan ist der etwas ruhigere Gegenpol, auch er eine ganz klassische Figur, wie man ihn nicht besser hätte umsetzen können.

DIALOGE: es klingt einfach, einen Dialog zu schreiben, ist es allerdings ganz und gar nicht. Gerade bei Hörspielen muss ein guter Mittelweg gefunden werden, der einerseits klingt wie das natürliche, gesprochene Wort. Andererseits ist zu bedenken, dass der Hörer nicht sieht, was geschieht, sodass zusätzliche Informationen fließen müssen. Diese Waage ist schwer zu halten, und ich habe schon einige Hörspiele gehört, die an diesem Punkt gescheitert sind. Hier dagegen ist es perfekt umgesetzt. Ich hatte das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein, als würde ich es mit eigenen Augen erleben, ohne dass auch nur ein Wort zuviel erklärt wurde oder etwas vergessen wurde zu beschreiben.

MUSIK und GERÄUSCHE: die Musik ist sehr angenehm und stimmungsvoll, sie untermalt das Geschehen zwischendurch und nebenbei und beschert dem Hörer zwischendurch sogar ein wenig Gänsehaut. Geräusche gibt es eher die einfachen, typischen Standardklänge, z.B. Schritte, klapperndes Geschirr, und es wirkt sehr natürlich und fällt kaum auf, so gut fügt es sich in das Hörspiel ein. Dadurch wirkt alles sehr echt und realistisch. Ebenfalls sehr gelungen: die Abmischung ist hervorragend gelungen, Hut ab! Oft stört es mich, wenn Sprache und Geräusche nicht zusammenpassen und ich ständig die Lautstärke hoch- oder runterdrehen muss. Hier habe ich den Finger kein einziges Mal am Regler gehabt. Selbst bei professionellen Hörspielen ist dies nicht selbstverständlich, im Gegenteil, erst letztens habe ich mich bei zwei sehr erfolgreichen Jugendkrimis geärgert, dass ich ständig die Arbeit unterbrechen und die Lautstärke ändern musste! BELLFORD HOUSE dagegen ist sehr gut ausgewogen und ideal für entspannten Hörgenuss.

STORY: die Geschichte ist im Aufbau wie aus dem Lehrbuch, absolut klassisch. Und so funktioniert es auch am besten: Einführung der Charaktere, man fühlt mit der gefrusteten Shelly, sie lernt jemanden kennen und ist skeptisch, ein erstes ungewöhnliches Erlebnis, dann zeichnet sich eine drohende Gefahr ab, immer mehr Hinweise bis zum Showdown und dann dem glücklichen Ende. Erfolgsrezept, immer wieder gut. Die Geschichte macht den Eindruck, als hätte der Autor Erfahrung im Schreiben und hätte schon hunderte Erzählungen zuvor geschrieben.

SPRECHER: die Sprecher haben mich besonders fasziniert. Denn auch, wenn man hier und da mal einen kleinen Ausrutscher hört, an dem man die Laien erkennt, wirkt alles dennoch sehr professionell. Wie schon bei den anderen Kritierien: ich habe schon offizielle Titel gehört, die nicht an die Qualität von Bellford House herankamen. Einen Charakter gibt es, der meinen Ohren etwas schmerzte, aber die Stimme gehörte so und passte vom Gesamteindruck sehr gut zum Hörspiel, sodass ich das nicht als Kritikpunkt sehe. Auch die Stimmen an sich sind größtenteils geeignet für Hörspiele, und ich könnte mir durchaus vorstellen, die Sprecher bald in offiziellen Produktionen zu hören.

GESAMTEINDRUCK: WOW! Und nochmal: WOW! Ehrlich, hätte man mir das Hörspiel ohne jegliche Info vorgesetzt, dann hätte ich nicht erraten, dass es ein privates Amateurhörspiel ist. Gut, man merkt, dass es nicht Folge 75 eines bekannten Labels ist, aber nichtsdestotrotz wirkt es wie eine Produktion aus einem Verlag, der zwar am Anfang steht aber bestimmt bald ziemlich erfolgreich sein wird, sobald er etwas bekannter ist. Und ich hoffe in der Tat, dass wir noch sehr viel mehr von Chrys und seinen Freunden hören werden, denn BELLFORD HOUSE macht Lust auf sehr viel mehr. Und gerne werde ich dafür auch bezahlen, denn es steckt sehr viel Arbeit in solch einem Werk. Wer weiß, vielleicht gibt es ja bald eine neue Hörspielfirma? ;-)

SaschaSalamander 23.11.2011, 08.52 | (0/0) Kommentare | PL

Lady Bedfort 46 und der panische Maler

Vivien erhält einen Anruf von ihrem alten Studienfreund Norris Denton, der sie um Hilfe bittet. Irritiert macht Vivien sich auf den Weg, sie ahnt nicht, welche Gefahr ihr droht. Lady Bedfort beginnt sich zu sorgen, dass ihre Nichte sich plötzlich nicht mehr meldet und drängt Inspektor Gomery, mit ihr zusammen auf die Suche nach Vivien zu gehen, denn irgendetwas Schlimmes muss geschehen sein!

LADY BEDFORT 47 - DER PANISCHE MALER ist in zweierlei Hinsicht eine besondere Folge: zum einen gibt es ein Booklet, zum anderen ist es ein Kammerspiel.

Das Booklet beinhaltet interessante Hintergründe über die Entstehung der aktuellen Folge hinsichtlich Autor, Musik, Sprecher und die Kulisse Nordengland. Auch wird beschrieben, welche Schwierigkeiten aber auch Möglichkeiten es mit sich bringt, ein Kammerspiel zu inszenieren. Ich finde die Idee mit dem Booklet klasse und hoffe, dass es fortgeführt wird in den späteren Folgen, denn die Zusatzinfos machen den Inhalt lebendiger, verbinden Hörer und Verlag und lassen den Kunden teilhaben am Geschehen hinter den Kulissen, man fühlt sich persönlich angesprochen.

Dann das Kammerspiel: Ein Kammerspiel ist ein Stück mit nur sehr wenigen Charakteren auf kleinem Raum. In diesem Fall sind das lediglich Lady Bedfort, Vivien, Inspektor Gomery sowie der Maler Norris Denton und seine Schwester Ashley. Dies bietet ausreichend Möglichkeit zur Charakterentwicklung, spannende Dialoge und eine dichte Handlung, auf der anderen Seite ist es eine besondere Herausforderung an den Verlag, denn jeder Dialog muss sitzen, die Charaktere müssen perfekt überarbeitet sein, es gibt kaum etwas, womit man einen Fehler "kaschieren" könnte.

Wie beim Hörplanet nicht anders zu erwarten, ist dieses Projekt sehr gut gelungen. Besonders Inspektor Gomery und die Lady sind ein besonderes Schmankerl für treue Hörer, die um das angespannte Verhältnis der beiden wissen. Trotzdem geht es nicht anders, sie müssen zusammenarbeiten, und dabei können sich beide ihre Kommentare nicht verkneifen, natürlich immer hübsch gesittet, wie es sich für einen Polizisten und eine Lady gehört, dafür mit spitzer Zunge und jeder Menge Ironie, allein die Wortgefechte zwischen den beiden sind bereits ein großer Pluspunkt.

Christine Pappert und Martin Kautz sind zwei neue Sprecher, die sich sehr gut der restlichen Crew einfügen prima Arbeit leisten. Sie haben sehr schwierige Rollen, denn die wahren Motive des Malers und seiner Schwester bleiben bis kurz vor Ende im Dunkeln, sie müssen in dieser Folge mehrere Facetten ihrer Persönlichkeit spielen lassen und zeigen, was sie von der Bandbreite "sympathisch" bis "wahnsinnig" so auf dem Kasten haben. Der Hörer fragt sich, ob Norris krank ist, ob er ein bedrohtes Opfer, oder ob er krimninell ist, oder vielleicht alles zusammen? Was steckt hinter seinem angeblichen Wahnsinn? Und warum will Ashley Vivien unbedingt vom Grundstück vertreiben, ist es wie sie vorgibt reine Sorge des wahnsinnigen Bruders wegen, oder steckt doch etwas anderes dahinter? Es gibt mehrere Twists, und der Autor Marc Freund hat diesmal alles herausgeholt, was in diesen 57 Minuten mit dieser Besetzung möglich war.

Die Atmosphäre ist sehr düster, mas man sonst bei Lady Bedfort eher nicht gewohnt ist. Immer wieder einmal gerät jemand in Gefahr und geht es um ein Verbrechen. Doch durch die dichte Handlung und das enge Aufeinandertreffen der lediglich fünf Personen gibt es weniger Wechsel im Schnitt und in der Kulisse, ist das Geschehen umso intensiver. Auch die Musik unterstreicht die schaurige Stimmung, bleibt angenehm im Hintergrund. Eigentlich viel zu schade dafür, gerade in dieser Folge, und ich wünsche mir bald eine Soundtrack-CD mit den schönsten Melodien, um sie z.B. für als Untermalung für einen spannenden Spieleabend zu hören.

Für Neueinsteiger ist Folge 46 - DER PANISCHE MALER nicht zu empfehlen, da man die Charaktere kennen sollte, um das Hörspiel komplett zu genießen, aber für Fans ist es dieses Mal etwas ganz Besonderes, ein kleines Highlight und für mich persönlich eine der besten Folgen seit langem.

SaschaSalamander 14.11.2011, 08.14 | (0/0) Kommentare | PL

Lady Bedfort 45 und der mysteriöse Verlobte

bedfort_verlobte_1.jpgNur wenige Wochen, nachdem sie sich kennen, hält Rick um Toris Hand an, die junge Frau ist überglücklich. Doch man darf skeptisch sein, denn Tori ist die Erbin einer reichen alten Dame, und was liegt da näher als ein Heiratsschwindel? Tori vertraut ihrem Freund, doch bei der Hochzeit kommt es zu einem tragischen Zwischenfall,der Wein war vergiftet! Und auch Lady Bedfort hat von dem Wein getrunken, auch sie muss ins Krankenhaus. Die Polizei und die Lady finden immer mehr über die Vergangenheit des Bräutigams heraus, doch Tori möchte verzweifelt an die Unschuld ihres Gatten glauben ...

Eine Folge, die recht einfach gestrickt ist, kein komplizierter Fall, bei dem es aufwändig zu ermitteln gälte. Dafür eine solide Handlung, bei der man sich als erfahrener Hörer gemütlich entspannen kann. Der Täter wird so offensichtlich präsentiert, dass jedem Bedfort-Fan und Krimiliebhaber bereits klar ist, wer es war und wer nicht. Das ist etwas, das ich an Lady Bedfort besonders mag: es sind sehr ausgewogene Folgen aus kniffligen Fällen, komplexen Themenverflechtungen und manchmal auch einfach nur unterhaltsamer Hörgenuss.

Bei den Sprechern greift man auf gute Bekannte zurück, so waren Hendrik Riehemann, Kerstin Draeger und Karen Schulz-Vobach zuletzt erst in Folge "43- die ewige Ruhe" zu hören, gerade wenn man mehrere Folgen hintereinander hören möchte ein wenig verwirrend. Trotzdem kein Kritikpunkt für mich, da man natürlich nicht für jede Folge neue Sprecher anheuern kann, und das bisher bewährte Team macht seine Sache hervorragend.

Die Musik wie immer sehr passend, die Hintergrundgeräusche realistisch und passend. Das muntere Treiben der Hochzeitsgesellschaft, das Gläserklirren, die Bowlingbahn, die Vögel im Garten etc sind hervorrangend im Hintergrund, um die Handlung zu untermalen aber niemals zu stören. Eine wundervolle Kulisse, die ich mir besonders in diese Folge sehr gut vorstellen konnte.

Da dieses Mal wenig Aufwand für Ermittlungen nötig ist, bleibt Raum für Charakterentwicklung: wieder erfährt der Hörer ein wenig mehr über die alte Dame, die es versteht, ihr Umfeld mit ungewöhnlichen Fähigkeiten zu überraschen. Wer hätte gedacht, dass die alte Lady den Inspektor beim Bowling herausfordert?

Insgesamt wieder eine hervorragend gelungene Folge, bei der ich abschließend nur eines sagen kann: lehnt Euch zurück, entspannt Euch und lasst Euch gut unterhalten ;-)

SaschaSalamander 01.11.2011, 08.39 | (0/0) Kommentare | PL

Detektei Sonderberg und Co

Aus dem Hause Zaubermond erschien im März eine neue Hörspielreihe, auf die ich vor ein paar Tagen aufmerksam wurde: DETEKTEI SONDERBERG UND CO. Wie die Reihe sich entwickelt und wie es weitergeht, darüber kann ich noch nichts erzählen, aber die erste Folge machte einen hervorragenden Eindruck, daher möchte ich sie Euch nicht vorenthalten. Auch der Hörspielverlag Zaubermond ist nicht unbekannt, wenn es um Hörspielveröffentlichungen geht, stammen aus diesem Hause doch auch Dorian Hunter, Professor Zamorra, Macabros und andere bekannte Serien.

Offen gesagt war ich im ersten Moment irritiert, als ich die CD in den Händen hielt, denn sie unterscheidet sich doch sehr stark von dem, was ich sonst höre. Das Cover sind jeweils hübsche Zeichnungen, weniger spektakulär als vielmehr beschaulich, hübsch anzusehen, unterschiedliche Landschaften mit zwei Menschen davor, passend zur Zeit, in welcher die Handlung angesiedelt ist: Düsseldorf im Jahre 1885. Und hier wurde ich skeptisch. Ich bin offen für alles, ob nun Zombies, Thriller, Sci-Fi, Dämonen, Landhauskrimi, viktorianisch, gegenwärtig, dystopisch, britisch, amerikanisch, deutsch, schwedisch oder was auch immer. Aber Düsseldorf im Jahre 1885, Zeit der Industrialisierung? Ob das genügend Hintergrund für ein packendes Hörspiel liefern kann?

Kann es! Ein sehr ungewöhnlicher Krimi, der sich überraschend positiv aus der Masse abhebt. Aber zuerst einmal zur Handlung:

Dr. Friedrich Sonderberg hat ein ungewöhnliches Hobby, er sammelt Schmetterlinge. Und er ermittelt gerne. Im Schlosshof des Jägerhofes findet er eine Mädchenleiche, und seine Neugier ist geweckt, teils weil er nicht an einen Unfall glaubt, teils wegen der bei der Leiche befindlichen Seidenraupen, die an diesem Ort eigentlich nicht vorkommen dürften. Bald soll auf dem Schloss Jägerhof eine große Feier stattfinden, eine Verlobung steht an, doch die Ermittlungen sind Dr. Sonderberg wichtiger. Gemeinsam mit seiner Dienstbotin Minnie Cogner macht er sich daran, den Fall zu lösen.

Durchaus sehr ungewöhnlich, aber äußerst angenehm, und ich freue mich auf die Fortsetzungen, vier Folgen gibt es bereits. Keine Action, keine Verfolgungsjagd, keine lauten Effekte, keine Schreie, kein "in letzter Sekunde", keine Todesgefahr. Dafür saubere Recherche der beiden Protagonisten, intelligente und wohldurchdachte Dialoge, eine clevere Geschichte und ein interessanter Hintergrund. Gemütlich wird die Handlung von den Charakteren getragen, die Geräusche sind fast schon idyllisch stellenweise (Vogelgezwitscher etc), auch die Nebengeräusche wie Teller, Schritte, raschelnde Kleidung, Kutschen, schwirrende Bienen etc sehr passend, sodass man sie kaum mitbekommt.Die Musik ist still und vermittelt ein sehr gutes Gefühl für die Szenerie, stellenweise meinte ich nahezu einen Film vor mir zu sehen in all seinen Details.

Gespannt bin ich in den späteren Folgen auf weitere Methoden des Dr. Denn damals gab es natürlich noch keine Handies, DNA-Analysen und andere modernen Möglichkeiten, sodass er sich auf sein Allgemeinwissen, seine Kombinationsngabe verlassen muss und damals so moderne Ideen wie etwa Pulver zur Feststellung eines Fingerabdruckes anwendet und zu verbessern versucht.

Die Nebencharaktere wurden sehr gut ausgearbeitet, die Protagonisten sind beide durchweg sympathisch. Dr. Sonderberg ist mal kein schrulliger Kauz sondern einfach ein normaler Mann, der gerne ermittelt, ich bin gespannt, wie weit man seinen Charakter in den weiteren Folgen ausbauen wird. Und Minnie ist wirklich klasse, eine gewitzte Dienstbotin, die für ihre Zeit bereits sehr emanzipiert ist und sich doch schicklich der Gesellschaft einfügt, da sie auf diese Weise am meisten erreichen kann, auch wenn sie dafür manchmal in die Trickkiste greifen muss. Sie ist selbstbewusst und markant, die Stimme dazu wurde perfekt gewählt: Regina Lemnitz, die man neben vielen anderen bekannten Rollen vor allem als Whoopie Goldberg im Ohr hat, womit man gleich die pfiffige, gezwungen angepasste und dahinter doch rebellische, kreative Person assoziiert, die sie auch hier darstellen soll.

Weitere Stimmen, die meinen Googlerecherchen zufolge als SChauspieler und Sprecherrecht bekannt sein dürften, über die ich persönlich jedoch nichts sagen kann, da ich sie selbst noch nicht allzu oft gehört habe, sind unter anderem Andreas Mannkopff, Douglas Welbat, Eckart Dux, Dagmar Dreke, Jan-Gregor Kremp und andere, die ihre Sache alle sehr gut gemacht haben. Man hört, dass sie vom Fach sind und schon oft vor dem Mikrofon gestanden haben, alles klingt sehr natürlich.

Eine Reihe, die ich auch Leuten empfehlen kann, die bisher wenig Hörspielerfahrung haben und dieses Medium eher für seichte Unterhaltung oder gar Kinderkram halten. DETEKTEI SONDERBERG UND CO hat die Qualität eines Krimis, den man sich am Sonntagabend gemütlich zum Ausklang des Wochenendes ansieht. Unterhaltsam, spannend und niveauvoll. Hoffentlich wird Zaubermond noch viele weitere Folgen dieser Serie produzieren.


SaschaSalamander 13.09.2011, 08.11 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Nach dem Frost

Hoerplanet_nachdemfrost_1.jpgVorab ein herzliches Danke an den >Hörplanet<, wo ich bei einem kleinen Gewinnspiel das Hörspiel NACH DEM FROST gewonnen habe und bei >Soforthören< herunterladen durfte. Ich habe mich riesig gefreut, denn ich bin schon lange Fan des damals noch recht kleinen, inzwischen aber doch recht gut etablierten Labels. Das neueste Werk ist wieder klasse geworden, und gerne möchte ich meine Begeisterung mit Euch teilen:

In der Hase findet man eine Leiche, die sich bald als Mitbewohner einer WG entpuppt. Kommissar Habermas ermittelt anfangs recht erfolglos, doch bald finden sich erste Spuren. Diese führen in einen kleinen Ort in Russland, und die Verbindungen scheinen nicht so wirklich klar. Die WG - Bewohner helfen fleißig mit ihren allzu wilden Verschwörungstheorien, und auch die Presse macht sich recht schnell ihr eigenes Bild. Doch die wahren Hintergründe und das riesige Ausmaß der eigentlichen Tat konnte wohl niemand erahnen. Und so wird nicht nur eine grausame Mordserie aufgedeckt, sondern eine jahrzehntealte Verschwörung endlich gelüftet ...

Eigentlich hat der Verlag es so treffend beschrieben, dass ich dem nichts mehr hinzufügen muss: „NACH DEM FROST ist der lustigste Krimi, den Henning Mankell nie geschrieben hat." Ja, der kauzige Wallander wird hier ganz schön aufs Korn genommen: seine persönlichen Wehwehchen, der melancholische Grundton, die körperlichen Befindlichkeiten, die eigenwilige Art, das ist schon sehr markant und hervorragend karikiert. Allerdings bleibt der Grundton respektvoll, und Fans des schwedischen Autoren dürften sich gut amüsieren ohne verletzt zu werden. Der Titel des Hörspiels ist angelehnt an VOR DEM FROST von Mankell, allerdings muss man diesen Roman nicht gelesen haben, NACH DEM FROST steht für sich alleine und erfordert keinerlei Vorkenntnisse über nordische Krimis allgemein oder Mankell im Besonderen.

Es gibt recht viele Running Gags (Eisblumen, Verschwörungen, Haarmann-Lied, Pinkelpausen). Hier wahren die Autoren ein gutes Mittelmaß, es ist eher hier und da eingestreut, ohne sich dem Hörer lästig aufzudrängen oder ins Alberne abzudriften. Der Humor kommt still daher, passend zum ruhigen Grundton des Hörspiels, das ähnlich nüchtern und sprachlich kühl anmutet wie die Originale. Ich finde es grandios, wie der Erzähler in ruhigem, fast schon beschaulichen Tonfall wie nebenbei die skurrilsten Dinge erzählt. Der Humor besteht weniger in Wortwitz oder Situationskomik als vielmehr in der absurden Darstellung einzelner Momente. In der Pressekonferenz etwa kommt der Kommissar komplett vom Thema ab und summt am Ende ein Lied für den Journalisten, das hat schon fast etwas von Loriot und Kerkeling, die mit ihren scharfsinnigen Beobachtungen die Menschen in ihren Eigenarten entblößen.

Es gibt, wie eben gesagt, einen Erzähler. Dieser beschreibt, wie häufig in besagten Krimis üblich, die Sichtweise des Täters, ohne natürlich den Täter oder seine Motive zu entlarven. Der Hörer erfährt also über die nächsten geplanten Schritte, er erlebt den Mord aus erster Hand und bleibt doch gespannt, was nun dahinterstecken mag. Die Ermittlungen dagegen werden getragen von verschiedenen Sprechern, die hervorragend harmonisieren. Hörplanet hat inzwischen ein hervorragendes Team von professionellen Sprechern, von denen auch für diesen Titel wieder einige von ihnen vor dem Mikro standen: Santiago Ziesmer (Sponge Bob, Ted aus "Queer as Folk"), Sascha Rotermund (Christian Bale), Helmut Krauss (Marlon Brando), Bodo Wolf (Monk), Ernst Meincke (Patrick Stewart) und andere.

Für ein Hörspiel braucht man aber nicht nur gute Sprecher, auch Dialoge, Drehbuch, Musik und Soundeffekte sind wichtig. Und da hat sich im Laufe der Jahre beim Hörplanet ordentlich etwas getan. Was mir anfangs gefiel, weil es einfach Leute waren, die Spaß an der Sache hatten, auch wenn es noch nicht ganz so ausgereift war, das ist jetzt ein Label, das sich für meinen Geschmack mit den Großen messen kann. Prima Schnitte, sehr gute Dialoge, die Musik schön unauffällig im Hintergrund und ideal zum Unterstreichen de jewiligen Atmosphäre. Die Geräusche sind sehr gelungen und fügen sich in die Texte ein, ich kann mir die jeweiligen Orte und Situationen sehr gut vorstellen. Einziger Schnitzer gegen Ende beim Showdown, als die Nebengeräusche dann doch etwas zuviel des Guten wurden. Der Situation angemessen, für den Hörer allerdings anstrengend über die gesamte Länge des Dialoges hinweg. Allerdings in dieser Hinsicht das einzige, was mir negativ auffiel.

Was mir besonders gefiel war die "Auflösung". Absolut schräg, herrlich komisch und ziemlich abgefahren. Eben passend zum Stil des Hörbuches: vermeintlich seriös und knochentrocken vorgetragen, aber dahinter absolut kurios. Ein hintersinniger Humor, bei dem man manchmal schon genau hinhören muss, dafür aber umso breiter schmunzelt. Ich bin im Grunde jemand, der Hörspiele nur einmal hört, bisher gibt es nur zwei Ausnahmen, die ich mehrfach höre, aber das muss ich nun wohl aufstocken, NACH DEM FROST hat absoluten Wiederholungswert, was bei Hörspielen aus meiner Sicht wirklich etwas ganz Besonderes ist! Es ist eben keine Serie, bei der man auf den nächsten Teil wartet, sondern ein einzelnes Werk, das auf den ersten Blick recht locker auftritt, dahinter aber doch pointiert und sehr gut durchdacht ist.

Man kann ein Hörbuch kaufen, dann hat man es mit Cover und Hülle im Regal stehen. Platzsparend kann man es natürlich auch downloaden, das Cover ist im Download enthalten. Zusätzlich bietet der Verlag eine Menge Goodies: Neugierige können sich >hier< die erste Hälfte des Hörspieles zur Probe anhören. Unter gleichem Link finden sich auch jede Menge entfallener Szenen und Teile des Soundtracks sowie die Entstehungsgeschichte des Hörspiels. Was ich schade finde ist, dass diesmal keine Outtakes dabei sind, die höre ich immer sehr gern. Besonders möchte ich auf den entfallenen Titelsong hinweisen, ich mag solche schrägen Texte: "erst fällt ein Körper, dann fallen Schreie, dann verschlingt sie der See" ...

Einen zusätzlichen Link möchte ich hier aufzeigen: Das >Haarman - Lied<. Auf dass es Euch ebenso wie mir einen tagelangen Ohrwurm bescheren möge ;-)

Insgesamt hoffe ich, dass es nicht bei diesem einen Fall bleiben wird. Kommissar Habermas ist klasse, und es wäre schön, wenn es weitere Titel gäbe, in sich geschlossen, nicht als fortlaufende Serie wie Bedfort, aber vielleicht vier oder fünf einzelne Titel. Eigentlich kopiere ich ja nichts und finde immer meine eigenen Worte, aber wie gesagt, besser als der Hörplanet selbst kann man es nicht ausdrücken, deswegen nochmal, weil´s so schön ist: "NACH DEM FROST ist der lustigste Krimi, den Henning Mankell nie geschrieben hat."

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Edit: ich hab den Link gefunden, den ich gesucht habe: >Hallervorden, Dr Shivago<

SaschaSalamander 10.09.2011, 09.43 | (0/0) Kommentare | PL

Fetzer

Markus Heitz kenne ich als Autor schon recht lange. Er schrieb für das Rollenspiel SHADOWRUN einige Romane, und auch seine Bücher aus dem Bereich Fantasy sind bekannt und beliebt, z.B. RITUS, KINDER DES JUDAS, DIE ZWERGE, ULLDART und andere. Umso mehr war ich begeistert, als ich auf das Hörspiel FETZER stieß. Ich liebe Horror, Splatter und Grusel in Hörspielform, und Heitz kann ja nur Gutes bedeuten ;-)

Die Handlung ist fix erzählt: in einer nahen Zukunft werden Menschen zu Zombies, der Virus greift um sich. Es gibt eine Zombieabwehrstelle. Aber es gibt auch Zombies, die überaus intelligent sind, und die werden nicht getötet, sondern bei der Filmfirma "Fetzer" unter Vertrag genommen. Zombiefilme machen einfach mehr Spaß, wenn die Effekte nicht gespielt sind, und die Opfer sind Menschen, die aufgrund von Krankheit oder persönlichen Problemen bereits mit dem Leben abgeschlossen haben und sich auf diese Weise gerne ihren Idolen anbieten, um im Film unsterblich zu werden. Leider erschießt ein neues Mitglied der Zombieabwehr dummerweise einen Schauspieler, und die Firma sinnt auf Rache. Der nächste Hilferuf geht ein, und allen ist klar, dass es eine Falle von Fetzer sein muss. Aber welcher Art diese Falle ist, das hätten sie nicht geahnt ...

Ich bin absolut begeistert von diesem Hörspiel! Meine Erwartungen im BEreich Hörspiel sind bezogen auf Sprecher, Effekte und eine packende Story. Und hier hat für mich alles gepasst. Normalerweise bevorzuge ich Serien, daher war ich bei FETZER als Einzel-CD eher skeptisch. Aber es ist wirklich eine der Perlen im Regal!

Die Sprecher machen ihre Sache sehr gut. Ein, zwei Nebencharaktere wirken etwas künstlich, aber man kann ja nicht für jede Rolle die Besten der Besten nehmen. Aber die Stimmen sind sehr angenehm, die Text sind prima gesprochen. Die Dialoge passen, das Hören fiel mir leicht, auch wenn ich nebenbei stellenweise recht beschäftigt war.

Die Effekte waren sehr gut. Splatterhorror eben. Knirschende Hirnschalen, spritzende Gedärme, abgebissene Körperteile, Waffensound, klassische Kulisse für Zombies eben. Es war stellenweise wirklich arg eklig, und ich bin diese Hörspiele ja nun wirklich gewohnt. Aber sie haben das wirklich gut gemacht. Zimperlich darf man auf keinen Fall sein, wenn man FETZER hören möchte.

Die Story ist witzig umgesetzt. Zombies sind ein Dauerbrenner, seit George A Romero damals so einen Erfolg hatte. Und gerade momentan in Zeiten von Werwölfen, Gestaltwandlern und anderen Wesen werden Zombie wieder so richtig aktuell. Umso mehr freue ich mich über kreative Umsetzungen, die von der Norm abweichen. Das ist hier der Fall. Allein der Gedanke, "Zwangscarnivoren" (wie die intelligenten Zombies genannt werden) als Schauspieler für Filme zu nutzen ist schon sehr schräg und ließ mich manchmal an den Film FIDO - GUTE TOTE SIND SCHWER ZU FINDEN denken, wo Zombies gezähmt und als Diener genutzt werden.

Gegen Ende gibt es einen Twist, mit dem ich nicht gerechnet hatte und der super in das Hörspiel passt. Ja, nicht immer enden Bücher / Hörspiele so, wie man sich das vorstellt. Manchmal kommt alles auch ganz anders.

Absolute Empfehlung für alle Zombiefreunde und Liebhaber schwarzen Humors. Hier wird gesplattert, was das Zeug hält, aber die Story bleibt dahinter trotzdem nicht zurück. Ich hoffe, Ihr habt einen starken Magen ;-)


SaschaSalamander 02.08.2011, 08.46 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Perloo

CoverAls kleines Osterspecial gibt es hier mal eine meiner alten, bisher unveröffentlichten Rezensionen von Januar 2006. Was wäre geeigneter als ein warmherziges Kinderhörspiel über einen Hasen, geschrieben von einem meiner Lieblingsautoren in Sachen Tierbücher für Kinder, Avi ;-)

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Perloo, König der Montmer. Allein der Titel und das Cover des Hörspieles gefielen mir, als ich es in der Bücherei liegen sah. Vielleicht dachte ich im ersten Moment unbewusst auch an einen meiner Lieblingsromane, "Watership Down", auf dem ebenfalls ein großes Kaninchen prangt? Egal, ich war gespannt auf die Geschichte!

Der Held der Geschichte ist Perloo, ein Außenseiter und eigentlich alles andere als ein Held. Er ist ein eigenbrötlerischer Einzelgänger, liest am liebsten die alten Geschichten der Montmerkönige (Montmer sind Kaninchen) und träumt von großen Heldentaten. Eines Tages klopft Luka, ein Bote der Granter Jolaine (die Königin) bei ihm, er solle sofort zu ihr eilen. Perloo macht sich auf den Weg und hört, was Jolaine ihm verkündet: sie will ihr Amt nicht an ihren machtgierigen Sohn abgeben, sondern möchte ihm, Perloo, die Würde des Granter verleihen. Sie überreicht ihm eine Urkunde und stirbt. In diesem Moment betritt ihr Sohn das Zimmer, reißt die Urkunde an sich und erzählt dem Volke, Perloo habe seine Mutter getötet, nun sei er ihr rechtmäßiger Nachfolger. Seine erste Tat soll ein Krieg gegen die bösen Felbarts sein. Perloo und Luka fliehen. Können sie verhindern, dass der letzte Wille der Granter Jolaine gebrochen wird? Und eigentlich fühlt sich Perloo gar nicht danach, König zu werden ...

Herrlich, diese Hörspielfassung. Die Sprecher passen wunderbar zu den Charakteren, es sind sogar recht bekannte und beliebte Stimmen darunter. Die Geschichte wird zu Beginn, am Ende und am Höhepunkt der Handlung untermalt durch eine Art modernen "Heldengesang", in dem die Geschichte Perloos vorgetragen wird.

Freundschaft statt Feindschaft, Friede statt Krieg, gemeinsam statt alleine, Moral ohne Holzhammer. Perloo ist eine Geschichte mit liebenswerten Charakteren für Kinder und junggebliebene Erwachsene.

SaschaSalamander 23.04.2011, 09.36 | (0/0) Kommentare | PL

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