SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Die Gottespartitur

VORAB

von Edgar Rai habe ich noch nichts gelesen, jedoch schon einige Titel von ihm gesehen, hatte schon immer mal geplant etwas von ihm zu mir zu nehmen. WENN NICHT, DANN JETZT oder SONNWENDE, VATERLIEBE und einige anderen Bücher. DIE GOTTESPARTITUR ist nun also mein erstes, der Titel sprach mich von der Beschreibung der Geschichte her sosehr an, dass ich sofort neugierig wurde. 

INHALT

Gabriel Pfeiffer ist Literaturagent. Auf der Messe reicht ein junger Mann ihm ein Manuskript ein, das angeblich jede Menge Zündstoff enthält: der Junge glaubt tatsächlich in den alten Schriften eines Reisenden einen Gottesbeweis gefunden zu haben. Natürlich glaubt Pfeiffer ihm nicht. Doch als sein Kunde tot in einer Kirche aufgefunden wird, beginnt der alternde Agent Nachforschungen anzustellen. Er glaubt nicht an Gott, aber was könnte sonst hinter diesem geheimnisvollen Manuskript stecken? 


AUFBAU

Die Handlung selbst lässt sich genaugenommen in wenigen Sätzen komplett erzählen. Fleisch der Geschichte sind die Ansichten und Gedanken Pfeiffers rund um den Verlag, seine Nachforschungen und seine Erinnerungen daran, wie er seinen Glauben an Gott verlor.

DIE GOTTESPARTITUR beginnt sehr langsam, erst nach und nach baut sich die Handlung auf. Mit Spannungsbögen ist der Autor ungewohnt sparsam. Zugegeben, bei obiger Inhaltsbeschreibung hatte ich doch mit etwas mehr Tiefe oder Action gerechnet, je nachdem. Das Buch wird vielfältig gepriesen als von philosophischer Tiefe. Vielleicht ließ ich mich da etwas irreleiten in meinen Erwartungen. Ja, es gibt einige Ansätze über biologische, psychologische und religiöse Ansätze der Erkenntnis Gottes, aber nichts, das wirklich bahnbrechend oder tiefschürfend wäre meiner Ansicht nach. Vielleicht liegt es an der gekürzten Version des Hörbuchs, wer weiß. 

Aber das war auch nicht der Grund, warum ich es mir anhörte. Es ist klar, dass Rai nicht wirklich einen Gottesbeweis liefern oder innovative Konzepte aufweisen kann, sonst wäre das Buch anders vermarktet worden, es ist eben ein Unterhaltungsroman. Und in dieser Sparte kann der Autor auf jeden Fall punkten und einen Roman präsentieren, der für Unterhaltung dann doch etwas unterhalb der Oberfläche schürft und gelegentlich für einen nachdenklichen Moment sorgt. Indem viele Dinge unausgesprochen bleiben, ist es die Aufgabe des Lesers / Hörers, diese Lücken zu füllen und eigene Ansichten einzubinden. Ob das Werk also gefällt oder nicht hängt zu einem großen Teil davon ab, was der Leser selbst einbringen möchte an Erfahrungen, Phantasien und Meinung. 

Das Ende kommt überaus abrupt. Mit offenen Enden habe ich kein Problem, mag sie gerne und freue mich, wenn der Autor mir die Verantwortung überträgt. Doch ein offenes Ende ist etwas anderes als ein abruptes. DIE GOTTESPARTITUR endet abrupt. Erstmals steigt der Spannungsbogen drastisch an, Kontrahenten treffen aufeinander, ein großer Showdown, und dann - zack, aus. Als die CD endete, habe ich erst einmal das Case geholt und überall gesucht, ob ich vielleicht eine fünfte CD übersehen haben könnte, auf der die Geschichte nun fortgesetzt wird. Ein wenig überstürzt, so als hätte dem Autor die Idee für einen Epilog oder einen vernünftigen Abschluss gefehlt. Schade, denn mit einem zwar offenen aber etwas runderen Ende wäre das Buch wohl deutlich stimmiger gewesen. 


CHARAKTER

Der Roman ist erzählt aus der Perspektive des Gabriel Pfeiffer. Sein sarkastischer Grundton prägt die Geschichte, bringt Würze und sorgt dafür, dass der Leser gerne dem Fortgang folgt, selbst wenn sich die Geschichte gelegentlich zieht. 

Gabriel Pfeiffer ist müde, seine Krankheit lähmt ihn, und oft denkt er daran, den Verlag aufzugeben und an seine Mitarbeiterin und rechte Hand zu übergeben, für vieles hat er nur Spott übrig, er trägt seinen Sarkasmus vor sich wie ein Schild. Er hat Bestseller erschaffen, Autoren bis ganz an die Spitze gebracht, und nun blickt er zurück. Es scheint, als sei ihm alles zuviel. Durch die Jagd nach der Gottespartitur (was ich einen sehr unglücklich gewählten Titel finde, weil er bereits einiges von der eh schon eher geringen Spannung vorwegnimmt) erwacht neues Leben in ihm, er hat eine Aufgabe, die ihm etwas Neues bietet und vielleicht sogar Erfüllung verspricht. 

Er ist es, der die Geschichte trägt. Einige weiteren Charaktere des Werkes hätten weitere Beachtung verdient, so finde ich zB die Figur seiner Mitarbeiterin sehr faszinierend. Schade, dass sie rein aus Pfeiffers Sicht betrachtet wird und der Leser wenig Einblick in ihr tatsächliches Innenleben erhält. Ansonsten tauchen nur wenige Personen auf, sie lassen sich problemlos an zwei Händen abzählen und haben größtenteils nur sehr kurze, wenn auch ziemlich relevante, Auftritte. 


SPRECHER

Achim Buch als Sprecher war mir bis dahin neu. Er stand bisher vor allem auf der Bühne und wirkte in TV-Produktionen mit, kein Wunder also, dass ich bisher nicht auf ihn aufmerksam wurde. Seine Stimme wirkt im ersten Moment etwas träge, und ich war fast enttäuscht, aber schon nach zwei, drei Tracks wurde mir klar, wie perfekt er für die Figur des Gabriel Pfeiffer gewählt wurde. Der erschöpfte Tonfall, die innere Trägheit. Und je mehr Gabriel sich ereifert und der Spur der Partitur folgt, desto lebendiger und wacher wird auch der Sprecher. Er fängt den eigenwilligen Ton des Protagonisten hervorragend ein, und die Zeit während des Hörens verging wie im Fluge. 

Als Buch hätte mich DIE GOTTESPARTITUR möglicherweise wenig gereizt. Nicht aufgrund der fehlenden Handlung sondern aufgrund der Erzählweise, welche meinen Nerv nicht unbedingt getroffen hat. Doch durch Achim Buch konnte ich die CD am Ende nicht mehr beiseite legen, hörte alles hintereinander weg. Seine Stimme überzeugt, und ich hoffe ihn bald in weiteren Produktionen zu hören. 


EIGENE MEINUNG

Es fällt mir sehr schwer, das Buch einem Genre zuzuordnen, da es für alles "ein bisschen zu wenig" oder "etwas zuviel" hat, in keine Schublade möchte es so wirklich passen. Das verwirrt mich, stört mich aber nicht unbedingt und macht es umso interessanter. Für diese Rezension habe ich mir bewusst einige Tage Zeit gelassen, weil ich nachspüren wollte, wie lange Gabriel Pfeiffer und die Gedanken um die Partitur in mir arbeiten. Während des Hörens hatten Autor und vor allem Sprecher mich gefangen, ich habe mich hervorragend unterhalten und hing in den Pausen auch der Handlung gut nach. Doch in der vergangenen Woche dachte ich außer im Rahmen der Rezension nicht mehr näher über das Buch nach. Die Gedanken hatten, obwohl einige von ihnen im Ansatz interessant waren, wenig in mir gewirkt. Der Protagonist, obwohl mit interessantem Hintergrund, hatte mich nicht mehr im Alltag begleitet. 

Ich denke nicht, dass es das Ziel des Autors war, langfristig etwas Bewegendes zu erschaffen. Daher sehe ich es nicht grundlegend als Mangel, wenn DIE GOTTESPARTITUR mich lediglich für den Moment unterhalten hat. Vermutlich war das sein Ziel, und das ist ihm größtenteils gelungen.


FAZIT

Mit DIE GOTTESPARTITUR hat Edgar Rai ein Werk geschaffen, das sich nur schwer einordnen lässt. Abwechslungsreich und interessant erzählt er von Pfeiffers Suche nach dem endgültigen Gottesbeweis. Durchaus empfehlenswert :-)

SaschaSalamander 25.04.2014, 17.33

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