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Ausgewählter Beitrag
Labyrinth der Spiegel
Leonid ist ein "Diver", er kann sich nicht nur mit Hilfe der Maschine in der virtuellen Welt bewegen, sondern er kann sogar ohne fremde Hilfe wieder auftauchen und in die Realität zurückkehren. Das ist etwas Besonderes, und seine Fähigkeiten sind gefragt. Als in der virtuellen Welt ein Mensch nicht zurück kann und selbst die fähigsten Diver daran verzweifeln, in zurückzuholen, wird Leonid um Hilfe gebeten. Doch es ist nicht so, wie es scheint, und seine Kräfte alleine genügen nicht. Er muss herausfinden, was wirklich geschehen ist und warum die anderen Diver den Mann nicht aus der virtuellen Welt befreien konnten ...
Es ist nicht leicht, dieses Buch zu beschreiben. Denn es erzählt von etwas, das existiert (Internet, virtuelle Realität, Second Life, Onlinegames und MMORPG). Und doch erzählt es von Dingen, die es nicht gibt. Denn es wurde 1996 in Russland veröffentlicht, wenn man die Vorlaufzeit des Autors dazu berechnet also Anfang oder Mitte 1990 geschrieben. Zu einem Zeitpunkt, als in Russland von Internet und FidoNet die Rede war, aber noch lange nicht von dem, was wir heute kennen. Lukianenko hat eine Vision der Zukunft geschaffen, die bis auf einzelne Aspekte sehr realistisch ist. Daher liest sich das Buch recht ungewöhnlich. Es liest sich futuristisch, denn natürlich ist viel Visionäres dabei. Es liest sich aber auch sehr altmodisch, etwa wenn von FidoNet, Pentium II als HighEnd Rechner, Internet via Modem, einer Maus mit Kugelsteuerung etc die Rede ist.
Sehr schön sind auch all die vielen Anspielungen. Ich habe das Buch gelesen, weil mein Schatz zeitgleich das Hörbuch hörte. Na, warum nicht ein wenig darüber plaudern und sich austauschen? Und der Austausch war sehr interessant: er konnte mir einige der computertechnischen Anspielungen erklären, da er sich da um Längen besser auskennt. Dafür habe ich ihn hier und da auf literarische Anspielungen hingewiesen, denn Lukianenko verknüpft seine Bücher gerne mit den Werken anderer Autoren und streut viele Hinweise für Leser seiner eigenen oder auch fremder Werke ein.
Aus heutiger Sicht ist das Buch vielleicht gelegentlich etwas träge. Es fehlt ein wenig der Reiz, da es nicht mehr unbedingt etwas Besonderes ist und man die Dinge, die er beschreibt, so bereits kennt. Dazu kommt, dass der Autor sich gerne über die Grenzen der Genres hinwegsetzt und auf gängige Konventionen pfeift. Daher vermischt er philosophische Ansätze mit fantastischen Elementen, und bei Sci-Fi trennt er nicht zwangsläufig in weltliche wissenschaftliche Fiktion und Weltraumepos. Wer zu seinen Büchern greift, sollte einfach Spaß an abgedrehten Geschichten haben und sich ganz auf das einlassen, was Lukianenko wieder einmal zaubert, egal ob es nun um parallele oder virtuelle Welten, Aliens, Vampire, Gestaltwandler, Zauberlehrlinge im Orient, russische Popkultur oder drachenreitende Jungs geht.
Lukianenko, der russische Phantast. Er liebt seine Heimat, er kritisiert sie auch, und er singt seine ganz eigene Lobeshymne auf sie. Er steht für Menschlichkeit in einer unmenschlichen Welt. Er begeistert sich für das Fantastische, er spinnt seine gedanklichen Netze in die Zukunft, und er liebt traurige Antihelden. Und ich liebe seine Bücher ...
SaschaSalamander 24.09.2013, 08.36
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