SaschaSalamander

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Thema: Rezensionen Hörbuch

Die Schneekönigin

Ich habe nun in der Vorweihnachtszeit DIE SCHNEEKÖNIGIN genossen, vorgetragen von Katharina Thalbach. Ach, ich liebe dieses Märchen, es gehört neben einigen anderen zu meinen Favoriten, und ich könnte es immer wieder gerne hören. 

Zugegeben, es ist nicht leicht, eine Rezension zu schreiben über einen Klassiker, selbst wenn er in neuem Gewand auftritt. Trotzdem möchte ich ein paar Zeilen darüber verlieren, warum ich mich für diese CD entschieden hatten, wenn ich das Märchen auch in anderer Weise hätte hören können? 

Naja, Jumbo bzw Goya Lit ist ein Verlag, dem ich vertraue, das sage ich jetzt mal ganz so direkt, auch wenn ich sonst selten konkret Werbung mache. Aber schon seit längerer Zeit verfolge ich die Neuerscheinungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, und ich wurde bisher nur sehr selten enttäuscht. Die Leute haben einfach ein gutes Gespür für die Umsetzung ihrer Titel. Manchmal ist ein Autor oder Verlag für mich einfach Garant für ein gelungenes Buch oder Hörbuch, so auch hier.

Was dazu kommt, das ist auch Katharina Thalbach als Sprecherin. Ich mag sie, ob nun als Schauspielerin (erst letztens in dem TV-Movie DIE KANZLERIN) oder als Sprecherin im Hörbuch oder Hörspiel. Sie hat eine markante, leicht kratzige und doch sanfte Stimme, mit der sie perfekt für alles passt, was nicht in der Masse untergehen darf. Daher finde ich sie ideal für diese Umsetzung, denn sie ist zwar sehr gut geeignet als "Märchenoma" für die Kleinen (durch ihren warmen, sanften Ton), bringt aber auch schelmische Untertöne und sehr viel persönlichen Charakter ein für ältere Hörer, die der Geschichte gerne neue Aspekte abgewinnen möchten. Durch Thalbachs gelungene Interpretation wurde es für mich keine Minute langweilig, und stellenweise war es, als würde ich die Geschichte zum ersten Mal hören. Gebannt lauschte ich ihrer Stimme und ließ mich verzaubern, als Gerda sich auf die Suche nach ihrem Freund machte. 

Zwischen einzelnen Passagen wird Musik von Ulrich Maske eingespielt, die sehr schön zur winterlichen Atmosphäre des Märchens passt. Kinder kommen zur Ruhe, können das bisher Gehörte sacken lassen. Erwachsene können dadurch tiefer eintauchen in die Atmosphäre, können sich entspannt zurücklehnen und genießen. 

DIE SCHNEEKÖNIGIN ist wie gesagt ein Klassiker, bei dem man viel falsch machen kann, wenn man ihn umdichtet und zusehr verändert. Auch ein stupides Ablesen des Originals ohne Liebe zum Detail (Sprecher, Zwischentöne, Musik) wäre gefährlich, denn man hat das Märchen zu zu oft gehört, als dass man den hundersten langweiligen Aufguss hören möchte. Die Balance wurde hier perfekt gehalten.

In der Vorweihnachtszeit ist dieses Märchen einfach ein Muss, und mit Katharina Thalbach und Ulrich Maske ist es dem Verlag gelungen, die ideale Besetzung für das Hörbuch zu engagieren. Eine absolute Empfehlung für alle, die dieses zauberhafte Märchen neu entdecken möchten :-)


SaschaSalamander 23.12.2013, 09.14 | (0/0) Kommentare | PL

Blinde Vögel

Das Ermittlerteam aus >FÜNF< wird mit einem neuen Mordfall konfrontiert. Erst sind es eine erdrosselte Frau und ein erschossener Mann. Die Spuren führen zu einer Lyrikgruppe auf Facebook, bald stirbt dort eine weitere Person, der Tod greift um sich, und einige Mitglieder der Gruppe scheinen mehr zu wissen als andere. Was bedeuten die seltsamen Anspielungen? Warum mussten einige von ihnen sterben?

Der Stil von Poznanski gefällt mir, auch schon in anderen Werken, ob nun Jugendkrimis wie >SAECULUM< oder >EREBOS<, Dystopien wie >DIE VERRATENEN< oder ein Krimi wie FÜNF. Sie schreibt unaufgeregt, ruhig und vermittelt Spannung nicht durch Action und Gewalt sondern durch eine mitreißende Handlung. Das ist eine angenehme Abwechslung zum "schneller, höher, weiter" - Trend der modernen Medien und beweist, dass es auch noch Leser gibt, die gerne mitdenken statt nur zu konsumieren. 

Das Privatleben der Ermittler wurde sehr schön in den Fall eingebracht. Für meinen Geschmack gelegentlich etwas zuviel, aber das ist bei dieser Art Krimis üblich und für die meisten Leser interessant. Sehr schön wird geschildert, wie die beiden sich näherkommen, welche Gewissenbisse die Protagonistin plagen und was sie bewegt. 

Poznanski widmet sich gerne modernen Themen, etwa dem LARP, Geocachen, Computerspielen oder wie in diesem Fall Facebook. Nein, nägelkauend saß ich nicht davor, wenn Sawatzki die Dialoge aus Facebook vorlas, die Spannung hielt sich in Grenzen. Dennoch war ich gefesselt, wollte mehr darüber erfahren. Es gelingt der Autorin sehr gut, die einzelnen Beteiligten nur anhand weniger Facebook-Kommentare oder Likes zu greifbaren Personen zu machen, die man symnpathisch oder unangenehm findet, man möchte mehr über sie erfahren, fragt sich was wohl als nächstes passieren wird und welche Reaktionen auf bestimmte Vorgehen der Ermittler folgen werden. 

Was mir auch sehr gut gefiel: alles erschien mir absolut nachvollziehbar und logisch, die einzelnen Schritte bauten gut aufeinander auf und fügten sich wie ein Puzzleteil an das andere. 

Einziges AAAAABER: der Schluss. Eieiei, das war etwas zuviel. Offen gesagt empfand ich den Roman und den Schluss als zwei verschiedene Werke. Es war zwar nachvollziehbar und logisch, aber es wirkte mir doch etwas aufgesetzt. Alles wirkt eher nach einer kleinen Verschwörung oder einer privaten Sache, und dann auf einmal wird aus dem kleinen gefährlichen Hai ein riesiger Killerwal, und das Buch bekommt eine zusätzliche Dimension, für die es einfach inhaltlich bisher zu klein war. Der fette Wal passt nicht in dieses kleine Becken, das auf den ersten Seiten für ihn gebaut wurde. Wie es im Buch geregelt ist, weiß ich nicht. Aber das Hörbuch besteht aus sechs CDs, und eine komplette CD ist dem Schluss gewidmet, der Begegnung zwischen Täter und Ermittler sowie der Aufklärung (in Form des üblichen "warum habe ich das getan" - Monologes des Täters), kurz davor beginnt bereits eine zusätzliche Erzählperspektive an das Thema heranzuführen, der Leser fühlt sich im ersten Moment wie im falschen Film, weil nun Schauplatz, Setting und auch Atmosphäre abrupt reißen. Dieser spontane Bruch hat mich doch sehr irritiert. 

Aber gut, auch wenn ich das Ende zu groß für das Buch fand, war es immerhin schlüssig und logisch aufgebaut, es gab für mich keine Unstimmigkeiten, und die Freude an dem Gesamtwerk wurde dadurch zwar etwas geschmälert aber nicht getrübt. Ich mag Poznanski, und ich freue mich schon auf ihr nächstes Werk, ob Jugend oder Erwachsene. 

SaschaSalamander 16.12.2013, 08.36 | (0/0) Kommentare | PL

Scary Harry - von allen guten Geistern verlassen

Otto wohnt bei seiner Tante im Radieschenweg, und dort spukt es. Doch nur er kann die Geister sehen, die im Staubsauger und Co ihr Dasein fristen. Dass sein Haustier eine sprechende Fledermaus ist, mag da nicht allzu verwunderlich sein. Nur seiner Freundin Emily kann er von diesen Dingen erzählen, und als eines Tages ein seltsamer Kuttenmann vor dem Haus auftaucht, beginnen die beiden Nachforschungen anzustellen. Dann wird auch noch einer von Ottos Geisterfreunden entführt. Gemeinsam müssen sie nun den Geisterjäger jagen ... 

Sonja Kaiblinger hat mit SCARY HARRY - VON ALLEN GUTEN GEISTERN VERLASSEN einen witzigen Jugendroman geschrieben. Wirklichen Grusel, selbst für Jugendliche, darf man nicht erwarten, dafür aber eine humorvolle Geschichte rund um Geister, den Sensenmann und eine atmosphärische Kulisse im Vergnügungspark. 

Das Hörbuch ist angenehme, leichte Unterhaltung für zwischendurch, die perfekt taugt um nebenbei Bilder auszumalen, das Zimmer aufzuräumen, irgend etwas zu basteln. Der Geschichte kann man angenehm leicht folgen, es gibt immer wieder etwas zu schmunzeln, die Spannung hält sich vom ersten zum letzten Track, sodass man auch gerne Otto und seinen Abenteuern folgt. Die Arbeit im Haushalt ging mir während SCARY HARRY so schnell von der Hand wie schon lange nicht mehr ;-)

Die Charaktere sind witzig, man schließt sie schnell ins Herz. Mir gefällt, dass die Autorin keine Superhelden geschaffen hat, sondern zwei völlig normale Kids, mit denen jeder junge Leser sich sofort identifizieren kann. 

Und die Ideen der Autorin sind einfach herrlich. Sie hat das Genre nicht neu erfunden, aber sie hat die bereits vorhandenen Zutaten (Geister, sprechende Fledermaus, Seelen sammeln, Gruselpark, Sensenmann, dramatische Rettungsaktion) sehr schön zusammengemixt und eine zauberhafte Story gezaubert. 

Der Spannungsbogen ist allerdings etwas ungewöhnlich, beinhaltet er im Grunde mehrere Fäden, einzelne kleine Höhepunkte. Es gibt nicht von Beginn an ein klares Ziel, auf das hin sich alles zubewegt. Statt dessen gibt es mit Otto und dem Kuttenträger eine recht lange Einleitung. Nach dieser Szene fragte ich mich, was nun wohl noch kommen möge, da es eigentlich schon eine eigene Geschichte für sich darstellte. Doch dann kommt es zur Entführung und beginnt eine zweite Handlung, eigentlich die Hauptstory. Nach dem Showdown folgt kein abruptes Ende, sondern Kaiblinger lässt sich viel Zeit, alles ausklingen zu lassen. Über die gesamte Handlung hin gibt es einen roten Faden um Ottos verstorbene / verschwundenen Eltern, zu dem ich mir eine Fortsetzung gut vorstellen könnte, denn noch ist nicht alles erzählt. 

Robert Missler als Sprecher macht seine Sache sehr gut. Seine warme Stimme passt zu den freundlichen Figuren, und wie gewohnt vermag er meisterlich in verschiedene Rollen zu schlüpfen, ob nun Sensenmann, Fledermaus, Bösewicht, tumber Gehilfe oder spukender Geist. Es ist eine Freude, ihm zu lauschen, sein Name ist Garant für einen gelungenen Vortrag.

Insgesamt also eine sehr ungewöhnliche Weise des Storytellings, die aber aufgrund der sympathischen Charaktere, witzigen Situationen, spannenden Handlung und pfiffigen Ideen aber in jeder Minute gefällt. Und auch Dank des passenden Sprechers ist das Hörbuch absolut zu empfehlen, gerade jetzt um Halloween, wenn die Kids wieder Geschichten von Geistern und Gespenster lesen wollen ;-)

SaschaSalamander 11.10.2013, 08.36 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Der Geschichtenkater

Anatol zieht durch das Land und macht Rast in einem alten Haus, wo bereits andere Tiere wohnen. Als Dank für ihre Gastfreundschaft erzählt er ihnen Abend für Abend eine spannende Geschichte.

Zufällig darübergestolpert, normalerweise hätte ich die CD gar nicht weiter beachtet, aber beim Stöbern im Programm stieß ich darauf und war völlig unvoreingenommen einfach neugierig. Und was für eine Perle durfte ich nun hören! DER GESCHICHTENKATER ist eine ganz wunderbare CD, die ich ganz sicher noch öfter hören werde :-)

2 CDs, die Geschichten erzählt von >Ursel Scheffler<, über die ich hier kaum etwas erzählen muss, eine so bekannte Kinderbuchautorin muss ich nicht wirklich mehr vorstellen. Die von ihr ausgewählten Märchen sind bunt aus allen Regionen gewählt. Was mir besonders gefällt ist die Auswahl der Märchen. Es sind zwar bis auf zwei Ausnahmen alles bekannte Titel (des Kaisers neue Kleider, die Bremer Stadtmusikanten, der gestiefelte Kater, der Fischer und seine Frau, Hase und Igel, etc), doch sie gehören nicht zur Kategorie "inzwischen viel zu oft erzählt". 

Der Rahmen um den Geschichten Anatol lässt die Märchen in ganz neuem Licht erscheinen. Hier und da wird die Handlung ein wenig geändert, wird zusätzlich eine Katze oder ein anderes Tier eingebunden, so bekommt der Fischer etwa ein Haustier an seine Seite oder entpuppt sich der gestiefelte Kater als ein Urahn von Anatol. Die Geschichten werden nicht einfach so erzählt, sondern sie haben immer einen Zusammenhang, etwa die einzelnen Verwandten von Anatol oder die Erlebnisse eines Gastes, der später zur Gruppe stößt. Es ist einfach eine ganz süße Idee, alles durch die Rahmenhandlung zu verbinden, und das unterscheidet diese CD von anderen Märchensammlungen. 

Die Charaktere sind allesamt liebenswert. Obwohl die Rahmenhandlung nur einen kurzen Teil einnimmt, gelingt es Scheffler, sehr viel Wärme hineinzulegen, allen Tieren eine eigene Persönlichkeit zu verleihen. Schnell werden sie zu Freunden, die man am liebsten immer wieder einlädt, die man immer wieder hören möchte.

Aber was den GESCHICHTENKATER nun zu etwas ganz Besonderem macht, das ist der Sprecher: >Christian Rudolf<. Ich gebe zu, trotzdem er ein bekannter Schauspieler ist, war er mir völlig unbekannt, dazu sehe ich einfach zu wenige deutsche Filme und Serien. Aber nach dieser CD ist sicher, dass ich mehr von ihm will, nicht im TV sondern für die Ohren! Er ist großartig, einfach perfekt für diese Märchensammlung. Er hat eine an sich eher unauffällige, unaufdringliche Stimme, kann sich ebenso wie Stefan Kaminski und Rufus Beck selbst zurücknehmen und dann mit verstellter Stimme eine One-Man-Show abliefern wie in einem Hörspiel. In den Dialogen dann läuft er zur Höchstform auf. Er spricht mit verteilten Rollen, teilt jeder Figur eine eigene Stimme zu, die träge gemütliche Eule, der aufgeregte Hahn, die verführerische Katze, der selbstbewusste Kater, die ängstliche Maus und all die anderen Figuren werden lebendig, wenn er säuselt, lacht, ruft, kräht, krakeelt, ruft, flüstert, kichert, lockt, schmeichelt, flattert. 

Christian Rudolf ist einfach genial. Und entsprechend hoffe ich, dass er noch viele weitere Titel sprechen wird, in denen er die Möglichkeit bekommt, seine Fähigkeiten voll auszukosten. 

Alles zusammen bildet eine wunderbare Atmosphäre: die herzlichen Charaktere, die witzige Rahmengeschichte, die neu arrangierten Märchen, der herausragende Sprecher. DER GESCHICHTENKATER ist ein Schatz, der unbedingt ins Regal gehört!


SaschaSalamander 04.10.2013, 09.13 | (0/0) Kommentare | PL

No place, no home

Über >Morton Rhue< muss ich gar nichts mehr weiter erzählen, oder? Ein Jugendbuchautor, den spätestens seit "die Welle" oder "Ich knall Euch ab" als Schullektüre jeder kennen dürfte. Er hat auch viele weitere herausragende Bücher geschrieben, die stets mit Gesellschaftskritik gespickt sind und sich gut in die Lebenswelt der Jugendlichen hineinversetzen können. Auch unter seinem Realnamen "Todd Strasser" hat er erfolgreich Bücher veröffentlicht.

NO PLACE, NO HOME handelt dieses Mal von Dan, einem völlig normalen Jungen. Er geht auf die Highschool, ist verliebt in ein Mädchen, trainiert mit Freunden, spielt Baseball und hofft auf ein Stipendium. Doch als seine Mutter ihre Arbeit verliert und der sowieso eher häusliche Vater nicht zum Verdienst beitragen kann, können sie das Haus nicht mehr bezahlen. Vorübergehend zieht die Familie beim Onkel ein, doch als die Stimmung immer gereizter wird, müssen sie nach Dignityville. Dort leben viele Obdachlose, und Dan ist nun einer von ihnen. Er geht weiterhin auf die Schule, trifft sich mit seiner Freundin, doch er muss viele Erfahrungen sammeln, die ihn verändern. Auch beginnt er mehr für Meg, ein Mädchen aus der Zeltstadt, zu empfinden. Und plötzlich wird jemand zusammengeschlagen, eine eindeutige Warnung an die Bewohner von Dignityville ...

Dieses Buch greift also das Thema Obdachlosigkeit auf, die Hintergründe der Wirtschaftskrise werden ebenfalls erläutert. Rhue räumt mit vielen Vorurteilen auf und zeigt, dass Obdachlosigkeit nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Betroffenen faul sind, sich um Arbeit drücken, ungepflegt sind oder ihre Lage selbst zu verantworten haben. Natürlich herrschen (vor allem in Hinblick auf die Krankenversicherung) in Deutschland andere Verhältnisse als in Amerika, doch so weit entfernt ist man auch hier nicht mehr ... viele Menschen gehen arbeiten, doch das Gehalt reicht nicht aus, um davon Nahrung, Wohnung, Versicherungen abzudecken, ein menschenwürdiges Leben ist nicht möglich. 

Auch zeigt der Autor sehr schön, auf welche Weise die Obdachlosen stigmatisiert werden. Das zweischneidige Schwert der staatlichen Hilfe, die zwar unterstützt aber zugleich auch öffentlich brandmarkt. Etwa wenn die Kinder aus Dignityville mit einem gesonderten Bus abgeholt werden und dann in der Schule ein kostenloses Frühstück erhalten, während alle Mitschüler wissen "an diesem Tisch um diese Uhrzeit sitzen nur die aus der Zeltstadt". Es ist demütigend, und der Leser / Hörer leidet mit Dan und Meg. Erst fehlt das Geld für die Kinokarte oder die Mitbrinsel auf der Party, dann wird das Handy abgemeldet, dann die Fahrt in dem Bus, immer tiefer sinkt Dan, ohne diese Abwärtsspirale verhindern zu können, sosehr er sich auch um Nebenjob und Stipendium bemüht. 

Dan als Protagonist erzählt in der Ich-Form, sodass man weitere Personen aus seiner Sicht kennenlernt und deren Motive im Unklaren bleiben. Trotzdem sind alle Charaktere sehr gut nachvollziehbar und geschickt ausgebaut. Rhue versteht es, seinen Figuren Leben zu verleihen und den Leser mit ihnen mitfiebern zu lassen. 

Ich habe ein wenig den Eindruck, dass die Geschichte um den Angriff und die Frage, wer dahinter steckt und welche Motive den Täter antreiben, eher Mittel zum Zweck ist. Worum es hier geht ist die Darstellung der Situation obdachloser Menschen. Um diese Darstellung etwas weniger trocken zu gestalten und eine gewisse Spannung einzubringen, wurde vermutlich ebendiese Handlung eingebunden. Was ich sehr gut finde, da in >Über uns Stille< aufgrund der Kammersituation dieser Handlungsaspekt fehlte und das Buch dadurch etwas schwerfällig wurde. Dieser Fehler wurde in dem neuen Buch nicht wiederholt.

Das heißt allerdings, wer Action und atemlose Spannung erwartet, der wird schnell enttäuscht. Rhue setzt vielmehr auf die Aussage des Buches und die Darstellung von Dans Alltag, um die Jugendlichen an das Thema heranzuführen. Während Dan als Ich-Erzähler durch das Buch führt, liest / hört man einen Dialog zwischen zwei Personen, die sich für den Angriff verantwortlich zeichnen. Doch sehr schnell ist dem Leser klar, wer dahintersteckt, und spannend ist weniger die Frage "wer und warum" als vielmehr "wann und wie wird Dan dahinterkommen". 

Paul Kindermann als Sprecher des Dan war mir bisher nicht bekannt. Er hat eine ruhige Stimme, die er nur selten variiert in Tempo, Lautstärke oder Stimmhöhe. Dadurch wirkt der Vortrag sehr gleichmäßig, hätte an manchen Momenten etwas mehr Einsatz vertragen können. Insgesamt allerdings passt Kindermann recht gut zu diesem Buch, da er Dans Gedanken gut wiedergibt und sich auf das Wesentliche, nämlich die sachlichen Elemente des Buches, konzentriert. Christian Rudolf und Bernd Stephan machen in ihrem Dialog alles richtig, der eine bedrohlich und souverän, der andere vorsichtig und untergeben, sodass man die jeweilige Situation sehr gut vor Augen hat. 

Das neueste Buch von Morton Rhue ist also nach dem leicht schwächeren Vorgänger auf jeden Fall wieder sehr gelungen. Für an kritischen Büchern interessierte Leser / Hörer kommt niemals Langeweile auf, die Thematik wird trotz der komplexen Zusammenhänge jugendgerecht und ohne Zeigefinger dargestellt, die Charaktere sind sympathisch und greifbar. Klare Empfehlung für alle Jugendlichen (und natürlich junggebliebenen Erwachsenen). 

SaschaSalamander 01.10.2013, 08.37 | (0/0) Kommentare | PL

Stille Wasser sind tief

Zwischendurch habe ich Lust auf gemütliche Krimis. Ohne viel Gewalt und ohne Trara, sondern leichtfüßig erzählt, eben entspanntes Morden nach Feierabend ;-) Da klang STILLE WASSER SIND TIEF - MÖRDERISCHE GESCHICHTEN gerade recht für mich. Das Cover zeigt einen aufs Wasser hinauslaufenden Steg im schummrigen Licht, vielleicht Sonnenuntergang am See. Erst beim zweiten Blick fällt auf, dass der Steg kaputt ist, ob jemand ihn angesägt hat? Oder ob es ein Unfall war und jemand in das Wasser stürzte? Ja, das ist die Stimmung, auf die ich mich eingestellt hatte und die sehr schön übertragen wurde. 

Eine CD, vier Autoren, vier Geschichten, vier Sprecher. Außer Klaus-Peter Wolf waren mir die Autoren bis dahin nicht bekannt. Die Sprecher dagegen sind Hörbuchfreunden ein Begriff: Johannes Steck, Katja Danowski, Barbara Nüsse und Bernd Stephan. Sie tragen die Kurzgeschichten mit der entsprechenden Ruhe und Hintergründigkeit vor und wurden geschickt für diese CD gewählt. Katja Danowski mit ihrer mädchenhaften, freundlichen Stimme mag ich sehr, ob nun für Kinderbücher oder Krimis, sie wiegt den Hörer in Sicherheit, vermittelt Wärme und Geborgenheit, das ist ein netter Kontrast, wenn inmitten der idyllischen Landschaft ein Mord geschieht ;-)


SOMMERGEWITTER 

ist die erste Geschichte von Sabine Thomas und handelt von einer Stipendiatin, die ihre Geschichte vor dem Gremium vorstellen soll. Doch plötzlich steht ihre frühere Mitschülerin zwischen den Zuschauern, und das war nicht vorgesehen ... 

Diese Geschichte war recht nett, ist eher eine gemütliche Erzählung mit einem Mord. Ich empfand die Handlung als ziemlich vorhersehbar. Sie war zwar geschickt erzählt und wurde gut vorgetragen, aber es fehlt dann doch ein wenig der Pep, die Wendung. Aber gut, ich wollte ja Entspannung nach Feierabend. Und Danowski vermittelt ein angenehmes "Upps, so war das nicht geplant" - Gefühl, das sehr schön dazu passt. Sie verleiht der Geschichte den Pep, den die Story selbst so eigentlich gar nicht vermitteln kann.


MILCHEIS 

von Ono Mothwurf lässt mich offen gesagt etwas ratlos zurück. Ein Eisbaron, der regelmässig ein Paket Milch geschickt bekommt und dann ermordet aufgefunden wird. Mir fehlte das Interesse, weiterzuhören, die Charaktere blieben für mich komplett farblos, und ich fand absolut keinen Zugang zu dieser Geschichte. Ich habe einen der Tracks sogar doppelt hören müssen, weil ich den Faden verloren hatte. Nein, so wirklich warm wurde ich mit dieser Geschichte nicht, sie weckte bei mir nicht das Interesse, tiefer einzusteigen und sie genauer zu ergründen. Das mag an der Geschichte liegen, vielleicht aber auch an meinem persönlichen Geschmack, das vermag ich nicht zu benennen. Auch Bernd Stephan konnte mich nicht dafür begeistern, obwohl ich ihn sehr gerne höre.


KALT ERWISCHT AUF ORKNEY

von Andrea C Busch nimmt die öffentlichen Literaturzirkel aufs Korn und erfindet ein Szenario, was passieren könnte, wenn dieser eine junge Karriere zerstört und die Hinterbliebenen ihre Rache ausleben. Mit einem Augenzwinkern geschrieben und nett erdacht. Der Handlungsverlauf ist bis auf eine kleine Überraschung gegen Ende recht geradlinig, und die Charaktere bleiben eher blass. Das ist schade, denn gerade diese Geschichte hätte, wie ich finde, sehr viel Potential gehabt. Barbara Nüsse spricht die Protagonistin sehr überzeugend und kitzelt ein wenig von der Stimmung heraus, die bei einer gelesenen Geschichte so wohl nicht bei mir angekommen wäre.


DER TEUFEL SOLL DICH HOLEN

Ein Lehrer soll einen verlorengegangenen Schüler in einem alten Abwasserrohr suchen gehen, dabei hat er panische Angst vor Dunkelheit. Klaus-Peter Wolf schafft es, diese Beklemmung und den aufkeimenden Wahnsinn grandios in Szene zu setzen. Im ersten Moment war ich enttäuscht, dass der Autor nicht wie üblich selbst vorliest. Doch es hielt nur wenige Sätze, denn Johannes Steck schafft es hervorragend, den Text einzufangen und an den Hörer weiterzugeben. Eigentlich mein Favorit auf dieser CD, leider aber dennoch nicht ohne Manko: ich liebe offene Enden und brauche keine klare Aussage zum Abschluss. Aber als die Geschichte endete (ich habe mir die Tracks auf den Kindle gespielt), griff ich sofort zur CD, ob ich womöglich einen Track vergessen hatte zu überspielen. Nein, hatte ich nicht. Quasi mitten im Satz endet es. Das ist sogar für mich etwas ZU offen ... 


ZUSAMMENFASSUNG

STILLE WASSER SIND TIEF ist eine Sammlung von vier netten Krimis, die mich teils mehr, teils weniger angesprochen haben. Mit einer Geschichte konnte ich überhaupt nichts anfangen, zwei waren ganz nett, und eine hat mich bis auf einen kleinen Wermutstropfen recht begeistert. Die Geschichten sind nicht unbedingt ein Must-Have, aber zum einmaligen Hören für zwischendurch haben sie mir angenehm die Zeit vertrieben und habe ich sie gerne gehört :-)

SaschaSalamander 20.09.2013, 08.38 | (0/0) Kommentare | PL

Marko Simsa - Karneval der Tiere

>Marko Simsa<, das ist für mich gleichbedeutend mit "klassische Musik für Kinder". Er bringt Kindern Musik näher, spielerisch und lehrreich vermittelt er Kenntnis über Instrumente, Musikstile und einzelne Werke. In meiner Kindheit kannte ich ihn leider noch nicht, lernte seine CDs erst als Erwachsene kennen. Aber wannimmer ich etwas von ihm höre, möchte ich wieder Kind sein und staunend in die Wunder der Musik eingeführt werden. 

Daher freute ich mich über die Neuauflage des >KARNEVAL DER TIERE< von Camille Saint-Seans, eine meiner liebsten symphonischen Dichtungen. Schon als Jugendliche habe ich den Karneval gehört (leider ohne Beschreibung zu den Inhalten, doch die Musik sprach für sich), es als Erwachsene gelegentlich wieder aufgelegt. Ganz zu schweigen davon, dass manche der Melodien uns im Alltag begleiten, ob nun Werbung, Handydudel oder TV-Untermalung (oder man denke gar an die Jojo-Flamingos aus Disneys Fantasia). 

Die Musik des KARNEVAL DER TIERE spricht eigentlich für sich. Wenn man den Marsch der Löwen hört, dann sieht man sofort die majestätischen Tiere mit ihrer prachtvollen Mähne, hört ihr Gebrüll. Beim Aquarium sieht man die bunten Fische vor dem geistigen Auge, hört die perlenden Bläschen nach oben steigen. Der Schwan mit seinen anmutigen Bewegungen, der lautlos über das Wasser gleitet und all die anderen Szenen, eigentlich bedürften sie gar keiner Erklärung. 

Doch um es für Kinder verständlicher zu machen und sie spielerisch zu animieren, erzählt Simsa dazu eine quirlige Geschichte. Die Affenkinder begleiten den Umzug, freunden sich mit anderen Tierkindern an, beteiligen sich an dem großen Marsch, es ist eine wahre Freude, die kleinen Texte zwischen der Musik zu hören, und ich war oft versucht, mitzumachen, wenn die Kinder angeregt werden, ebenso zu brüllen wie der Löwe, zu hüpfen wie das Känguru. Die Kuckucks wurden als Versteckspiel gehalten, sie haben sich im Wald in den Bäumen verborgen, und das Spiel besteht darin, sie alle zu finden, wenn sie "Kuckuck" rufen. Na, wie viele Kuckucks verstecken sich im Wald? ;-)

Eine kleine Änderung wurde vorgenommen, aber die begrüße ich von Herzen: die Fossilien fand ich schon als Kind seltsam. Was haben tote Gebeine zwischen all den lebendigen Tieren zu suchen? Die Vorstellung, wie irgendwelche Knochenablagerungen tanzen und marschieren, finde ich auch heute noch seltsam. Statt dessen hat man hier die Affen auf ihrem selbstgebastelten Xylophon spielen lassen, das passt hervorragend zur restlichen Geschichte und ist auch nachvollziehbarer, greifbarer.

Die Musik geht ins Ohr, die Erzählung ist witzig. Und wenn man fertig ist mit dem letzten Track, spielt man die CD wieder von vorne. Während das bei anderen Titeln wohl schnell lästig wird, dürften Eltern sich in diesem Fall nicht daran stören, denn Marko Simsa kann man tatsächlich immer wieder anhören, seine Stimme klingt angenehm und unaufdringlich, die Musik wird im Gegensatz zu so mancher Kinderkassette nicht nervig. Mit anderen Worten: diese CD gehört einfach in jedes Kinderzimmer. Und wenn man Spaß an kindlicher Freude an dieser Form von Musik hat, dann gehört sie auch in das Regal von Erwachsenen ;-)


SaschaSalamander 16.09.2013, 08.31 | (0/0) Kommentare | PL

Die Verratenen

Ria ist Teil eines Systems in den Sphären, und sie ist gut, gehört zu den Besten, ihre Zukunft sieht positiv aus. Doch dann belauscht sie ein Gespräch, in welchem jemand sie und ihren besten Freund sowie einige weiteren Studenten der Verschwörung bezichtigt und sie zu töten plant. Und dann wird plötzlich all ihnen das Privileg zuteil, den Anführer persönlich zu treffen. Doch Ria ist klar, dass das ein Trick ist, um sie alle zu töten. Sie fliehen und verlassen das System, treffen auf einen primitiven Clan und müssen erfahren, dass alles, was sie bisher für wahr und richtig hielten, eine große Lüge war. Und dann erfährt sie, dass einer unter ihnen ein Verräter sein soll. Wem soll sie nun trauen, wie soll es weitergehen?

Dystopien gibt es derzeit wie Sand am Meer. Von Trilogien ganz zu schweigen. Als es neu war, habe ich mich daraufgestürzt, inzwischen verdrehe ich genervt die Augen und sehe mir meistens nicht einmal mehr an, worum es überhaupt geht. Dies hier war eine Ausnahme, denn von der Autorin Poznanski habe ich bisher nur beste Unterhaltung gelesen: >EREBOS<, >SAECULUM<, >FÜNF<. Mit der Dystopie DIE VERRATENEN wagt sie sich in ein für sie neues Genre, und ich war neugierig auf die Umsetzung. 

Offen gesagt hatte ich wenig Hoffnung, einfach weil die Titel sich alle zusehr ähneln, und weil meistens noch irgendeine Romanze dazugepackt wird, am besten noch das Dilemma dass die Prota sich zwischen zweien entscheiden muss, alles rappelvoll mit wilder Action, die Welt eher Mittel zum Zweck der Story als wirklich gut ausgefeilt. Aber es gibt gelegentlich Ausnahmen, und Poznanski zählt definitiv dazu. Der Roman gehört zu den wenigen, die tatsächlich mit eigenen Ideen aufwarten können und mir gezeigt hat, warum ich dieses Genre damals so gerne gelesen habe. (Wie gesagt: "eigene" Ideen. Neu sind sie nicht unbedingt, dazu ist die Jugenddystopie inzwischen zu breitgetreten. Aber etwas Neues habe ich auch nicht erwartet).

Die Handlung wird erzählt aus der Sicht Rias. Der Leser / Hörer weiß nur, was auch sie weiß, sodass viele Fragen ungeklärt bleiben. Mag sein, dass manche vielleicht den Verräter ahnten, ich jedoch kam nicht darauf. Denn Ria ist recht intelligent, und dies spiegelt sich in dem Buch wieder, ihre Gedankengänge sind vernünftig und in sich schlüssig, sie beobachtet ihre Welt sehr aufmerksam, trotzdem bleibt Ihr manches verborgen. Mir war sie sehr sympathisch, ich konnte mich hervorragend in sie hineinversetzen. Dem Erzählstil entsprechend werden die anderen Charaktere aus ihrer Sicht beschrieben, sodass sie weniger intensiv dargestellt werden können. Dennoch bekommen auch sie jeweils Eigenheiten, Persönlichkeitsmerkmale, man kann sie sehr gut unterscheiden und weiß immer sofort, wen man vor sich hat, trotz der vielen Charaktere kam es für mich niemals zu Verwechslungen (was ungewöhnlich ist, bin echt gut darin, Namen ständig durcheinanderzubringen). 

Es gelingt Poznanski, die zukünftige Welt ausführlich zu beschreiben. Erklärungen erspart sie dem Leser, dafür beschreibt sie die Dinge wie nebenbei so geschickt, dass sich aus der Handlung und dem Verhalten bereits der Sinn ergibt und die Dinge sich von selbst erklären. Sie hat sich vor dem Schreiben wohl ein sehr gutes Konzept erdacht, sah die Sphäre und die Clans sehr genau vor sich und gibt dies nun durch Ria an uns weiter. Manche Fragen bleiben ungeklärt, allerdings scheint mir dies keine Lücke zu sein sondern wird vermutlich in den späteren Bänden erklärt. 

Ebenfalls gelungen finde ich, dass die Handlung nicht mit effekthascherischer Action vollgepackt ist. Wer DIE VERRATENEN liest, sollte auf jeden Fall ein wenig Geduld mitbringen. Es geschieht sehr viel, die Handlung ist dicht, dennoch verläuft es insgesamt eher ruhig, die Handlung entwickelt sich Schritt für Schritt, explizite Höhepunkte gibt es nicht wirklich, selbst tragische oder inhaltlich actionreiche Momente werden ruhig und behutsam erzählt. Langweilig wird es dabei dennoch nicht, denn die Beschreibung des Lebens im Clan, die Kontakte der Jugendlichen untereinander, Rias ausführliche Gedankengänge, all das vermittelt ein spannendes Bild und lässt den Leser inniger und vor allem nachhaltiger mitempfinden.

Julia Nachtmann als Sprecherin ist zwar bekannt, ich selbst kann mich jedoch nicht erinnern, schon etwas von ihr gehört zu haben. Es war meine erste bewusste Begegnung mit ihr. Anfangs fiel es mir recht schwer, denn sie spricht sehr still, zwar nicht monoton aber mit wenig Auf- und Ab, wenig Emotion. Ich weiß nicht, ob es dem zu lesenden Text geschuldet war oder ob dies ihr natürlicher Stil ist. Es passt sehr gut zusammen, allerdings führt das gelegentlich doch dazu, dass man sich als Hörer gelegentlich in Gedanken verliert, vom Buch abdriftet. Es gelingt ihr nur schwer, den Hörer "zurückzuholen" mit ihrer Stimme. Doch, wie gesagt, sie passt sehr gut zur Person der Ria, und ihr Vortrag ist abgesehen von ein paar fehlenden Melodien angenehm. In den wenigen Szenen, die doch von Aufregung, Gefahr oder starker Emotion geprägt waren, hätte ich mir dennoch etwas mehr Beteiligung gewünscht.

Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Band und bin gespannt, wie es für Ria und ihre Freunde weitergehen wird. Die Ausgangssituation hat sich nun grundlegend geändert, wodurch es ermöglicht wird, mit den bisherigen Charakteren ein in seiner Art völlig neues Buch zu schreiben, das den Leser mit anderen Konflikten konfrontiert als der erste Band. Also keine billige Fortsetzung der Verkaufszahlen wegen, sondern tatsächlich eine in mehreren Etappen zu erzählende Geschichte. Ich hoffe, dass der zweite Band mich ebenso fesseln wird wie der erste. Aber bei Poznanski habe ich da wenig Bedenken ;-)

SaschaSalamander 28.08.2013, 08.39 | (0/0) Kommentare | PL

House of Secrets 01

Nach dem beruflichen Abstieg des Vaters müssen Brendan, Eleanor und Cordelia mit ihren Eltern umziehen. Sie sind wenig begeistert von der Situation, doch das neue viktorianische Haus weckt sofort ihre Neugier. Sie ahnen nicht, was ihnen bevorsteht: nach einem dramatischen Angriff der Windfurie werden die Geschwister zusammen mit dem Haus herumgewirbelt und von einem fantastischen Schauplatz an den nächsten befördert. Aufregende Abenteuer stehen ihnen bevor, als die Wilden Horden aus einem Buch lebendig werden, als ein Militärpilot aus einem anderen Roman sich ihnen anschließt, als Skelette zum Leben erwachen, Riesen das Haus bedrohen und Piraten angreifen. Werden die Kinder wieder nach Hause kommen?

Eine Geschichte, die sofort unzählige Erinnerungen weckt: ZAUBERER VON OZ, JUMANI / ZATHURA, TINTENHERZ; NARNIA, SPIDERWICK, FABELHEIM, GEHEIMNIS DER 1000 PFORTEN. Die Reihe ließe sich sicher noch lange fortsetzen. Aber das macht nichts, denn es ist ein gutes Grundrezept, das sich bisher immer bewährt hat: Kinder geraten in eine fremde Welt, in der sie spannende Abenteuer bestehen müssen. Das bietet sehr viel Raum für Fantasie, Szenenwechsel und jede Menge Spannung, und genau deswegen liebe ich solche Titel. 

Chris Columbus weiß als Regisseur, Produzent und Drehbuchautor seine Zuschauer in Filmen wie KEVIN ALLEIN ZU HAUS, NACHTS IM MUSEUM, HARRY POTTER, MRS DOUBTFIRE, DER 200 JAHRE MANN, PERCY JACKSON, GREMLINS, GOONIES zu verzaubern, und ich war neugierig, was er nun als Romanautor erschaffen würde. Immerhin haben viele seiner Filme mich schon von Kind an begleitet und stehen heute als Favoriten in meinem Regal. Und wie erwartet, er weiß was die jungen Leser wollen: Action, Spannung, mitreißende Szenen und knallbunte Effekte. 

Gut, im Buch lassen sich knallbunte Effekte nicht so gut umsetzen wie im Film, aber ihm gelingt es ganz wunderbar, die Szenen realistisch und greifbar zu schildern, sodass man sofort die passenden Bilder im Kopf hat (ich musste oft an HOOK von Spielberg denken, ebenso bildgewaltig stellte ich mir die Kulisse in HOUSE OF SECRET vor). Er wirbelt von einem Schauplatz zum nächsten und lässt dem Leser kaum Zeit zum Verschnaufen, hält die Spannung dauerhaft aufrecht, die Kamera (Erzählperspektive) immer perfekt gesetzt, schwenkt von einem Charakter zum nächsten und ermöglicht dadurch gelungene Szenenwechsel und die Identifikation des Lesers mit verschiedenen Figuren. 

Es steckt sehr viel Kreativität und Abenteuerlust in HOUSE OF SECRETS, ich war überrascht und angetan, welche scheinbar nicht zusammengehörigen Elemente sich so stimmig verbinden lassen. Ein Pilot aus dem Weltkrieg, ein Hausmädchen, Piraten, bärbeißige Reiterhorden, ein Riese, Sturmkönig und Windfurie, Abenteuer, Urban Fantasy und High Fantasy kunterbunt gemischt. Die Vielfalt, die ungewöhnlichen Ideen und mitreißenden "Actionszenen" sind die große Stärke des Buches, ich hätte es als Kind / Jugendliche geliebt und wäre absolut begeistert gewesen, hätte es vermutlich immer und immer wieder gelesen bzw gehört. 

Stefan Kaminski als Sprecher ist die perfekte Wahl, denn er ist eine lebende One-Man-Show. Ob alte Frau, knurriger Pirat, Gentleman, Womanizer, Sturmkönig, das kleine Mädchen, er hat sie alle in seinem Repertoire. Ihm gelingt es, die Atemlosigkeit des Buches 1:1 umzusetzen und alles zum Leben zu erwecken. 

Aber wer mich kennt und meine Rezensionen aufmerksam liest merkt, dass ich hier sehr distanziert beschreibe. Das liegt daran, dass das Buch mich rein sachlich absolut begeistert hat in seiner Machart, und dass ich es aus vollem Herzen jungen Lesern empfehlen möchte. Mir selbst ist es allerdings zu schnell, zu dicht. Aber das ist ein subjektiver Eindruck, denn auch Filme wie Madagaskar oder Bücher wie Percy Jackson sind mir zu vollgepackt und zu hektisch, trotzdem weiß ich deren Machart zu schätzen und verstehe die Begeisterung anderer Zuschauer / Leser. 

In HOUSE OF SECRETS erwarten den Leser also weniger die etwas ruhigere Fantasy von OZ oder der TINTENTRILOGIE als vielmehr die Nonstop Action von JUMANJI (das ich als Kind sehr geliebt und in Dauerschleife angesehen habe) und NACHTS IM MUSEUM. Genau richtig für kleine Abenteurer. Und auch, wenn ich viele kritische Stimmen gelesen habe, die der Ansicht sind, dass manche Szenen zu dramatisch für Kinder sind: ich bin der Ansicht, dass Eltern Kinder sowieso nicht einfach irgend etwas zum Konsum in die Hand drücken sondern bis zu einem gewissen Alter das Buch oder den Film vorab prüfen sollten. Und dann können die Eltern entscheiden, ob lebende Skelette oder das Herausoperieren von Pfeilspitzen aus dem Körper zu brutal sind oder das Kind damit umgehen kann. Denn jedes Kind ist anders ;-)

Zum Abschluss also: ein wunderbares, actionreiches Buch, in dem Chris Columbus alle Register der Blockbuster-Unterhaltung zieht und wirklich nichts auslässt. Wer es gerne etwas ruhiger mag, ist hier vermutlich schnell überfordert. Aber wer es bunt, abenteuerlich und wild liebt, der kommt hier voll auf seine Kosten!


SaschaSalamander 14.08.2013, 09.09 | (0/0) Kommentare | PL

Ein Wispern unter Baker Street

aaronovitch_grant03_1.jpgKLAPPENTEXT

Ein junger Mann wird im U-Bahn-Tunnel nahe der Station Baker Street erstochen aufgefunden. Peter Grant, Constable und Zauberer in Ausbildung, wird frühmorgens an den Tatort gerufen. Der unbekannte Tote stellt sich als Sohn eines US-Senators heraus und ehe man noch "internationale Verwicklungen" sagen kann, hat Peter bereits die FBI-Agentin Kimberley Reynolds am Hals. Als wäre das noch nicht problematisch genug, tappt Peter auch noch in seinen Ermittlungen im Dunkeln, denn alle Spuren führen in den Untergrund Londons, der nicht so einsam ist, wie er scheint.


REIHE

WISPERN UNTER BAKER STREET ist nach >FLÜSSE VON LONDON< und >SCHWARZER MOND ÜBER SOHO< der dritte Teil der Reihe um den Constable und Zauberlehrling Peter Grant. Ehrlich gesagt ging ich anfangs davon aus, dass die Reihe nur drei Teile haben würde, aber sie wird nun wohl doch fortgesetzt.

Um den aktuellen Titel zu verstehen, muss man auf jeden Fall die anderen beiden Bücher gelesen haben. Aaronovitch verlangt seinen Lesern viel ab, bezieht sich intensiv auf die ersten beiden Teile, ohne irgend etwas zu erklären. Selbst, wenn man die anderen Bände gelesen hat, fällt der Zusammenhang oft schwer, falls dies schon einige Monate her ist.

Der erste Band beschäftigte sich sehr stark mit den Hintergründen von Magie, es wurde viel über das Erlernen beschrieben. Im zweiten Teil war dies bereits weniger, kam jedoch gelegentlich noch vor. Im dritten Teil ist das - zumindest im Hörbuch - nahezu komplett weggefallen, das Gewicht lieht hier einzig auf der Ermittlung. Dies führt dazu, dass das erste Buch eine Besonderheit war und sich in Sachen Urban Fantasy deutlich von anderen Titeln abhob. Dieser Aspekt flaut jedoch immer mehr ab, sodass man nun einfach nur noch einen magischen Ermittler hat, aber das ist nicht ungewöhnlich, das Konzept gibt es häufiger.

Man trifft sehr viele Bekannte wieder, es werden jedoch auch viele weitere Charaktere eingeführt. Die Fragen, die sich in Band 1 und 2 ergaben, bleiben zum Teil weiterhin bestehen.


ERZÄHLWEISE

Aaronovitch erzählt seine Handlung sehr dicht, jeder Satz könnte später wichtig sein. Es erfordert sehr viel Konzentration, die CD zu hören, Abschweifen sollte man in keinem Fall, sonst ergibt der Rest keinen Sinn mehr.

Dies ist etwas erschwert, da der Autor neben der dichten Handlung auch in der Beschreibung des Geschehens sehr ins Detail geht. Liebevoll, mit viel Witz und niemals langweilig, aber auch dies eben sehr straff. Dadurch kommt es, dass einige Längen entstehen, nicht mangels Handlung sondern aufgrund zuviel davon, was gelegentlich ermüdet.

Was erhalten blieb, das ist der trockene britische Humor, stets hintergründig, manchmal bissig aber niemals böse.


SPRECHER

Dietmar Wunder sprach bereits auch die ersten beiden Teile und ist ein gelungener Interpret, der mit seiner ruhigen Art sehr gut den Inhalt des Textes vermittelt und auch den Protagonisten glaubwürdig verkörpert.


PERSÖNLICHE MEINUNG

Ich bin ein wenig enttäuscht. Eigentlich hatte ich gehofft, dass der dritte Band einiges offenlegt und der Autor wieder auf das Niveau des ersten Buches kommt. Statt dessen hat es im Gegenteil sogar zum zweiten etwas abgeflacht. Normale Krimis (auch mit etwas Fantasy) gibt es wie Sand am Meer. Das, was den ersten Band besonders machte, wurde im zweiten weniger und ist im dritten fast nicht mehr vorhanden: die Wissenschaftlichkeit der Magie, die Darstellung der fantastischen Charaktere. Das dritte Buch ist relativ "normal".

Zudem frage ich mich, wo die Serie hin will. Anfangs ging ich von drei Bänden aus, und das hätte sich auch sehr gut umsetzen lassen, wäre eine runde Sache gewesen. Momentan aber habe ich das Gefühl, dass Aaronovitch mit mit seiner aktuellen Erzählweise die Reihe auf beliebig viele Bände strecken kann. In jedem Band ein Kriminalfall, dazu ein paar neuartige fantastische Wesen, immer wieder ein paar weitere offene Fragen aber nie ein wirkliches Ende.


FAZIT

Es ist nicht schlecht. Es unterhält, ist originell und kurzweilig. Aber mit dem ersten Buch hat Aaronovitch einfach die Messlatte so hoch gelegt, dass er selbst momentan nicht herankommt. Sogesehen ist das Buch immer noch besser als manch anderes auf dem aktuellen Markt, bleibt jedoch deutlich unter seinen Möglichkeiten.

Dem Buch an sich, wäre es ein Einzelband, würde ich sofort volle Punktzahl geben. Im Rahmen der Reihe jedoch gibt es gewaltig Punktabzug. Es fällt mir sehr schwer, eine Gesamtwertung abzugeben ... daher: gerade noch 3,5 von 5 Tonscherben

SaschaSalamander 24.06.2013, 08.33 | (0/0) Kommentare | PL

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