SaschaSalamander

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Tag: Thriller

Ich darf nicht schlafen

watson_schlafen_1.jpgJeden Morgen erwacht die 47jährige Christine und kann sich an nichts erinnern. Meist fühlt sie sich als Jugendliche oder junge Erwachsene, der Mann neben ihr im Bett ist ihr fremd. Ihr Ehemann erklärt ihr täglich, dass sie an Amnesie leidet und gibt ihr weitere Anweisungen für den Tag, bevor er das Haus verlässt. Später klingelt das Telefon, am Apparat ein Arzt, mit dem sich Christine heimlich ohne Wissen ihres Mannes trifft. Der Arzt möchte ihr helfen, das Gedächtnis zurückzuerlangen, und so beginnt sie Tagebuch zu schreiben. Jeden Morgen erinnert der Arzt sie an das Tagebuch, und sie beginnt zu lesen und sich dadurch an immer mehr zu erinnern. Und sie begreift, dass ihr Mann ein Geheimnis vor ihr versteckt, denn seine Aussagen decken sich nicht mit der Wahrheit, er verschweigt ihr Dinge oder erfindet sie neu, und auch ihre zeitweise aufblitzenden Erinnerungen passen nicht zusammen mit dem, was sie täglich um sich herum erlebt. Welches tragische Ereignis will Christine mit dem Gedächtnisverlust verdrängen? Und was wird Christine erwarten, wenn sie ihr Gedächtnis eines Tages wiedererlangt?

Das Buch wird angepriesen als ein Thriller, was ich jedoch nicht als solchen empfand. Es war vielmehr ein Drama um eine Frau, die auf der steten Suche nach sich selbst ist. Ähnliche Situationen kennt man aus verschiedenen Filmen und Büchern, Amnesie ist ein beliebtes Thema in den Medien, weil es sehr gut Spannung erzeugen kann, wenn der Leser immer ein klein wenig mehr weiß als der Protagonist.

Auch hier ist dies sehr gut gelungen. Allerdings wirkt es wie gesagt nicht wie ein Thriller, dazu wirkt die Situation nicht bedrohlich genug. Ich hatte eine Ahnung, die sich gegen Ende auch bestätigte, doch die daraus resultierende Gefahr wirkte im Verlauf des Buches nicht wirklich so groß, vielmehr war ich verwundert und fragte mich, wie und warum es dazu gekommen sein könnte. Es ist ein Pageturner, auf jeden Fall, die Erfahrungen und Erinnerungen werden geschickt so aufgebaut, dass man im nächsten Moment immer ein kleines weiteres Puzzleteil in die Finger gespielt bekommt, und immer glaubt man das Bild nun besser zu erkennen und möchte noch flink das nächste Teil einfügen, schnell noch ein Kapitel lesen, schnell noch einen Track hören.

Ein kleines Manko, das ich nicht als Punktabzug gelten lassen möchte, das mich aber beständig ein wenig wurmte: die Tagebucheinträge sind keine Tagebucheinträge sondern geschrieben in Romanform. Christine sitzt oben in ihrem Zimmer und schreibt, sie muss sich beeilen, hat kaum Zeit und fürchtet entdeckt zu werden. Und dann schreibt sie in detailierter Romanform ausführliche Handlungsbeschreibungen? Mir ist klar, dass man nicht das komplette Buch als Tagebuch schreiben kann, das wäre zu anstrengend für den Leser. Aber ich hätte es gut gefunden, wenn wenigstens die Ich-Erzählerin einen Vermerk gemacht hätte, dass sie ihr Tagebuch nachträglich überarbeitet hat, um dem Leser nun diese Geschichte zu erzählen. So dagegen musste ich mir einige Male an den Kopf langen, wie unrealistisch der entsprechende Text in einem Tagebuch wäre.

Was mir am Hörbuch besonders gefällt ist Andrea Sawatzki. Ich mag ihre Stimme, höre sie sehr gerne, und sie verleiht den Charakteren auf eine Weise Leben, dass man sie vor sich zu sehen glaubt. Ich konnte mir Christine sehr gut vorstellen und in sie hineinversetzen.

Das Ende war wie gesagt zu erwarten, jedoch kam auch im Showdown für mich nicht wirklich eine Bedrohung auf, nur für einen kurzen Moment, der dann jedoch auch sehr schnell wieder verflog, bis sich alles in Wohlgefallen auflöste. Vielleicht bin ich zu abgebrüht, vielleicht wurde das Buch ja auch einfach ungünstig vermarktet. Oder günstig, denn ein Thriller mit diesem Thema dürfte wohl höhere Verkaufszahlen erreichen als ein Drama mit gleichem Inhalt

Insgesamt jedenfalls ein spannendes und unterhaltsames Buch. Kein Novum, kein herausragender Bestseller, den momentanen Hype nicht wert. Aber durchaus zu empfehlen und sehr gut geschrieben, ich freue mich auf weitere Titel aus gleicher Feder :-)

SaschaSalamander 25.10.2011, 09.59 | (0/0) Kommentare | PL

Ich darf nicht schlafen

watson_schlafen_1.jpgZwei CDs habe ich bereits gehört, und es ist nett. Reißt mich nicht vom Hocker, wie ich anhand mancher begeisterten Rezensionen erwartet hätte, aber ich finde es sehr spannend. Erwartet hatte ich den Beschreibungen und der Vermarktung nach einen Thriller, bisher mutet es eher an wie ein Drama.

Eine 47jährige Frau wacht täglich aufs Neue auf und hält sich für ein jüngeres Selbst, begreift nicht wie ihr auf einmal eine gereifte Frau gegenüberstehen kann. Täglich erfährt sie von ihrem Ehemann, der ihr völlig fremd ist, dass sie an Amnesie leidet. Und dann ist da noch der Psychiater, der ihr ohne das Wissen des Mannes täglich zu helfen versucht, ihr Gedächtnis wiederzufinden.

Doch, hat was. Ist kein Novum, kennt man aus MEMENTO, und auch sonst gibt es hier und da mal wieder Bücher, in denen jemand seine Identität sucht. Meist tatsächlich ein Thriller, hier aber wie gesagt bisher zumindest ein Drama. Wirkt weniger bedrohlich als vielmehr traurig und mit einem melancholischen Unterton für mich. Aber auf jeden Fall packend, ich bin enorm gespannt auf den Rest des Hörbuches.

Und Andrea Sawatzki könnte mir ja eh die Gebrauchsanleitung meiner Waschmaschine vorlesen, ich würde ihr dennoch lauschen ;-)

SaschaSalamander 14.10.2011, 18.40 | (0/0) Kommentare | PL

Shutter Island

shutter_island_1.jpgDraußen ist es heiß, mir ist nach Unwetter. Heute habe ich keine aktuelle Rezension parat, also hier ein Text, der schon einige Wochen alt ist ...

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Leider bin auch ich nicht frei von Vorurteilen. Ein solches Vorurteil lautet "Leonardo Di Caprio". Aber das Cover von SHUTTER ISLAND sah so anders aus als seine sonstigen Werke, und ich hatte sehr viel Gutes darüber gehört. Also wagte ich es kürzlich doch. Und ich wurde positiv überrascht und sah einen überaus gelungenen Film:

1955, Edward Daniels, US Marshal und Kriegsveteran bei der Befreiung Dachaus. Er wird mit einem Kollegen auf Shutter Island beordert, eine abgelegene Insel, auf welcher schwerkriminelle Straftäter in einer Art Irrenanstalt untergebracht sind. Eine Insassin ist auf unerklärliche Weise verschwunden, er soll sie finden. Doch auch private Motive lassen Edward an dem Fall arbeiten: in diesem Gefängnis soll angeblich auch der Mörder seiner Ehefrau untergebracht sein. Immer tiefer gerät er in das Geheimnis der Insel, auf der nichts ist, wie es scheint. Werden hier Menschenversuche durchgeführt? Ist auch er nur eine Figur in einem großen, verworrenen Spiel? Die Grenzen zwischen Traum, Trauma, Wahnsinn und Realität verschwimmen immer mehr, bis hin zum erschreckenden Finale.

Für mich ist der Film ein kleines Meisterwerk, welches ich sogar ein zweites Mal ansehen würde, um ihn das zweite Mal mit neuem Wissen in Hinblick auf einzelne Szenen zu betrachten. Eine kleine Schwäche gibt es, aber die hielt mich nicht davon ab, ihn nonstop zu sehen: alle Zuschauer, die sich von den üblichen Epilepsiewarnungen bei manchen Filmen und Computerspielen angesprochen fühlen, sollten SHUTTER ISLAND nur mit Vorsicht genießen. Stetes Gewitter mit grellen Lichtblitzen (der Film ist ein einziger Regenguss mit Blitzlicht und Sturm), die Blitze zur Verdeutlichung der Migräne Edwards noch verstärkt. Flackerndes Licht an schwankenden Lampenschirmen in düsteren Kellern. Sehr schnelle Bildwechsel und Schnitte (teils mit intensiven Bildern, welche sich tief in die Seele graben: Leichenberge in Dachau, die Erschießung der Kriegsverbrecher, kurze Erinnerungsfetzen aus Feuer, Blut, Leichen). Und ein sehr langer Dialog vor einem offenen Feuer, welches den halben Bildschirm füllt. Sehr atmosphärisch, sehr gelungen, aber ich musste während dieser Zeit den Blick vom Bildschirm abwenden und mir den Film nur anhören. Wer empfindlich auf Flackern reagiert, sollte hier sehr, sehr vorsichtig sein.

Ansonsten wirklich alles top! Im ersten Moment mag man sich wundern, dass eine solch vielgelobte Produktion im Studio arbeitet und teils so billige Effekte mit sich bringt. Der Wellengang passt nicht zur Bewegung des Schiffes. Die Fahrt durch den Wald ist scheinbar ein billiger Bluebox - Effekt, der Regen wird sowas von offensichtlich unecht. Im Nachhinein betrachtet allerdings passt es sehr gut zur Interpretation des Filmes, und ich finde es sehr gelungen, wie die Macher hier gearbeitet haben.

Was die Schauspieler betrifft, muss ich nicht viel sagen. DiCaprio ist normalerweise nicht mein Fall. Den Bubi mag ich nicht, und den erwachsenen Mann hat er für mich noch nie so recht verkörpert. Den gescheiterten, traumatisierten Helden, der jedoch mit aller Gewalt seine Würde zu wahren versucht, den hat er sehr gut verkörpert, er kommt sehr überzeugend sogar bei mir an. Naja, und Sir Ben Kingsley und Max von Sydow gehören zu meinen Favoriten in jeder Hinsicht, und auch hier haben sie wieder perfekt ihre zwielichtigen Rollen gelebt.

Vom Genre her wusste ich nicht, was mich erwartet. Aber schon nach wenigen Minuten ist klar, worauf es hinauslaufen wird: Mindfuck. Oder Psychothriller, Twist Plot, wie auch immer man es nennen mag. Ein Film, bei dem kein Stein der Realität auf dem anderen bleibt und man am Ende sicher sein kann, dass etwas ganz anderes herauskommt, als es auf den ersten Moment wirkte. Früher noch absolut neu, inzwischen seit einigen sehr berühmten Werken bekannt (und immer wieder geliebt) (ähnliche Titel nenne ich nicht, das wäre dann leider ein Spoiler).

Als Fan dieses Genres ahnt man recht bald, was den Zuschauer am Ende erwarten wird. Trotzdem war ich gebannt von der Handlung und fragte mich, wie es dazu kommen würde und was dieses Ende auslösen würde, wie es danach weiterginge und was zuvor wohl geschehen sein mochte. Und, wie gesagt: ein zweites Mal ansehen ist auf jeden Fall lohnenswert, weil man dann einzelne Hinweise genauer betrachten kann und umso mehr die kleinen Tricks und Kniffe der Macher bewundert, sich sagen kann "ach, sooo war das also, deswegen hat er dies gesagt / jenes getan" ...

Knallharte Action wird kaum geboten bis auf wenige Szenen. Gefiel mir, ich finde eine dichte Atmosphäre und eine solide Handlung wichtiger als Schießerei, Verfolgung und lautes Kawumm. Spannung kommt in diesem Fall auch ohne Action auf, allein durch die Bilder, Musik und Dialoge. Insgesamt verläuft der Film eher ruhig und erfordert etwas Geduld, sich in die Handlung einzufinden, aber dann kann man den immer verworreneren Handlungsfäden nicht mehr entkommen, man muss einfach weitersehen.

Falls man ihn nachts sieht, dann besser zu zweit. Unbedingt Licht und Telefon ausschalten und sich ganz diesem dunklen Psychotrip hingeben. Ein Film, den man gesehen haben muss!

SaschaSalamander 15.07.2011, 14.01 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Vater, Mutter, Tod

langer_vmt_1_1.jpgGerade begonnen, habe ich VATER, MUTTER, TOD auch schon beendet. Das Buch lässt dem Leser keine Zeit, es beiseite zu legen, und Zwangspausen führen eindeutig zu Frust. Zeit nehmen und dann wenn möglich von vorne bis hinten durchlesen, sonst endet alles, was man währenddessen tut, mangels Konzentration im Chaos. Das Buch lässt den Leser nicht mehr los!

Die Handlung zu beschreiben fällt schwer, da sie nicht chronologisch erzählt ist und eben genau das die Aufgabe des Lesers ist: sich die Geschichte nach und nach zu erarbeiten.

Der Prolog beginnt damit, wie eine Frau nach Hause kommt und ihrem alkoholisierten, gewalttätigen Ehemann gegenübersteht. Bei der Konfrontation wird der kleine Sohn des Paares getötet.

Was folgt, sind Kapitel mit Überschriften wie "fünf Tage vor der Katharsis", "drei Tage vor der Katharsis", "ein Tag vor der Katharsis; abends". Außerdem gibt es da noch "Jacquelines Berichterstattung", womit ebenfalls sehr viele Kapitel betitel sind. Jedoch erfolgt die Reihenfolge der Tage vor der Katharsis nicht chronologisch, sondern zeitlich unsortiert.

So ergibt es sich, dass man beim Lesen häufiger einmal zurückblättert, weil man glaubt den Zusammenhang zwischen einzelnen Puzzlestücken erkennen zu können, und man möchte sie gerne verbinden. Einige Male hatte ich das Bedürfnis, mir Stift und Zettel zu nehmen und die einzelnen Kapitel zu sortieren, aber dies war wohl nicht im Sinne des Autors, also folgte ich seinem Weg. Es ist anfangs unklar, worauf es hinauslaufen wird und was nun tatsächlich geschieht. Die Protagonistin beschreibt ihre Erlebnisse und muss dann feststellen, dass sie von iherer Erinnerung betrogen wird. So verbringt sie etwa einen Nachmittag mit ihrer Mutter und muss sich dann von ihrem Gatten sagen lassen, dass die Mutter bereits vor zwei Jahren gestorben sei. Sie möchte ihr Büro aufsuchen und kann sich im Fahrstuhl nicht mehr an das Stockwerk erinnern.

Es gibt einzelne Elemente, die sich immer wieder durch das Buch ziehen, etwa ein Buch von drei Bären auf dem Rummelplatz. Eine zerrissene Bluse, ein Schnitt am Bauch. Ein blutiges Messer, ein zerbrochener Teller. Eine rothaarige Frau, die immer wieder auftaucht und Unheil verheißt. Erinnerungen an den Sohn, den Mann, die Arbeit, die Kinderfrau. Es trieb mich beim Lesen fast in den Wahnsinn, die Lösung lag auf der Hand, aber sie entschlüpfte immer wieder. Ah, endlich hatte ich begriffen! Nein, doch nicht, aber erst vor ein paar Seiten hatte ich doch gelesen, dass ... nein, auch nicht, aber könnte es nicht sein, dass vielleicht usw?

Am Ende bin ich durch das Buch gerast. In so schnellem Tempo habe ich schon lange nicht mehr gelesen, insgesamt habe ich vielleicht eine bis eineinhalb Stunden gebraucht (Speedreading machts möglich), auch wenn ich mir die Lesefreude gerne länger erhalten hätte, aber ich konnte nicht anders!

Etwa kurz vor der Hälfte des Buches war mir dann klar, was geschehen war und wie es dazu kam. Aber dennoch wollte ich die Bestätigung dafür haben (und erhielt sie auch). Auch musste ich die näheren Zusammenhänge wissen, denn die konnte man natürlich nicht en detail erahnen, und ich freute mich über jedes Puzzlestück, das ich nach dem Erkennen der Aussage dann zusätzlich dem Gesamtbild hinzufügen konnte.

Ich habe für mich überlegt, ob das Buch an sich mich gereizt hätte, wenn es chronologisch geschrieben gewesen wäre. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich glaube nein. Hätte ich die Geschichte chronologischgelesen, hätte ich sie nett gefunden aber nichts Besonderes. Durch die Erzählweise jedoch wird VATER, MUTTER, TOD zu etwas Besonderem, das man nur selten zu lesen bekommt. Durch die ungewöhnliche Erzählweise entsteht eine ganz eigene Dynamik. Es kommt z.B. nicht darauf an, den Charakteren Tiefe zu geben. Bringt ja auch nichts, weil die Tiefe der Charaktere  (dass man sich hineinversetzen kann etc) nicht vermittelt werden kann ohne den zugehörigen Zusammenhang, der anfangs durch das Nichtchronologische ja fehlt. Für das von ihm gewählte Format hat der Autor die Figuren, die Handlung hervorragend beschrieben. Ich musste zwischendurch an den Film MEMENTO denken, der mit ähnlichen Mitteln (nicht durcheinander, dafür jedoch rückwärts erzählt) ebenso genial Spannung erzeugen konnte.

Hm, jetzt ist das Buch vorbei, schade. Auf jeden Fall ein großartiges Buch, das ich jedem, der spannende Thriller und Mindfuck mag, ab-so-lut ans Herz lege. Dieses Buch wird man nicht so schnell vergessen ...

SaschaSalamander 27.06.2011, 08.53 | (0/0) Kommentare | PL

Die Galerie der Lügen

galerie_1.jpegAls Isau-Fan habe ich inzwischen fast alle Werke gelesen, nur sehr wenige gilt es noch nachzuholen. Diesmal widmete ich meine Zeit der "Galerie der Lügen", die mich auf ihren 630 Seiten gut unterhalten hat. Viel Freude, aber auch ein wenig Kritik möchte ich für diesen Titel loswerden. Aber wie immer, erst einmal der Inhalt:

Alex Daniels ist Journalistin, sie befasst sich vor allem mit Artikeln rund um Darwinismus, Kreationismus, Intelligent Design. Während einer Preisverleihung wird sie von der Polizei festgenommen, denn ihre Fingerabdrücke wurden nach der Zerstörung eines wertvollen Kunstwerkes aufgenommen, sie wurde zweifelsfrei als Täterin identifiziert. Alex erhält Hilfe von einem Fremden, welcher ihr Nachrichten ins Gefängnis zukommen lässt und ihr mitteilt, wie sie ihre Unschuld beweisen kann. Wieder auf freiem Fuß, beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln und "das Gehirn" hinter der Aktion ausfindig zu machen. Es bleibt nicht bei dem ersten Kunstwerk, es werden weitere berühmte Werke gestohlen, und es bleibt Alex nur wenig Zeit, das Rätsel zu lösen, welches sehr stark mit ihrer Lebensgeschichte zusammenhängt. Denn Alex hat ein Geheimnis: sie ist ein "echter", also doppelt zeugungsfähiger Hermaphrodit.

Mein großes, großes Lob an Isau vorab: wie immer gelingt es ihm, ein Werk zu schaffen, das in keine Schublade passt. Wissenschaftsthriller? Krimi? Drama? Scifi? Es ist auch egal, wie man es nennt, Hauptsache es ist gut. Und DAS ist es. Wie immer gelingt es ihm, ein ungewöhnliches, in der Literatur noch nicht verbrauchtes Thema aufzugreifen und eine ganz eigene Welt daraus zu spinnen. Woher nimmt dieser geniale Mann nur stets seine Ideen? Und wie immer kann ich nach dem Genuss eines Isau-Romanes sagen: mal wieder ein Buch, das mich begeistern könnte!

Aber wie bei manchen seiner Werke inzwischen leider auch ein wenig Kritik:

irgendwann fühlt man sich als Leser von den Zitaten vowohl am Kapitelanfang als auch mehrfach ständig mitten im Text erschlagen. Irgendwann kommt es mir nur noch vor wie Phrasendreschen, um den eigenen Inhalt durch die Worte großer Meister aufzupeppen und das Buch scheinbar in die Länge zu ziehen, wenn die Charaktere wieder einmal stundenlang über den Inhalt eines Zitates diskutieren.

Das Fachwissen des Buches erschlägt mich. Ich bin interessiert an Biologie, und gerade Vererbungslehre, Genetik fand ich in der Schule den spannendsten Bereich. Trotzdem fühle ich mich von der Masse an Daten regelrecht überfordert. Er geht sosehr ins Detail, und selbst die angeblich einfachen Erklärungen (die die Fachfrau im Laufe des Romanes dem Laien abgibt) sind teilweise abgehoben und kompliziert, ich habe sehr viele Aspekte des Buches überflogen, weil sie zwar wichtig und interessant sind, die Handlung jedoch auch ohne diesen Part verständlich ist. Mag sein, dass ich mich hiermit als dumm und unreflektiert oute, aber ich bin sicher, dass die wenigsten Leser wirklich die Tiefe dessen, was Isau in diesem Roman geschrieben hat, erfassen können (so sie nicht beruflich auf diesem Gebiet angesiedelt sind) (ich denke gerade an des Kaisers neue Kleider. Wer würde schon zugeben, dass ihm dieser Roman zu kompliziert war?).

Klar kann ich verstehen, dass Isau gerne einbringen möchte, was er alles gelesen und erfahren hat (denn man kann kein Buch schreiben, wenn man nicht die Materie des Inhalts kennt). Und klar kann ich verstehen, dass er auch eine Meinung vertritt. Aber stellenweise wirkt das Buch fast schon so, als wolle er dem Leser etwas aufdrücken, das empfand ich als unangenehm. Zuviel, zu einseitig dargestellt. Das Buch könnte um rund 250 Seiten dünner sein, wenn man diesen Aspekt auf das Wesentliche reduzieren würde.

Was eine Stärke und zugleich Schwäche das Buches ist: die vielenen Themen. Hermaphroditen, Genforschung, Weltkulturerbe, Journalismus, Tiefenpsychologie und mehr. Eine wirklich grandiose Idee und eine sehr komplexe Umsetzung. Andererseits jedoch alles ein bisschen und dann zuviel vom einen (Genforschung und Klonen) und zuwenig vom anderen (Rest). Es bleibt dabei einiges auf der Strecke, zum Beispiel die Entwicklung der Charaktere, welche zwar stattfindet aber doch sehr konstruiert wirkt.

Nun gut, es ist schwer, mit all diesen Zutaten einen perfekten Roman zu schreiben. Isau hat es versucht, und es ist ein sehr gutes Buch dabei herausgekommen. Zwar mit einigen Mängeln, dafür aber sehr viel Unterhaltungswert auf hohem Niveau und jeder Menge Themen, welche für stundenlange Diskussionen im Freundeskreis sorgen werden, sobald man sich über das Buch austauscht. Ich denke, vor allem dazu sollte das Buch auch gedacht sein: um Diskussionen anzuregen, sich bewusst mit dem Thema Genetik auseinanderzusetzen statt blind die eine oder andere Theorie der Schöpfungslehre oder Evolution anzunehmen. Das ist ihm gelungen, und aufgrund seines genialen Ideenreichtums werde ich auch die nächsten Bücher wieder verschlingen. Isau gehört zu meinen Top Favoriten. Er ist ein Autor, dessen Werk ich kaufe, egal was er schreibt, einfach weil es von ihm ist :-)

SaschaSalamander 25.05.2011, 09.54 | (0/0) Kommentare | PL

Verwesung

beckett_verwesung_1.jpgVERWESUNG ist nach >CHEMIE DES TODES<, >KALTE ASCHE< und LEICHENBLÄSSE nun das vierte Buch um den Arzt und forensischen Anthropologen David Hunter. Eigentlich muss ich über die Bücher nichts mehr erzählen, man kann davon ausgehen, dass jeder Krimifan sie entweder bereits gelesen oder zumindest schon von ihnen gehört hat. Die Meinungen gehen natürlich wie üblich auseinander, manche Fans loben alle Bände, manche meinen, das Niveau der Bücher würde absinken. Zu all den unzähligen Meinungen im Web soll sich hier nun also auch meine gesellen ;-)

Jerome Monk, brutaler Serientäter, festgenommen wegen Mordes an drei jungen Frauen. Das Buch beginnt in der Vergangenheit, als der Täter bereits inhaftiert ist und nun von Vollzugsbeamten ins Dartmoor geführt wird. Dort soll er zeigen, wo er die Leichen vergraben hat. Doch es läuft anders als geplant.

Gegenwart, Monk ist aus dem Gefägnis geflohen. Ein Kollege, welcher an den alten Ermittlungen beteiligt war, weist Hunter darauf hin, dass Monk nun beginnen würde, sich an den damals Beteiligten zu rächen, auch Hunter sei in Gefahr. Im Kreis der Ermittler geschieht ein Überfall, ein Mord, und es zeigt sich nach und nach ein unerwartetes Bild, das den damaligen Fall in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Wieder habe ich mich auf Johannes Steck verlassen, der wie auch schon in den vorherigen Vertonungen mit seiner angenehmen Stimme überzeugte. Er nimmt sich zurück, trägt spannend vor ohne zu übertreiben und verleiht einzelnen Figuren eine eigene Dynamik. Die CD wie üblich sehr gelungen.

Das Buch an sich? Hier gehen die Meinungen nun wieder einmal stark auseinander, fast ebenso viele enttäuschte Leser wie auch begeisterte Fans. Meine Meinung dagegen liegt irgendwo dazwischen, ich möchte das Buch nicht in den Himmel loben, aber so wirklich schlecht ist es auch nicht. Nette, durchwachsene Krimikost, die gut unterhält.

Was dieses Buch auf jeden Fall deutlich unterscheidet von den ersten drei Titeln, und was mir sehr gefällt: es geht weniger um Ekelfaktor und grauslige Tatorte, sondern vielmehr um den alten Fall, um die damaligen Ermittler und um den Täter. Nicht wirklich ein psychologischer Krimi, aber zumindest nicht so effekthaschend wie die anderen. Ich vertrage harte Kost, aber mich stört die exponentiell immer ekliger werdende Darstellung in den Romanen, als müssten die Autoren sich gegenseitig überbieten, um sich ja von den anderen als noch lesenswerter, ekliger, brutaler abzuheben. Hierauf hat Beckett diesmal verzichtet, dafür danke ich ihm. Was jedoch nicht heißt, dass Freunde dieses Literaturzweiges hier enttäuscht würden. Dochdoch, es gibt schon eklige Beschreibungen und brutale Morde. Aber sie stehen dieses Mal weniger im Vordergrund.

Die ersten zwei CDs habe ich etwas mit mir gerungen, ob ich nun weiterhören möchte oder nicht. Für meinen Geschmack braucht das Buch diesmal etwas Zeit, um in die Gänge zu kommen. Vor allem, weil ich mir einige Male schon an den Kopf langen musste wegen der Logikbrüche bzw irrationalen Verhaltensweisen. Ich bin weder Mediziner noch Polizist, ich kann nicht mitreden. Aber manchmal wäre ein wenig gesunder Menschenverstand auch nicht zu verachten. Und auf diesen wurde hier vielmals verzichtet. Sowohl Hunter als auch die anwesenden Ermittler, die Psychologin, sie alle verhalten sich schon sehr unvernünftig, übersehen sehr viel, was sogar dem Leser sofort auffällt. Einige Dinge ergeben im Nachhinein einen Sinn (etwa das Verhalten der Psychologin. Manchmal hätte ich sie gerne geschüttelt und gefragt, ob sie von allen guten Geistern verlassen ist, später erklärt sich also der Grund. Was es in meinen Augen jedoch nicht wirklich sinnvoller gemacht hatte).

Später dann, als ich irgendwann resigniert aufgehört hatte, die unlogischen Verhaltensweisen der Ermittler, der Polizei, der Psychologin, des Arztes zu bemängeln, fand ich mich sehr gut in die Geschichte ein, die dann im zweiten Teil des Buches auch recht spannend wurde. Wo Beckett bisher auf eklige Beschreibungen der Leichen setzte, ist es dieses Mal vor allem das schaurige Dartmoor, das für eine Gänsehaut - Atmosphäre sorgt. Zu gerne wäre ich dort, würde es einmal live sehen. Sehr schön beschrieben, diese Szenen gefielen mir sehr. Und auch die Darstellung des Jerome Monk fand ich später dann wesentlich packender.

Das Ende ist typisch für die David Hunter - Reihe: recht konstruiert, sehr dramatisch und gefährlich, ein wenig an den Haaren herbeigezogen, aber immerhin abrundend und zufriedenstellend, sodass der Leser dennoch mit einem guten Gefühl auf den nächsten Band warten kann.

Fazit: für absolute Fans natürlich ein Muss. Ansonsten ist der Roman ein netter Krimi: einfache und spannende Unterhaltung mit gewissen Schwächen, die man dem Autor aber aufgrund seines Erzählstils und der Lebendigkeit der Personen gerne verzeiht. Und ich empfehle auf jeden Fall das Hörbuch, denn die Kürzungen stören nicht wirklich, und der Vortrag ist wie immer hervorragend.

SaschaSalamander 20.04.2011, 08.57 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Still Missing

stevens_missing_1.jpgAnnie ist eine erfolgreiche Maklerin. Eines Tages bei einer Hausbesichtigung wird sie entführt und in eine vorbereitete Hütte gebracht. Schalldicht, keine anderen Menschen in der Umgebung, eine Flucht aussichtslos. Der Täter unterzieht sie einer Art psychischer Folter. Nicht im klassischen Sinne, wie man es aus den Thrillern kennt. Sondern er will ein Kind mit ihr und lebt mit ihr das aus, was er unter Beziehung versteht und haben will, und wenn sie nicht mitmacht, wird er böse. Er hat sehr strenge Regeln und Vorstellungen, die er recht brutal umsetzt. Durch die "weichen" Momente, die er mit ihr verbringt, wird es umso grausamer. Sie kann entfliehen, und die Suche nach dem Täter beginnt.

Auf diesen Titel bin ich gestoßen, weil ich begeistert nach Titeln suchte, die von Laura Maire gesprochen wurden. Dass es auch noch ein aktuelles Buch war, umso angenehmer. Das Buch ist in mancherlei Hinsicht eher ungewöhnlich. Zum Beispiel beginnt es erst im Nachhinein. Es erzählt die Geschichte bis zu einem Punkt rückblickend. Annie erzählt ihrer Therapeutin, was geschah, wie sie sich fühlte, wie es weiterging. Und auch, wie es sich heute auf sie auswirkt, von welchen Ängsten sie geplagt wird und wie sich dies im Alltag zeigt. Ab dem Punkt der Flucht (etwas nach zwei Dritteln des Buches) sind wir dann in der Gegenwart, die Suche nach dem "Warum" und "was steckte dahinter" beginnt.

Wer einen klassischen Thriller erwartet, sollte vorgewarnt sein. Das Buch ist "anders". Wie in der Inhaltsangabe beschrieben: es geht nicht um die klassische Folter, um Deprivation, Schläge, Qualen, Blut, Gewalt. Es ist subtiler. Ohne vorwegzugreifen soviel: was er ihr als "Beziehung" abverlangt, ist schrecklich, traumatisch. Aber es kommt eben nicht so brutal daher wie die typischen Romane. Daher kann es sein, dass manch einer, der eher auf derbe Kost steht (Reichs, Gerritsen, Hayder, Fadyen und Co), sich hier langweilt.

Die blutigen, brutalen Sachen lassen mich kalt, das ist ein Buch. Dieses hier dagegen hat mich sogar in einen meiner Träume verfolgt. Ich hatte keine Angst, konnte problemlos schlafen. Doch die Thematik dahinter hat mich dann doch sehr bewegt und nicht losgelassen.

Das Ende fand ich ungewöhnlich aber realistisch. Man könnte sagen, dass es sowas nicht gibt, und es war auch schon recht seltsam, zugegeben. Aber ich halte es für durchaus realistisch, doch. Und auch, wenn ich nicht damit gerechnet hatte, dass es so enden würde, hatte ich es sogar irgendwie gehofft. Also insgesamt sehr, sehr stimmig.

Laura Maire, dazu muss ich nichts mehr sagen. Grandios. Sie ist einfach klasse. Sie ist für mich DIE weibliche Stimme. Zwar ein wenig unangenehm im Ohr, wenn sie ZU emotional wird, aber gut, es passt jeweils perfekt zur Situation, daher ist es okay. Kommt nicht allzu oft vor. Aber was ich an ihr so großartig finde ist etwas, das ich sonst nur bei Männern kenne: sie verleiht den einzelnen Charakteren eine Persönlichkeit, eine eigene Sprache. Aus dem Zusammenhang gerissen könnte ich anhand eines Satzes erkennen, wer da nun spricht. Mann, Frau, Kind, Wut, Trauer, Beschwichtigung, Panik und so weiter. Männliche Pendants fallen mir da nur Rufus Beck und Stefan Kaminski ein.

Ich gebe zu, dass ich anfangs etwas gebraucht habe. Das Buch entwickelt sich - für meinen Geschmack - eher langsam. Es ist ein subtiles Buch, das den Leser nicht überfällt mit Action und Brutalität. Sondern es führt an die Situation hin. Auch, nachdem sie entführt wurde, erkennt man erst nach und nach, was der Täter geplant hat, worauf es hinauslaufen wird und warum es für Annie so schrecklich ist. Da ich keine Rezensionen gelesen hatte und absolut nicht wusste, worauf ich mich einließ, fragte ich mich während der ersten beiden CDs doch, ob da nun noch Spannung reinkäme und wie es weitergehen würde, wo der rote Faden sei. Anfangs habe ich eigentlich nur gehört, weil ich neugierig war, wie sie ihm entkommen würde, dachte auch, dass dies wohl das Ziel des Buches sei. Umso erfreuter, dass es sich dann ganz anders entwickelte.

Ja, ein sehr ungewöhnliches Buch. Aber ich kann es absolut empfehlen. Allerdings muss man sich ein wenig Zeit dafür nehmen und sollte dem Inhalt Zeit geben, sich zu entwickeln ...

SaschaSalamander 04.04.2011, 09.15 | (0/0) Kommentare | PL

Erebos

Nick erlebt in seiner Schule etwas Seltsames: Jugendliche ziehen sich immer mehr zurück, sind häufig krank, meiden den Kontakt, verhalten sich seltsam. Alles scheint mit einer CD zusammenzuhängen, die unter der Hand weitergereicht wird. Als Nick diese CD nun auch angeboten wird, stimmt er sofort zu, er will unbedingt wissen, was dahinter steckt. Hinter dem seltsamen Verhalten steckt ein Computerspiel, das nun auch Nick immer mehr in seinen Bann zieht. Anfangs vermeintlich ein einfaches Fantasy-Adventure zeigt sich recht bald, dass das Spiel in die Realität eingreift. Es kennt Nicks realen Namen, seine Interessen, sein soziales Umfeld, und Nick erhält wunderbare Geschenke, die er sich real wünscht. Für diese Geschenke und um in dem Spiel ein Level aufzusteigen, muss er Aufgaben in der Realität erfüllen, etwa einen Gegenstand von einem versteckten Ort finden und an einem anderen Ort lagern. Es scheint spannend und geheimnisvoll, zumindest so lange, bis Nick einen Auftrag erhält, der ethisch nicht vertretbar ist. Das Spiel scheint böse zu sein, aber wie soll er aussteigen? Das Spiel kennt ihn, und er schwebt in großer Gefahr, denn so gut es seinen Freunden gesonnen ist, so böse ist es zu seinen Gegnern ...

Die Handlung ist nicht neu, ob nun von Hohlbein oder Isau, ob als Film BRAINDEAD oder STAY ALIVE oder andere Titel, der Übergriff von Computerspielen in die Realität oder umgekehrt ist nicht neu, auch habe ich schon häufig Kurzgeschichten, Comics oder Miniepisoden im TV hierzu gesehen. Aber wie üblich: wichtig ist nicht, WAS man schreibt, sondern WIE. Und das WIE ist der Autorin wirklich hervorragend gelungen! Eine weitere Parallele fiel mir während des Lesens mehrfach auf, die jedoch absolut nichts mit Computerspielen zu tun hat: NEEDFUL THINGS von Stephen King. Erhalte einen Gegenstand, den Du Dir schon lange wünscht. Und tue dafür etwas völlig Harmloses, nur eine Kleinigkeit, frage nicht, tu es einfach, und schon ist ein Kleinkrieg im Gange, den zu überblicken nur der Meister vermag, welcher die Fäden in der Hand hält und die Mitspieler mit ihren Bedürfnissen, Gewohnheiten und Ängsten kennt. NEEDFUL THINGS war inhaltlich mein King-Favorit bisher, und so fand ich diese Idee in neuartiger Umsetzung natürlich klasse ...

Der Roman ist ein Jugendthriller, für Erwachsene ist der Begriff "Thriller" wohl zu hoch angesetzt, aber dennoch äußerst spannend zu lesen. Es stellen sich ethische Fragen, die der jugendlichen Zielgruppe gerecht umgesetzt wurden, der Schreibstil ist flüssig und mitreißend, nur widerwillig unterbrach ich das Buch und konnte es nicht erwarten, endlich weiterzuhören. Sehr schön wird in EREBOS dargestellt, wie rasant man einem Onlinespiel verfallen kann, worin die Reize liegen und was so faszinierend an diesen Spielen ist. Wer WoW und Konsorten kennt, wird in diesem Buch einige Male wissend grinsen, wer nicht firm ist mit diesem Thema, wird die Handlung dennoch problemlos verstehen und einen interessanten Einblick in diese ganz eigene Welt erhalten.

Im Hörbuch (übrigens super vorgetragen von Jens Wawrczeck, dem zweiten Detektiv Peter Shaw aus den drei Fragezeichen. Allein sein Vortrag war das Hören des Buches wert) habe ich manchmal den Eindruck gehabt, dass ein paar Szenen fehlen, in denen Nick tiefer in das Spiel eintaucht. Zu abgehackt wirken manche Szenenwechsel, und den Levelaufstieg hätte man auch etwas klarer ausbauen können. Da ich in anderen Rezensionen las, dass die Onlinewelt für manche Geschmäcker zu langatmig beschrieben wird und die Realität zu kurz kam, gehe ich davon aus, dass wohl tatsächlich hier gekürzt wurde. Was der Handlung und dem Inhalt jedoch keinen Abbruch tut.

Schön finde ich auch, dass Nick nicht wirklich der strahlende Held ist, sondern er hat seine Schwächen und vor allem einige Fehler. Er wird im Laufe des Buches stellenweise sogar richtig unsympathisch, und man stellt sich als Leser die Frage, wie weit er nun gehen wird, um von einem Level ins nächste zu rauschen und dabei immer mehr den Kontakt zu seiner Umwelt und vor allem seinen Sinn für Moral und Freunschaft zu verlieren.

Spannend finde ich im Verlaufe der Handlung auch die Frage, ob das Buch in den Fantasy-Bereich abdriften wird (das wäre eine viel zu einfache Lösung, und ich hoffte, dass es nicht passieren würde) oder ob es eine realistische Erklärung für das Spiel gäbe (was ich mir wünschte, was aber kaum umsetzbar wäre, da eine solche Technologie nicht umsetzbar ist und ein solches Spiel ein Ding der Unmöglichkeit). Ich hatte ein enttäuschendes Ende erwartet, denn für manche Dinge gibt es keine Lösung. Umso überraschter und erfreuter war ich, dass das Ende wirklich gut gedacht ist und dem Buch absolut gerecht wird. Hundertprozentig kann man solche Dinge nicht klären, im Rahmen des Möglichen hat die Autorin aber alle Möglichkeiten ausgeschöpft und das Buch so gekonnt enden lassen, wie die Story es von Beginn an versprach.

Jugendlichen kann ich das Buch absolut empfehlen, ob nun Spielefans oder nicht. Es ist eine Geschichte um Freundschaft, Moral und die Frage, was man bereit ist zu tun. Jeder Leser wird sich fragen, wie er wohl an Nicks Stelle gehandelt hätte und mit welchen Mitteln man ihn selbst zu solchen Taten hätte bringen können. Und Erwachsene werden ihre Freude daran haben, wenn sie sich gerne spannend unterhalten lassen, dabei aber über jugendliche Sprache und Verhaltensmuster hinwegsehen.

Für mich selbst war EREBOS auf jeden Fall ein Gewinn, und unter all den Büchern rund um dieses Thema für mich bisher eines der besten :-)

SaschaSalamander 23.03.2011, 16.04 | (0/0) Kommentare | PL

Erbarmen

adler_olsen_erbarmen_1.jpgUnd noch ein Titel, der mich frustrierte. Gut, dass ich es als Hörbuch hatte, denn die Sprecher machen ihre Sache prima, und ich lauschte gerne.

Aber auch hier keine Rezi, weil ich irgendwie nicht warm wurde mit dem Buch. Aus den gleichen Gründen wie bei KALTE STILLE zuvor. Ich kann mit den Charakteren nichts anfangen, sind einfach nicht mein Ding (was in diesem Fall nicht heißt, dass sie platt oder schlecht dargestellt wären. Im Gegenteil, die Charaktere machen einen sehr wichtigen Teil dieses Romanes aus, und Adler-Olsen ist wirklich gut darin. Außerdem, der Assistent ist auf seine Weise schon sehr genial, er könnte ein Grund sein, warum ich die Fortsetzung doch noch mal in Angriff nehme).

Entweder, ich sollte aufhören, Krimis zu lesen und dringend das Genre wechseln, weil ich schon zuviele kenne. Oder ich habe einfach ein paar lichte Momente (der Urlaub entstaubt mein Gehirn?). Von der ersten Erwähnung an (die zu Meretes Entführung führte) wusste ich, warum und von wem sie entführt werden würde. Umso mehr nervte es mich, wenn die Ermittler dann zwar einen Haufen Fragen stellten aber genau DIE Fragen, die wichtig waren, weg ließen, immer haarscharf dran vorbeigeschrammt. (Das Motiv erschien mir allerdings sowas von an den Haaren herbeigezogen, dass ich dachte, ich müsse mich täuschen, es könne nicht deswegen sein. Aber gut, ein Psychopath muss nicht immer nachvollziehbare Gründe haben, sonst wäre er ja kein Psycho)

Bei Adler-Olsen schiebe ich das "nicht mit dem Buch warm werden" mal auf die Gegend. Ich kann es mir nicht erklären. Aber ich kann mit den skandinavischen Sachen nicht wirklich etwas anfangen. Gut, Stieg Larsson war okay für mich (nicht so toll, wie er immer gelobt wird, aber ganz nett), und Leetholainen fand ich auch ansprechend. Aber ansonsten habe ich schon so viele Titel probiert, ich komme damit nicht klar. Vielleicht ist es der Schreibstil, vielleicht die Mentalität, ich habe keine Ahnung. Ist einfach nicht mein Ding.

Nun gut, immerhin. Ich habe ihn gelesen, ich verstehe, was andere Leser daran reizt. Und ich füge der Liste der Empfehlungen ein weiteres Buch an a la "wenn Dir XY gefiel, wirst Du bestimmt auch dieses hier mögen". Ist mir ja wichtig. Ich will nicht die Bücher vermitteln, die mir gefallen. Sondern ich will den Lesern DAS empfehlen, was genau für sie richtig ist, auch wenn es ein Titel ist, der mir selbst nicht zusagt. Und wenn mir jemand diese und jene Merkmale nennt und fragt, ob ich ein solches Buch kenne, werde ich auch von Herzen gerne Adler-Olsen empfehlen ;-)

SaschaSalamander 03.03.2011, 15.39 | (3/3) Kommentare (RSS) | PL

Der Trakt

strobel_trakt.jpgInzwischen habe ich den TRAKT also beendet. Ich war während des Lesens absolut begeistert. Einen langen Nachgeschmack habe ich nicht behalten, das Buch ist schnell wieder verblasst (für mich immer ein wichtiges Kriterium, und bei manchen Büchern warte ich gerne noch ein paar Tage, bis ich darüber schreibe).

Sibylle Aurich ist nachts im Park unterwegs, als man ihren Sohn Lukas kidnappt. Sie selbst verfällt daraufhin ins Koma und erwacht nach zwei Monaten. Der Arzt erklärt ihr, dass sie kein Kind hat, es muss wohl eine Einbildung sein. Sie flieht aus dem Krankenhaus und macht sich auf den Weg zu ihrem Ehemann. Der weist sie ab und ruft die Polizei, denn Sibylle weiß alles, was nur seine Frau wissen kann. Aber sie sieht anders aus. Und außerdem hatten sie niemals einen Sohn!

Eine wilde Jagd beginnt, bei der Sibylle Unterstützung von der resoluten älteren Dame Rosie bekommt. Auch ein Mann stellt sich ihr zur Seite, der ihr erzählt, dass sie Rosie auf keinen Fall vertrauen dürfe. Wem kann Sibylle überhaupt noch trauen? Jagd die Polizei sie, oder lässt die Polizei sie aus unerfindlichen Gründen absichtlich entkommen? Will Rosie ihr helfen, oder ist Rosie eine Komplizin von "denen", die Sibylle dies angetan haben, was immer "das" sein mag? Wer ist dieser fremde Mann, der ihr angeblich helfen will? Warum erkennen nicht einmal ihr Mann und ihre beste Freundin sie? Was ist mit Lukas?

Meine Erwartung an das Hörbuch war absolut simpel: Unterhaltung. Und die habe ich bekommen. Auf der ganzen Linie und absolut. Ganz grandiose Unterhaltung.

Mehr habe ich vorerst nicht erwartet, denn bei einem solchen Thema ist immer klar, dass es die perfekte Lösung eigentlich nicht gibt. Sie ist mir noch nicht begegnet, und ich selbst wüsste auch keine Antwort. Entweder, es entpuppt sich als Traum (einfallslos), oder es waren Aliens im Spiel (schlimmste Variante ever). Manchmal wird ein absolut hanebüchenes Ende an den Haaren herbeigezogen (unglaubwürdig). Ein andermal war es eine Verschwörung, meist medizinischer Art (sehr abgehoben, da diese Form von Medizin in der Regel noch nicht realistisch ist, es jedoch ein realistischer Roman sein soll). Oder es entpuppt sich als ein Problem verschiedener Persönlichkeiten in einer Person (einfachste Lösung, am nachvollziehbarsten, inzwischen aber schon zu häufig von Autoren angewendet).

Hier wurde eine Lösung gefunden, mit der ich mich anfreunden konnte, auch wenn es doch recht überzogen war. Aber gut, wie gesagt, eine perfekte Lösung für diese Art Roman und Problem gibt es eben nicht, und Strobel hat sich wacker geschlagen. Einziges Manko: warum müssen die Bösen ihren Plan immer so endlos lange erklären? *seufz*, das weiß doch jedes Kindergartenkind, dass das immer zur Ergreifung des Täters führt! Und als literarisches Stilmittel halte ich es für ungeeignet, da es zu offensichtlich ist, dass der Autor dem Leser hiermit also erklären will, was auf den hunderten seiten davor nun geschehen ist.

Die Charaktere im Buch waren nett. Mehr nicht. Eben nett. Ich habe weniger mit den Figuren mitgefiebert, sondern eher mit der Handlung, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es ausging. Deswegen konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Absolut spannend geschrieben. Wo andere Schreiberlinge stückchenweise irgendwelche Situationen aneinanderreihen, erkennt man hier sehr klar, dass der Autor den Leser nach und nach immer näher an die Lösung heranführt, bis dieser selbst die Antwort kennt und sich dann bestätigt zurücklehnen kann. Strobel hatte ein Konzept und hat danach das Buch aufgebaut, was mir gerade bei diesem Genre sehr gefällt, da es wohl viel zu selten praktiziert wird bisher. Die Charaktere bleiben dabei leider ein wenig auf der Strecke, aber das macht nichts. Ich war absolut zufrieden, habe das Hörbuch begeistert verschlungen!

Das perfekte Mindfuck-Buch habe ich leider noch nicht gefunden für mich, ich suche noch. Aber Strobel hat bereits super Ansätze geliefert, er kommt dicht ran. DER TRAKT ist ein klasse Buch, und wer dieses Genre liebt, kommt nicht daran vorbei :-)

SaschaSalamander 18.02.2011, 11.03 | (0/0) Kommentare | PL

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