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Blogeinträge (themensortiert)
Thema: Rezensionen Hörbuch
Mein böses Herz

Doro zieht mit ihrer Mutter in einen neuen Ort. Dort erhält sie auch gleich ihre ersten Therapiesitzungen bei einem neuen Psychiater, denn seit dem Tod ihres kleinen Bruders leidet sie unter Halluzinationen. Eigentlich dachte sie, sie hätte alles im Griff, es würde besser. Doch statt dessen nun kommen neue Halluzinationen hinzu. Oder sind es gar keine Wahnvorstellungen, geschehen die seltsamen Dinge wirklich? Die Polizei, ihr Therapeut, ja sogar die Mutter halten sie für krank, doch Doro weiß, was sie gesehen hat ...
MEIN BÖSES HERZ gefiel mir ehrlich gesagt sogar besser als die Erwachsenenromane des Autors. Er hat sich gut in das junge Mädchen hineinversetzt, ihre Ängste und Probleme geschildert. Auch lernt Doro zwei Jungen kennen, verliebt sich in einen davon (der bereits vergeben ist) und freundet sich mit dem anderen an. Zum Glück hat er keine Romanze eingebaut sondern das Thema einfach laufenlassen, Doros Gefühle kommen beim Leser an, doch dankenswerterweise verzichtet Dorn auf jegliche romantisch-kitschigen Superlative. Doro ist eine toughe Heldin, die mir sehr gut gefällt.
Der Thrilleranteil ist für Jugendliche genau richtig. Doro hat recht unheimliche Halluzinationen, und die Erinnerung an ihren toten Bruder und sein verzerrtes Gesicht holen sie immer wieder ein. Obwohl ihre Unschuld bewiesen ist, kann sie sich nicht an die Nacht vor dem Tod erinnern und gibt sich Schuldgefühle, nach und nach wird das Bild klarer und erschreckender. Auch das unheimliche Geschen, das Doro gesehen hat (?), sorgt für Spannung, während das Mädchen auf eigene Faust ermittelt. Trotzdem ist alles in einem Ton geschrieben, den ich für Jugendliche angemessen halte, es gibt weder sinnlose Gewalt noch unnötige Grausamkeiten, dafür jede Menge atemlose Spannung und unheimliche Momente.
Schnell wird klar, dass man niemandem trauen darf. Doro verliert sich zwischen Wahn und Wirklichkeit, und auch der Leser erhält keine Aussage darüber, was tatsächlich real ist. Nun gut, es ist ein Thriller, irgendetwas geht also tatsächlich vor sich, doch wie hängen die einzelnen Geschehen zusammen?
Das Ende kam mir etwas zu abrupt, nicht bezogen auf Länge und Handlungsaufbau, sondern im Hinblick auf die Lösung. Es schien mir "hervorgezaubert", sodass auch andere Personen hätten involviert sein können ohne dass man das Buch dafür hätte abändern müssen. Diese Art Überraschung / Auflösung mag ich nicht, denn sie weckt bei mir das Gefühl, dass der Autor sich während des Schreibens gerne ein paar Optionen für das Ende offen lassen wollte, zudem stellt sich die Frage, welchen Zweck die Handlung vor der Auflösung verfolgte. Ich bevorzuge straffere Plots mit kleinen Hinweisen, bei denen man am Ende weiß "es lag doch auf der Hand". Da ich allerdings das gekürzte Hörbuch vorliegen hatte statt den Roman, kann ich nicht sagen, ob es im Roman ähnlich spontan ist (allerding glaube ich nicht, dass man für die Auflösung relevante Elemente kürzen würde).
Das Hörbuch selbst - da gibt es nicht viel zu sagen außer: Laura Maire. Meine persönliche Nummer 1 unter den Sprecherinnen. Sie hat eine ausdrucksstarke Stimme, mit der sie das Hörbuch jedes Mal zu einem besonderen Erlebnis macht. Freude, Verliebtsein, Begeisterung, Trauer, Verzweiflung, Angst, Panik, sie ist unglaublich wandelbar. Es gelingt ihr, sogar kleine Nuancen noch punktgenau herauszuarbeiten und den Charakteren dadurch nicht nur Leben, sondern sogar eine Persönlichkeit zu verleihen. Mein Lob und meine Anerkennung für diese Leistung :-)
Abschließend kann ich nur sagen, dass MEIN BÖSES HERZ ein spannender Jugendthriller ist. Trotz des eher enttäuschenden Endes habe ich die Zeit mit Doro sehr genossen und freue mich bereits auf den nächsten Roman des Autors, welches Genre und welche Zielgruppe auch immer.
8 von 10 Stoffhasen
SaschaSalamander 21.06.2012, 11.14 | (0/0) Kommentare | PL
Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

"Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers", dieser Titel klang mal absolut interessant. Schnitzeljagd ist nämlich klasse. Mal sehen, worum es in diesem Buch geht ... und jau, es ging tatsächlich um die moderne Form der Schnitzeljagd, nämlich das Geocaching (sprich: Geokäsching). Und noch dazu von einem der Comedians, die ich recht gerne sehe, nämlich Bernhard Hoecker.
Mit viel Witz und Ironie beschreibt Hoecker die Freuden und Leiden des Cachens. Es ist kein Roman, es ist kein Fachbuch, es ist einfach eine Art Auflistung einzelner Punkte dieses Themas in eine recht grobe Form, um dann zwanglos und frei von der Leber weg darüber zu philosophieren, was es für die Cacher so interessant macht, mit einem kleinen Gerät durch die Pampa zu tigern, ein winziges Döslein zu finden und dann sich zu freuen wie Bolle, dass man im Internet wieder einen weiteren Log verzeichnen kann. Es werden viele Begriffe erklärt, etwa Log, Multicache, Travelbug, Coins, Nightcache, Muggel und mehr. Und immer wieder folgt eine Anekdote auf die nächste.
Das Hörbuch ist vorgetragen vom Autor himself, was mich sehr freut. Er hat eine recht klasse Art zu erzählen. Schnell, hektisch, aber mit ruhiger, leiser Stimme. Ich finde ihn trotz oder gerade wegen seines vielen Wuselns, Abschweifens und Übertreibens einfach klasse. Er nimmt sich selbst sehr gerne dabei auf die Schippe und zeigt dem Leser überdeutlich, wie das Kind im Manne aussieht, wenn es mal geweckt wurde und nun nach Action verlangt. Ich sehe richtig das spitzbübische Lächeln in seinem Gesicht, wenn er beschreibt, wie er den Schatz gefunden hat und dann natürlich seine Frau oder Tobi (seinen Kumpel und Techniker, den er mal irgendwo unter einer Brücke aufgegabelt hat, verlaust, ausgesetzt und völlig verwahrlost) erst einmal suchen lässt, bis diese ihn finden und er ihnen großzügig eröffnen kann, wie schwer das Versteck war und dass ER das NIE gefunden hätte. Und natürlich zwischendrin einmal Tobis Zwischenwort (statt Vorwort), der es natürlich genau umgekehrt erzählt und beschreibt, wie er es seinen Freund zuerst finden lässt und dann dessen überschwängliche Freude und so weiter. Eben wie die Kinder im Sandkasten, verspielt, witzig, rotzfrech und ständig abgelenkt vom nächsten Abenteuer.
Ich kann mir vorstellen, dass manchen die dauerhaften Übertreibungen und die hastige Stimme zuviel werden. Und auch, wer wirklich eine fachliche Anleitung fürs Cachen sucht, sollte lieber im Internet ein paar FAQs lesen statt dieses recht ausführliche Werk mit all seinen spannenden aber nicht hilfreichen Ausschmückungen zu lesen. Hoecker macht eben schon zu Beginn klar: wenn er beginnt, von seinem Hobby zu erzählen, dann ergreifen alle, die ihn kennen, die Flucht. Und wer es nicht rechtzeitig schafft, dem zu entfliehen, dem drohen Gehirnwäsche, blutige Ohren und ein schauriger Wahnsinn, sobald er in Zukunft nur das Wort "Geocaching" hört.
Das heißt, dieses Buch oder Hörbuch sollte wirklich nur hören, wer einerseits begeistert vom Geocachen ist oder andererseits Hoeckers eher ungewöhnlichen hintergründigen Humor (sehr gut versteckt hinter all den platten Sprüchen und tumben Albereien ist er tatsächlich zu finden! Zumindest, wenn man sich nicht von den vordergründigen Übertreibungen ablenken lässt) mag. Und wer wie ich beides liebt, für den ist es ein absolutes MUSS, und der wird von "Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers" in jeder Hinsicht begeistert sein!
SaschaSalamander 01.06.2012, 11.51 | (0/0) Kommentare | PL
Timmy kennt den Weihnachtsmann

TIMMY KENNT DEN WEIHNACHTSMANN ist eine Sammlung von vier Kurzgeschichten. Die titelgebende Geschichte ist die erste und längste. Sie erzählt von einem Jungen, der an Weihnachten leider nicht das gewünschte Geschenk unter dem Baum hatte. Doch er erkennt den Mann hinter der Verkleidung und zieht seine eigenen Schlüsse, wie er dafür sorgen kann, dass es nächstes Jahr ganz gewiss das heißt ersehnte Holzpferdchen für ihn gibt.
POST AUS DEN WEIHNACHTSMANNS TINTENFASS ist der Brief eines jungen Mannes, der bislang in einer Fabrik arbeitete, die im Auftrag ihrer Kunden die Weihnachtspost erledigte. Doch nun zieht er Bilanz und ist betrübt über die Entwicklung der Gesellschaft.
KNECHT RUPRECHT PACKT AUS und erzählt, warum Trolle heute als bösartige Wesen gelten und was der Weihnachtsmann damit zu tun hat.
DUNKLE GESCHÄFTE führen einen seltsamen Mann auf das Schiff des gefürchteten Piraten De La Torture. Was will er von diesem Halunken, das ihm kein anderer bieten könnte?
Was mich besonders beeindruckt ist die Wandlungsfähigkeit, mit der der Autor seine Geschichten verfasst. Er ist ein Chamäleon, das sich sprachlich und stilistisch ganz auf den Inhalt einlässt. Besonders auf dieser CD wird dies deutlich. Ein Trollmärchen, eine viktorianisch angehauchte Weihnachtsgeschichte, düstere Piraten, eine fiktive Dienstleistungsfirma. Vier komplett unterschiedliche Settings, vier komplett unterschiedliche Herangehensweisen. Mal schreibt er trocken und sachlich, mal bildgewaltig und derb, ein andermal lyrisch und wortreich.
TIMMY als titelgebende Geschichte nimmt den größten Raum ein und ist auch diejenige, welche wohl allen Hörern am besten gefallen dürfte. Vor den Augen des Lesers baut sich die Kulisse des alten England auf, wie es Dickens in seinen Büchern so anschaulich darstellte. Der kleine TIMMY heißt nicht umsonst Timmy, sondern dürfte wohl eine Hommage an eine der Figuren aus A CHRISTMAS CAROL sein. Der Widerspruch der fast schon märchenhaften Sprache und Kulisse gegenüber der makaberen Aussage der Geschichte ist Christian von Aster hervorragend gelungen. Ein Kunstgriff, durch den die Grausamkeit des kindlichen Vorgehens umso drastischer zur Geltung kommt. TIMMY und seine Freunde wollen nichts Böses, sie möchten nur dem Weihnachtsmann helfen. Dafür müssen sie allerdings knallharte Berechnungen anstellen, Menschenleben wird ein Mittel zum Zweck. Eine wunderschöne Parabel dafür, wie das Gewinnstreben und die Gier nach Mehr die Menschen dazu bringt, über Leichen zu gehen. Verpackt in rabenschwarze Satire, bei der das Lachen manche Male im Hals steckenbleibt.
Auch die anderen Geschichten triefen vor bitterbösem Humor. Die Aussage hinter Von Asters Geschichten ist subtil zwischen den Zeilen verborgen. Man kann die CD hören, ohne sich groß Gedanken zu machen, sich einfach an den Scherzen erfreuen und laut dabei lachen. Man kann sich aber auch die Zeit nehmen, hinter die Worte zu lauschen. Dann machen sie besonders viel Spaß.
Christian von Aster liest die Geschichen mit angenehmer Stimme selbst ein. Und seine Wandlungsfähigkeit zeigt sich auch hier: ich lernte ihn kennen durch die CD >MITTERNACHTSRABEN<, wo seine Stimme, seine Intonation gänzlich anders wirkt als hier bei TIMMY. Angepasst an die jeweilige Situation und Geschichte, nimmt er sich selbst zurück und lässt die Worte für sich wirken.
Diese Kurzgeschichtensammlung ist besonders geeignet für Gegner des kunterbunten Weihnachtsfestes. Denn hier wird das Fest entmystifiziert: der Weihnachtsmann stiftet aus Eigennutz andere zu Bösem an, kleine Kinder setzen die kapitalistischen Gedanken der Erwachsenen auf ihre eigenen Weise um. Und am Ende erfährt man gar, was ruchlose Piraten mit dem Weihnachtsmann gemeinsam haben. Eine Geheimtip für alle, die das Weihnachtsfest nicht ganz so ernst nehmen :-)
SaschaSalamander 15.05.2012, 09.09 | (0/0) Kommentare | PL
Ausgefressen

Soviel kurz und knapp zur Geschichte. Und es fällt mir schwer, eine lange, ausführliche Rezension zu schreiben. Inzwischen allerdings haben sich schon sehr viele Beiträge im Netz angefunden, sodass es wohl genügt, wenn ich nur ein paar Worte darüber verliere, was mir beim Lesen durch den Kopf ging. Mein erster Eindruck, als ich die Leseprobe ansah: dialoglastig, anstrengend zu lesen, viel zu albern.
Neugierig auf die Story war ich trotzdem, und jetzt habe ich das Hörbuch genießen dürfen. Die erste halbe CD habe ich immer wieder mit mir gehadert: "das ist bescheuert, sowas hör ich nicht. Ich würde niemals zugeben, solch ein albernes Zeug gehört zu haben. Aber irgendwie ist es witzig. Ne, bescheuert. Ich will aber wissen, wie es weitergeht. Erdmännchen, die sich an den Eiern kratzen und ein Smartphone haben wollen, gehts noch dämlicher? Christoph Maria Herbst ist aber so klasse, dass ich trotzdem hören will! Ich will nicht! Ich will!" Und so habe ich vor mich hingequengelt, weil ich nicht weiterhören wollte, und weil ich trotzdem nicht aufhören wollte.
Zum Glück habe ich mich entschlossen, weiterzuhören. Es ist wirklich ein sehr ungewöhnliches Buch. Und ich denke, gelesen hätte ich es vermutlich nicht. Dazu wären mir die hektischen Dialoge wohl wirklich zu anstrengend gewesen. Gelesen von Christoph Maria Herbst (Stromberg) allerdings war es absolut hörenswert. Ich hätte nie gedacht, WIE wandlungsfähig er mit seiner Stimme ist. Ob nun eine Jazz singende Chinchilla-Lady, eine kichernde Erdmännchen-Sexbombe, ein majestätischer Seeadler, ein besoffener Detektiv, eine Berliner Kioskverkäuferin, ein technikbegeisterter Erdmann-Nerd, ein vermutlich italienischer Chinchilla Loverboy, eine verliebte Hyäne, eine fette Nilpferd-Dame, ein undersexter Elefantenbulle, eine Horde hirnloser Pinguine, es klingt alles überzeugend und hat eine ganz eigene Stimme, ich stand stellenweise mit heruntergeklapptem Kiefer da und konnte nicht fassen, was ich hörte. Herbst liest nicht nur, er spielt seine Rollen wie ein Schauspieler, ich meinte regelrecht einen Film vor mir zu sehen.
Um AUSGEFRESSEN zu mögen, muss man zugegeben schon auf reichlich abgefahrene Sachen stehen. Die Rollenbeschreibung im Absatz drüber zeigt ja bereits auf, was den Leser erwartet. Dazu kommen Erdmännchenkämpfe unter Tage mit Taser und Handgranate. Erdmännchen, die zu den Black Eyed Peas abrocken und singen, Skunks als DJ und Ratten als Kellner, Mafiosi-Gorillas und derlei schräge Elemente mehr. Nein, realistisch ist das absolut nicht. Aber das ist egal. Es ist einfach lustig, und mehr soll es auch nicht sein.
Ich habe mich hervorragend amüsiert, einige Male laut aufgelacht. Was mir besonders gefiel waren die schönen Metaphern. Grade bei Stimmen ist der Autor sehr erfinderisch: "Seine Stimme packte mich im Kragen und schleifte mich über den kalten Fußboden" oder "mit seiner Stimme hätte man eine Buttercremetorte bestreichen können". Sehr bildlich und witzig. Zugegeben auf Dauer sehr anstrengend, ich könnte keinesfalls mehrere Bücher hintereinander lesen, und ich habe auch die CDs mehrfach unterbrochen und dazwischen andere Genres gelesen. Vier CDs am Stück in diesem Stil wäre ein Overkill. Aber da die Handlung sowieso eher Nebensache ist und man nichts verpasst, wenn man mal eine kleine Pause macht, ist das nicht schlimm.
Insgesamt: Empfehlung, um ohne groß zu denken einfach mal ein wenig albern zu lachen. Das braucht man manchmal. Denn das Leben ist ernst genug. Und genau in solchen ernsten, grauen Momenten braucht man einfach ein durchgeknalltes Erdmännchen. Und bitte - vergesst das Buch, holt Euch das Hörbuch ;-)
SaschaSalamander 07.05.2012, 08.14 | (0/0) Kommentare | PL
Dracula

Nein, den Inhalt dieses Buches muss ich nicht widergeben. Bram Stokers DRACULA ist ein Klassiker. Es mag nicht der erste Vampirroman sein, aber er setzte Maßstäbe, an ihn denkt man, wenn man das Wort VAMPIR hört. DRACULA kennt man, meine Generation spätestens seit der Verfilmung durch Coppola 1992 mit Gary Oldman und Sir Anthony Hopkins. Wer trotzdem gerne lesen möchte, worum es in diesem Roman geht, der kann bei >Wikipedia< eine umfassende Beschreibung des Inhalts lesen.
Der Roman ist keine reine Erzählung von A nach B, sondern die Handlung wird in drei inhaltliche Hauptteile gegliedert: zuerst schreibt der Anwalt Jonathan Harker Tagebüch über seine Erlebnissen auf Schloss Dracula. Die Spannung wächst, der Leser beginnt zu ahnen, was es mit dem geheimnisvollen Schlossherrn auf sich hat, die Angst steigert sich, und es ist am Ende ungewiss, was mit Jonathan Harker passierte. Die Geschichte baut sich auf, durch die Unmittelbarkeit des Ich-Erzählers in Tagebuchform ist der Leser sofort mitten im Geschehen.
Im zweiten Teil folgt ein Briefwechsel zwischen verschiedenen Personen (Jonathans Verlobte, deren Freundin, deren Bewunderer, Professor Van Helsing) sowie Berichte unbeteiligter Personen (eine Krankenschwester, Zeitungsausschnitte, ein Logbuch). Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven Bekommt der Leser nach und nach immer mehr Puzzleteile gereicht, das Gesamtbild bleibt vorerst unklar. Die Bedrohung, welche dadurch entsteht, ist noch nicht greifbar und dadurch umso beängstigender: eine junge Frau weist seltsame Krankheitssymptome auf, ihre Heilung scheint unmöglich.
Der dritte Teil befasst sich endgültig mit der Jagd nach dem Vampir. Hier nutzt der Autor wie auch schon im zweiten Abschnitt vor allem Briefe und Tagebücher als Transportmittel für die Handlung. Der Leser wird hin- und hergerissen zwischen den einzelnen Charakteren, spürt deren Angst und Entschlossenheit.
ERZÄHLWEISE DES HORRORS
Ach, ich liebe die alten Bücher, diese gehobene Sprache. Die Autoren spielen gekonnt mit Worten, und besonders im Genre Horror liegt der Horror nicht wie heute auf der Hand, es muss kein Blut fließen und sinnlos gemetzelt werden. Das Grauen spielt sich ab im Kopf des Lesers. Die Sprache erzeugt eine dichte Atmosphäre, und die subtilen Andeutungen lassen den wahren Schrecken hinter den Worten erahnen.
Wer offensichtlichen Thrill wünscht und voyeuristische Zurschaustellung von Gewalt braucht, um sich so richtig zu gruseln, der ist bei Autoren wie Bram Stoker, Edgar Allan Poe, H P Lovecraft, Mary Shelley falsch. Aber wer es mag, wenn der Nebel auf dem Kopfsteinpflaster wabert, wenn das Käuzchen ruft, wenn Symbole und Ahnungen mehr Gewicht erhalten als bloße Fakten, ... wer es mag, wenn das Grauen so unvorstellbar und schrecklich ist, dass kein menschliches Wort es zu fassen vermag und der Protagonist dem Wahnsinn anheimfällt ... der ist bei DRACULA genau richtig.
SPRACHE
Und das Schöne: habt keine Angst, dass das Buch verstaubt daherkommt. "Klassiker", das hat was von "langweilig", meint man im ersten Moment.Ja, die Sprache liest sich manchmal etwas ungewohnt. Aber dennoch sehr gut verständlich und flüssig. Hier und da finden sich veraltete Wörter bzw Fremdwörter anstatt der heute üblichen Begriffe, etwa >"Kalesche"< oder "Rekognoszierung". Ein Satz, der mir sehr gefiel: "Sie sind ein Mann, und nicht der schlechtesten einer". Soviel Aussage in den wenigen Worten, so klar und direkt, und dahinter so viel Unausgesprochenes.
Dieses Hörbuch basiert auf dem Buch "Bram Stoker: Dracula. Ein Vampyr-Roman" in der Übersetzung von Heinz Widtmann 1908, erschienen am 1. Januar 2012 bei dtv. Es wurden nur unwesentliche Kürzungen vorgenommen, ansonsten ist das Buch im Original belassen worden.
Nun muss ich zugeben, dass ich mich nicht auskenne, welche Übersetzung wohl die beste ist. Kull, Leder, Willms, Widtmann, Bergner, da habe ich keinen Vergleich. Aber ich empfand die Sprache als sehr angenehm und lauschte den Sprechern gerne.
Ein Zitat, das mir ebenfalls sehr zusagte und die Sprache des Buches gut widergibt, habe ich bereits gebloggt: >Dracula<
UMSETZUNG ALS HÖRBUCH
Als ich die riesige Anzahl von Sprechern las, dachte ich, es handle sich um ein Hörspiel: Jacob Weigert, Katharina Thalbach, Bernd Stephan, Regina Lemnitz, Robert Missler und einige andere. Doch statt dessen wurden jedem Protagonisten einzelne Sprecher zugeteilt. Jonathans Tagebücher, Lucys Briefe, Minas Tagebücher und Briefe, der Korrespondent für den Zeitungsartikel, der Kapitän des Schiffes in seinem Logbuch und so weiter.
Die Sprecher passen sehr gut in die jeweiligen Rollen. Besonders Jacob Weigert als Jonathan Harker, Katja Danowski als Mina Harker und Ulrike Hübschmann als Lucy Westenraa gefielen mir sehr gut, ich hatte sofort ein klares Bild der jeweiligen Person vor Augen. Besonders Mina, die die unterschiedlichsten Emotionen durchläuft, präsentiert sich als absolut überzeugend.
Und dann hat der Verlag etwas gewagt, das ich wirklich mutig finde: Die Rolle des DRACULA wird gesprochen von - Katharina Thalbach! Ja, richtig, von einer Frau. Katharina ist eine der Großen im Hörbuchgeschäft, über ihre Qualität als Sprecher muss man nicht diskutieren. Aber als Mann? Noch dazu als einer DER Männer der Weltliteratur? Ich kann verstehen, wenn dies die Meinungen spaltet, und gerade deswegen finde ich es sehr mutig. Und ich muss sagen, mir hat dieses Experiment außerordentlich gut gefallen. DRACULA ist schließlich kein junger Mann mehr in der Blüte seiner Jahre, er ist ein alter, gebrechlich wirkender Mann, seine Stimme krächzend und hoch, wie alte Männer eben manchmal klingen. Und ganz ehrlich - mir ist es am Telefon schon häufig passiert, dass ich einen Mann als Frau angesprochen habe oder umgekehrt, nicht immer ist das sofort ersichtlich, daher fand ich diese Idee auch sehr glaubhaft. Ich empfand Frau Thalbach als eine gelungene Wahl für den Grafen. Ich brauchte ein paar Minuten, mich umzustellen, aber danach war ich begeistert und hätte gerne noch mehr davon gehört.
Durch die unterschiedlichen Sprecher ist das Hörbuch gekonnt umgesetzt. Trotzdem gibt es etwas, das mich ein wenig störte: Wenn Jonathan Tagebuch schreibt, legt er Dracula Sätze in den Mund. Diese werden von Frau Thalbach gesprochen. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird dies unterschiedlich umgesetzt: wenn jemand in einem Brief oder Tagebucheintrag eine andere Person in wörtlicher Rede auftreten lässt, spricht mal der Schreiber, mal die sprechende Person. Ich hätte mir hier mehr Regelmässigkeit und Konsequenz gewünscht: entweder, man lässt immer den Schreiber sprechen, oder man übergibt jegliche wörtliche Rede an den betreffenden Sprecher. Aber gut, es hat den Hörgenuss nicht beträchtlich getrübt, mir lediglich ein "schade" entlockt.
BOOKLET
Normalerweise sind die Booklets im Jumbo- und GoyaLit - Verlag wenig erwähnenswert, hier hat man sich dafür mal wieder richtig Mühe gegeben. Es ist toll, wenn man als Käufer nicht nur die CDs, sondern auch ein bisschen Material auf der Hand hat. Eine Beschreibung aller Sprecher und ihrer Rollen, dazu ein wenig Hintergrundinformation über das Werk DRACULA selbst im damals zeitlichen Kontext sowie seiner Bedeutung für das Vampirgenre. Interessant ist auch, welche Recherchen der Autor für dieses Buch betrieben hat und warum der Roman letztendlich in Rumanien spielte statt wie ursprünglich geplant in der Steiermark. Auch Leben und Werk des Autors werden chronologisch aufgeführt.
FAZIT
DRACULA selbst mag ich nicht bewerten, es ist zu Recht einer der Klassiker, und es war mir eine Freude, dieses Werk erneut zu genießen. Was hier also zu bewerten ist, das ist die Umsetzung. Und die hat mich mit wirklich überzeugt, sodass ich sie gerne weiterempfehle.
SaschaSalamander 24.04.2012, 09.33 | (0/0) Kommentare | PL
Die besten 1-2-3 Minutengeschichten

Der Autor hat inzwischen so viele Bücher veröffentlicht, dass er in jedem Kinderzimmer zu finden sein dürfte. Kurzgeschichten, Reihen, Sachbücher, Jugendliteratur, Aufarbeitung berühmter Märchen und Geschichten. Eine Nennung einzelner Titel würde zu weit führen, deswegen an dieser Stelle am besten ein Link zu >Wikipedia<, wo man mehr über ihn, seine Veröffentlichungen und die zahlreichen Auszeichnungen erfährt.
Das Besondere an dieser CD: sie ist keinem Thema untergeordnet. Dadurch ist die Palette der Geschichten dieses Mal besonders breit gefächert, und auch der Grundton der einzelnen Titel ist von Track zu Track unterschiedlich. Schüler tauschen die Inhalte ihrer Zuckertüte. Eine junge Eule findet einen Spiegel. Ein Riese wird von Zwergen überwältigt. Ein Mädchen beobachtet Mitschüler beim Stehlen. Ein Junge auf dem Spielplatz spielt mit ihm bis dahin fremden Kindern. Ein Baum wird gefällt. Mal märchenhaft und fantastisch, mal mitten aus dem Alltag der Zielgruppe im Alter um die 6 Jahre, mal Mensch, mal Tier, mal Märchenfigur. Mal bringt der Autor die Kinder zum Lachen, mal regt er sie zum Nachdenken an. Und manchmal erzählt er einfach nur, ohne Pointe, ohne etwas Besonderes, einfach nur um zu zeigen "Du bist nicht alleine, auch andere Kinder haben schon Ähnliches erlebt".
Angenehm finde ich die Grundhaltung der Geschichten. Manfred Mai wackelt nicht mit dem Zeigefinger. Sondern er erzählt und stellt manchmal sogar die Frage, was das Kind nun tun soll. Als Tamara ihre Mitschüler beim Stehlen beobachtet, möchte sie es melden, doch ihre Freundin bekommt Angst und rennt weg, Tamara ist nun alleine. Was soll sie tun? Der Autor gibt keine Antwort darauf. Er zeigt, dass es nicht immer eine perfekte Lösung gibt, und er regt dazu an, dass die Kinder sich mit ihren Eltern und Freunden darüber austauschen.
Auch predigt er nicht, was falsch und richtig ist im Umgang miteinander. Dafür erzählt er in herrlich einfachen Worten den Wert der Freunschaft: die Mutter weist ihren Sohn darauf hin, dass die Kinder, mit denen er spielen möchte, kein einziges Wort Deutsch können. Er spielt trotzdem mit ihnen. Und als er seiner Mutter davon erzählt, ist er begeistert, wie schön es mit ihnen war, denn Spielen und Lachen ist international. Auf diese Weise vermittelt der Autor spielerisch Werte, ganz nebenbei und herrlich einprägsam.
Für Erwachsene ist dieser Titel weniger geeignet, da die Geschichten sich doch zusehr von der Erlebniswelt älterer Leser / Hörer unterscheidet. Zuckertüte, Hausaufgabe, Spielplatz. Wer selbst Kinder hat, wird sie gerne mit seinen Kleinen zusammen anhören. Und für kinderlose Erwachsene sind die Geschichten ja auch nicht geschrieben ;-)
Die Sprecher nehmen sich angenehm zurück und lassen die Geschichten in den Vordergrund treten, sie sind gut für diese CD gewählt. Die Instrumentalstücke gehen angenehm ins Ohr und lockern die Erzählungen ein wenig auf.
DIE BESTEN 1-2-3 MINUTENGESCHICHTEN ist eine Sammlung für Kinder, ideal als kleines Bonbon zur Belohnung zwischendurch. Oder als nette Geschichten zum Einschlafen oder Nebenbeihören. Pädagogisch wertvoll und "trotzdem" spannend ;-)
SaschaSalamander 23.04.2012, 08.16 | (0/0) Kommentare | PL
Der Umweg

Es ist schwer, die Handlung wiederzugeben, da ... nun, was an der Handlung so besonders ist, beschreibe ich näher unter "Erzählweise". Aber ich möchte kurz widergeben, was in dem Roman erzählt wird: die Protagonistin zieht sich alleine zurück in ein Haus, abgelegen und entfernt von der nächstgrößeren Stadt. Der Leser begleitet ihren Alltag, sei es eine ungewöhnliche Begegnung mit einem Dachs, der draus resultierenden Besuch beim Arzt, der Gang zum Bäcker. Auch begegnet sie anderen Personen, etwa dem Schafzücher Rhys Jones oder dem jungen Bradwen, der auf der Suche nach einer hübschen Wanderstrecke ist.
ERZÄHLWEISE
Es gibt drei Erzählperspektiven: Die der Protagonistin, die ihres verlassenen Ehegatten und die des jungen Mannes. Der Schwerpunkt liegt bei der Frau und ihren Erlebnissen rund um das Haus, ihre Tiere und die Dorfbewohner.
Das Ungewöhnliche an diesem Roman ist die Erzähltechnik. Es ist üblich, das Bild aufzuzeigen und die Handlung darzustellen. Bakker macht es genau anders: er erzählt alles außer der Handlung selbst. Er schreibt um die Handlung herum, beschreibt die Auswirkungen der Kernhandlung. Recht bald erfährt der Leser, dass die anfangs namenlose Protagonistin eine schwere Krankheit diagnostiziert bekam und ihren Mann verließ. Dies wird jedoch nicht auf direktem Weg erzählt. Sondern zu Beginn ist der Leser ahnungslos. Erst mit dem ersten Perspektivwechsel hin zum Ehemann wird beschrieben, dass dieser von seiner Frau verlassen wurde. Durch kleine Gemeinsamkeiten (seine Frau übersetzte ebenso Dickinson wie die Protagonistin) erkennt der Leser den Zusammenhang. Der Ehemann nimmt einen Arzttermin wahr und erfährt zufällig, dass seine Frau untersucht wurde und eine schlimme Diagnose bekam, jedoch darf der Arzt aus Gründen der Schweigepflicht dies nicht ausführen. Der Leser hat also viele Möglichkeiten: wird sie in wenigen Monaten sterben? Kann sie geheilt werden? Ist ihr Körper dem jahrelangen Verfall und Siechtum anheim gegeben? ist dies der Grund für ihre Flucht vor dem Ehemann? Ist dies der Grund für das, was am Ende des Romanes geschieht? Wie hängt es mit anderen Punkten zusammen, die der Leser später erfährt? All diese entscheidenen Fragen beantwortet der Autor nicht.
Man könnte es so beschreiben: der Autor zeichnet die Umrisse eines Gegenstandes und malt den Hintergrund in melancholischen, gedeckten Farben aus. Es liegt am Leser selbst, die Silhouette des Gegenstandes zu deuten und entsprechend selbst zu colorieren. Je nach Erfahrungsschatz und persönlicher Einstellung wird sich wohl jeder eine eigene Geschichte zusammensetzen. Viele verschiedene Themen werden angerissen von beruflicher, privater und sexueller Natur, ein Gewicht wird ihnen nicht verliehen, der Leser hat freie Hand bei der Wahl der Malwerkzeuge und Farben.
Ich fände es hochspannend, mit unterschiedlichen Lesern über dieses Werk zu diskutieren. Denn ich bin sicher, viele nehmen die Handlung als gegeben wahr und erkennen gar nicht, dass es die eigene Interpretation dahinter ist. Sehr geschickt versteht es der Autor, vermeintliche Wahrheiten zu erschaffen und eine Geschichte zu erzählen, ohne sie selbst in Worte zu kleiden. Gerne würde ich Eindrücke der Leser vergleichen, fragen was sie hinter jener Andeutung sehen und welche Verbindungen sie zwischen einzelnen Elementen geknüpft haben.
CHARAKTERE
Wie auch die Handlung sind die Charaktere eher umrissen als deutlich beschrieben. Über die Protagonistin erfährt der Leser natürlich am meisten, doch auch hier ist vieles der Interpretation überlassen. Andere Figuren werden eher angedeutet als beschrieben. Dennoch gibt es deutlich Sympathieträger und Unsympathen.
Faszinierend ist auch, wiesehr die verstorbene Witwe Evans in die Handlung eingebunden ist: die alte Frau, der das Haus früher gehörte, bevor sie verstarb. Immer wieder ist sie Gesprächsthema, sei es ihr tatsächliches Leben oder seien es die Vermutungen der Protagonistin. Ich würde ihr tatsächlich eine eigene Rolle in diesem Roman zuteilen, obwohl sie natürlich niemals persönlich auftritt. Ebenso Emily Dickinson, die eine wichtige Funktion innehat und durch ihre Gedichte die Handlung untermalt. Ihr Foto, ihre Werke, die Arbeit der Protagonistin sind stets präsent.
Auch die Tiere bekommen einen sehr hohen Stellenwert im Leben der Frau: die Schafe des Nachbarn, die auf ihrem Grundstück weiden dürfen. Die Gänse, die frei auf ihrem Grundstück laufen und die sie zum Schutz vor Feinden gerne in einen kleinen Stall sperren möchte. Sam, der Hund des Jungen. Und natürlich die Dachse am Steinkreis, die ihr sofort einen neuen Spitznamen im Dorf bescheren.
SPRACHE, HÖRBUCH, SYMBOLIK
So schwer der Inhalt stellenweise sein mag in seiner Tragweise, so geradlinig und leichtfüßig kommt der Roman in seiner Sprache daher. Regina Lemnitz - Whoopie Goldberg, Roseanne - ist die perfekte Besetzung (wenngleich drei Sprecher für die jeweils drei Erzählperspektiven auch nett gewesen wären). Da die Protagonistin die Gedichte Emily Dickinsons übersetzt, gibt es viele Anspielungen auf die Dichterin. Außerdem tauchen sehr viele Wörter auf, die nicht ins Deutsche übersetzt wurden, etwa das "Kissing Gate" oder die "Stiles". Einzig was mich störte war die derart häufige Erwähnung der Chaiselongue, dass mein Bedarf an diesem Wort für die nächsten 20 Jahre gedeckt ist. Gut, "Sofa" wäre unpassend, es ist doch etwas anderes, trotzdem hätte der Autor oder Übersetzer sich da etwas einfallen lassen können. Gefühlt habe ich den Begriff rund 100 Mal gehört, es hat mich nach der zweiten CD extremst genervt (was allerdings das einzige war, das mich störte an diesem Buch).
Der Inhalt des Buches ist gestützt von sehr viel Symbolik. Die stetig dezimierte Gänsezahl verweist auf ein nahendes Ende, die Fußverletzungen aller drei Hauptfiguren als schmerzhafte Verbindung der drei ansonsten so unterschiedlichen Personen, Socken als Sinnbild einmal für Leichtfüßigkeit und ein andermal für Respektlosigkeit. Die Monate November und Dezember als eher triste Monate, hier jedoch durchzogen von ungewöhnlich warmen Tagen. Eine lilafarbene Mütze, Farbklecks in einer immer trister werdenden Umgebung. Altweibergeruch im Haus, der sich langsam auf die Protagonistin überträgt. Der Dachs, ein eher friedliches Tier, hier eine kurzzeitige Bedrohung. Die Welt ist aus den Fugen geraten, die Frau muss sie neu sortieren, ebenso der Leser.
FAZIT
DER UMWEG von Gerbrand Bakker ist ein nach außen hin schlichtes, ruhiges und eher melancholisches Buch. Bei genauer Betrachtung jedoch zeigt sich die herausragende Erzählkunst des Autors: mit nur wenigen Worten lässt er eine komplexe Handlung entstehen, die jedem Leser ein individuelles Erlebnis beschert. Für diesen Roman sollte man sich die Zeit nehmen, ihn bewusst zu genießen. Denn ob er gefällt oder nicht - liegt einzig am Leser und dem von ihm selbst entworfenen Bild.
SaschaSalamander 05.04.2012, 10.06 | (0/0) Kommentare | PL
Ostfriesenangst

CHARAKTERE
Eine der ganz besonderen Stärken des Autors Klaus-Peter Wolf ist die Gestaltung lebensnaher Charaktere. Deswegen liebe ich seine Bücher, denn die Figuren sind aus dem Leben gegriffen, als würden sie jeden Moment vor mir stehen. Jeder Charakter, ob Haupt- oder Nebenfigur, erhält Stärken und Schwächen, Eigenheiten und Macken, eine ganz individuelle Persönlichkeit, die ihn von allen anderen Unterscheidet. Und wie im realen Leben, kann man niemanden zu hundert Prozent mögen oder hassen, denn jeder Mensch trägt mehrere Seiten in sich.
Durch die häufig wechselnde Erzählperspektive erhält der Leser Einblick in viele verschiedenen Charaktere, teilweise auch die eher unbedeutender "Statisten", wodurch ebenfalls sehr viel Realismus entsteht.
NAMEN, ORTSBEZEICHNUNGEN
Ich mag diesen Stil sehr. Ein gewisses Problem birgt dies jedoch: der Autor beschreibt einzelne Figuren so detailreich und wechselt so häufig die Perspektive, dass man oft sehr genau darauf achten muss, bei wem er sich gerade befindet. Manchmal ist es fast schon ein wenig zuviel des Guten. Sogar unbedeutende Nebencharaktere erhalten eigene Vor- und Nachnamen. Ich habe die erste CD wie üblich während des Pendelns gehört und konnte danach fast nichts von der Handlung wiedergeben. Also habe ich von Beginn an nochmal gehört und diesmal alle Namen und Orte notiert, um der Handlung folgen zu können. Da das Hörbuch gekürzt ist (z.B. Ubbos Marzipan-Tick, das habe ich nur aus anderen Rezensionen erfahren, im Hörbuch wird dies nicht erwähnt), sind wohl nicht alle Namen erwähnt. An die 40 habe ich gezählt, darunter auch die Namen von Urlaubsgästen, Partygästen, Haustieren, der früheren Therapeutin des Serientäters, frühere Opfer eines Killers, also für die Handlung eher irrelevante Personen. Zusätzlich erhalten viele Personen einen Spitznamen oder Decknamen, was dem Leser einiges an Konzentration abverlangt.
Ähnlich ist es bei den Ortsangaben. Die Darstellung ist überaus lebendig, ich habe ein klares Bild der jeweiligen Lokalitäten vor mir. Ob es allerdings notwendig ist, jedes Café, jeden Bücherladen und jedes Restaurant namentlich zu benennen, da scheiden sich die Geister. Für Ortskundige mag das wunderbar sein, für Ortsfremde ist das ein wenig zuviel. Ob alles exakt so stimmt, vermag ich als Ortsfremde natürlich nicht zu beurteilen, aber ich gehe davon aus, dass er sich sehr genau an die tatsächlichen Orte gehalten hat. Gelegentlich als ihm eigenes Stilmittel und weil ich seine Romane sosehr liebe, finde ich es okay, aber am Stück mehrere Romane dieser Art wäre mir dann doch zuviel.
Auch wird immer wieder der Roman OTTERNBISS der Autorenkollegin Kölpin erwähnt. Finde ich eine prima Sache, wenn Autoren sich gegenseitig unterstützen, in dieser Häufigkeit allerdings wirkt es ein wenig aufdringlich und kontrapoduktiv. Als Hörbuchfan freute ich mich natürlich über die einmalige Erwähnung des Komponisten Ulrich Maske ;-)
AUFBAU, SPRACHE, ZIELGRUPPE
Der eigentliche Aufhänger, die ohne Lehrer zurückgekehrten Kinder, ist recht schnell Nebenschauplatz. Wird weiterhin behandelt, doch mit dem Auftritt des Serientäters fügen sich mehrere Handlungsstränge ineinander. Viele Dinge werden geklärt, dafür ergeben sich andere Fragen. Etwa danach, weshalb der Täter seinen Bewachern entkommen konnte oder wieso die zuständigen Kollegen sich so auffällig verhalten. Auch die Folgen der voreiligen Berichterstattung ist ein wichtiges Element. Ein sehr schöner Aufbau, der den Leser fesselt und die Spannung bis zur letzten Seite aufrecht erhält.
Die Sprache des Autors gefällt mir außerordentlich gut. Es ist inhaltlich ein klarer Titel für Erwachsene, es geht auch um Sexualität und brutale Verbrechen. Die Sprache ist aber jugendlich frisch gehalten, ich würde das Buch bedenkenlos auch einem Jugendlichen in die Hand geben, der sich für Krimis interessiert. Keine perversen, grusligen Ausdrücke und Beschreibungen (etwas, das mich in vielen modernen Krimis sehr stört. Warum diese Überdramatisierung von Gewalt, die nicht mehr dem Inhalt dient sondern dem gaffenden Publikum?). Sondern Formulierungen, die für Jugendliche wie auch Erwachsene eindeutig sind und die dennoch nicht die Sensationsgier bedienen.
Auch schreibt er gelegentlich Umgangssprache, ohne es dabei zu übertreiben. "Es war ihr grottenpeinlich" oder in der wörtlichen Rede "das war blöde von mir" oder "Och nee, das ist nicht Dein Ernst". Das mag ich, er übertreibt nicht mit diesem Stilmittel und setzt es wohldosiert ein, sodass er den Figuren zwar Leben einhaucht, das Buch aber dennoch durchweg in einer angenehmen Hochsprache gehalten ist.
Hervorragend finde ich, dass Wolf sich auch der neuen Medien bedient: Facebook fließt in die Ermittlungen ein, und ich finde es schön, wie wertneutral dies geschieht, ohne mahnenden Zeigefinger aber ohne Jubelrede auf die moderne Technik. Sondern als das, was es ist: ein Medium der aktuellen Zeit, das man bedacht verwenden sollte und das auch viel Potential in sich birgt.
SPRECHER
Klaus-Peter Wolf lese ich nicht nur gerne, ich höre ihn auch ebensogern, daher ziehe ich seine Hörtitel den Büchern vor. Er hat eine wunderbare Stimme, der ich gerne lausche. Bei den Jugendbüchern (z.B. TREFFPUNKT TATORT) ist es aufgrund geringer Perspektivwechsel und Protagonisten kein Problem. In OSTFRIESENANGST allerdings muss man schon sehr genau darauf achten, was er gerade spricht. Mann, Frau, Jugendlicher, sie klingen bei ihm gleich, da er die Stimme nicht variiert, sodass es manchmal schwierig ist, dem Wechsel rasch zu folgen, falls man gedanklich ein paar Sekunden abgeschweift ist und sich nun andernorts befindet.
Trotzdem, man muss sich bewusst machen, dass man ihn nicht nebenbei hören sollte (weshalb ich in diesem Fall tatsächlich fast eine komplette Woche für das Hörbuch gebraucht habe). Wenn man das beherzigt, dann kann man sich wunderbar in der Geschichte fallenlassen und der grandiosen Erzählstimme lauschen.
Und was Wolf kann, das andere Sprecher nicht können: niemand könnte die Intention einer Geschichte besser an den Leser weitergeben als der Autor selbst :-)
GESAMTEINDRUCK
Ein paar kleine Schwächen hat das Hörbuch. Aber die sehe ich nicht als Manko, sondern als Besonderheit des Autors, und wieder hat er es geschafft, mich mit seinem aktuellen Titel zu begeistern. OSTFRIESENANGST war mein erster Roman aus dieser Reihe, aber ich werde mich flink um die anderen bemühen und freue mich schon darauf. Und ich kann kaum den nächsten Band erwarten.
FAZIT
Klaus-Peter Wolf kann es einfach: spannende Krimis für Jung und Alt. Bücher, die man nicht mehr aus der Hand legen möchte. Und Hörbücher, in denen er mit seiner markanten Stimme verzaubert. Der Autor hat es nicht nötig, seine Leser mit blutigen Details oder einer vulgären Sprache zu ködern. Statt dessen schreibt er einen Krimi, wie er sein sollte: clever durchdacht von der ersten bis zur letzten Seite, unterhaltsam und mitreißend.
SaschaSalamander 02.04.2012, 08.49 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL
Painting Marlene

Nach dem Tod ihres Vaters zieht Marlene in dessen Atelier. Die Bilder sind nicht mehr auffindbar, nur ein Gemälde ist geblieben: Marlenes Portrait. Die junge Frau muss nun ihr Leben alleine regeln, aber es will ihr nicht so recht gelingen. Sie jobbt, ist unentschlossen bezüglich ihres Studienganges, und so lässt sie die Tage an sich vorüberziehen, stets umsorgt von ihrer klammernden Mutter, begleitet von ihren zwei besten Freunden. Doch nicht alles läuft glatt. So fühlt sie sich von ihrem Hausmeister belästigt, und mit ihrem Freund Jasper ist auch nicht alles perfekt. Aber wirklich schlimm wird es, als das Gemälde in ihrer Wohnung plötzlich beginnt, sich stetig zu verändern. Wer ist es, der sich unerlaubt Zutritt zu ihrer Wohnung verschafft und auf diese makabere Weise immer neue Botschaften sendet?
CHARAKTERE, REALISMUS
Die Charaktere in >PAINTING MARLENE< sind recht gut ausgestaltet. Allerdings war mir keiner davon so wirklich sympathisch, und nahezu jedem Beteiligten würde ich zu einer regelmässigen Therapie raten. Aber gut, es gibt keine Regel, dass Protagonisten sympathisch sein müssen, und realistisch waren alle Hauptpersonen, das muss ich der Autorin lassen.
Allen voran die Mutter, welche eine extreme Glucke ist und der ohne ihr Kind scheinbar jeglicher Lebensinhalt zu fehlen scheint. Aber auch Marlene empfand ich nicht gerade als Sympathieträger. Immer wieder dachte ich "Selbstmitleid" und "Drama Queen". Ich konnte nicht wirklich mit ihr mitfühlen, immer wieder dachte ich nur "geschieht ihr recht, hätte sie mal anders reagiert". Jedes kleine Ereignis ihres Lebens wirft sie fast komplett aus der Bahn, ob sie sich nun an der Hand verletzt oder ihren verlorengeglaubten Teddybär wiederfindet. Und immer, wenn ein tragisches Ereignis geschieht, muss sie sofort ihre Mutter anrufen, weil sie nicht alleine bleiben kann und Beistand braucht.
Der lüsterne Hausmeister, der alles kontrollieren muss, ist ebenfalls ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Und dann wären da noch Rike, Georgie und Jasper, über die man gelegentlich auch etwas erfährt, die aber eher am Rand gehalten werden und erst später an Bedeutung gewinnen, das möchte ich jedoch nicht spoilern ;-)
Und dann am Ende, als der Täter bekannt ist, erzählt ein anderer Charakter, wie er ihn im letzten Moment entlarven konnte. Der Grund dafür wirkte auf mich sehr ... ähem ... an den Haaren herbeigezogen, denn dann würden sehr viele Menschen sich verdächtig machen, und wenn allein dies für eine Verdächtigung genügt, dann hätte die Polizei wirklich wenig Arbeit und könnte einfach so jeden mal schnell wegsperren.
ERZÄHLWEISE, AUFBAU
Die erste von vier CDs empfand ich als eher träge, es fiel mir schwer, mich in die Handlung einzufinden. Es dümpelt vor sich hin, es geschieht nicht wirklich etwas, man fragt sich, wann es endlich losgeht. Als es dann losgeht, wird es allerdings recht spannend. Doch, ich habe PAINTING MARLENE nach einiger Zeit sehr gerne gehört und habe jede Möglichkeit genutzt, die Kopfhörer aufzusetzen, weil ich wissen wollte, wie es weitergeht.
Erzählt wird aus drei Sichtweisen: Marlene, ihre Mutter und der Hausmeister. Immer wieder wechselt die Perspektive zwischen den dreien. Der Täter bringt als Ich-Erzähler vereinzelt Passagen ein, in denen er eine weitere Tat ankündigt oder in denen er von seinem Erleben, seiner Vergangenheit erzählt.
Was ich äußerst gelungen finde und was einen großen Reiz des Buches ausmacht: ich ahnte bereits recht früh, wer der Täter ist. Es kamen zwei Personen infrage, erzähltechnisch hätte ich auf jemand anderen getippt, aber die Darstellung der Charaktere in ihren Rollen ließ nur einen Schluss zu. Trotzdem gelingt es Sabine Ludwig hervorragend, den Hörer immer wieder auf eine falsche Fährte zu locken. Die Passagen des Ich-Erzählers fügen sich geschmeidig in den Text ein, sodass der Verdacht quasi auf jeden fällt. In einer Szene kauft die Mutter Blaubeerkuchen, gleich darauf füttert der Ich-Erzähler einen Vogel mit Krümeln dieses Kuchens. Einmal betritt der Hausmeister ihre Wohnung, und im nächsten Absatz erzählt der Täter, wie er in Marlenes Zimmer ist. Man erfährt etwas Wichtiges über George, und schon hört man in der Ich-Form von einem gleichartigen Ereignis. Marlene und Jasper tanzen, im nächsten Moment hört man vom Ich-Erzähler seine Eindrücke über Marlenes Tanz. Auch, wenn man den Täter erahnt, sorgt dieser Stil für Verwirrung, der Hörer ist hin und hergerissen und sucht immer wieder verzweifelt nach Anhaltspunkten für den wahren Schuldigen, hat ihn endlich erfasst und schon entgleitet er.
HÖRBUCH
Tanja Geke ist eine bekannte und großartige Sprecherin, die ich sehr gerne höre. Ich muss zugeben, dass ich sie häufig mit Sandra Schwittau (dt. Stimme von Bart Simpson) verwechsle. Doch Tanja ist ebenso bekannt wie Sandra, sie hat bereits in bekannten Rollen wie Uhura aus Star Trek wie auch unzählige Filme und Serien. Zuviele, diese alle zu benennen, deswegen >an dieser Stelle< ein Link mit einigen ihrer Werke. Sie passt sehr gut als Sprecherin, trägt das Hörbuch mit dem nötigen Ernst und einer gewissen Spannung vor, die den Hörer sofort fesselt.
>Jona Mues< spricht den Ich-Erzähler, und auch er passt sehr gut in den Kontext, wirkt glaubwürdig. Er setzt die Mischung aus Verliebtheit, Wahnsinn und Bedrohung sehr gut um. Für den Leser bleibt der Ich-Erzähler geschlechtslos, der Hörer hat natürlich durch die männliche Stimme einen weiteren Anhaltspunkt über den Täter. Dies ist jedoch nicht störend und leider nicht anders umsetzbar.
FAZIT
PAINTING MARLENE hat seine Schwächen im Aufbau, und die Charaktere sind nicht gerade sympathisch. Aber im Ganzen betrachtet fügt sich alles wunderbar und passt hervorragend zusammen. Nach den ersten etwas mühsamen Tracks wird der Hörer bestens unterhalten und in den Sog der Geschichte gezogen. Ein sehr schönes Jugendbuch, das zu gefallen weiß :-)
SaschaSalamander 24.03.2012, 08.41 | (0/0) Kommentare | PL
Schrödinger, Dr. Linda und eine Leiche im Kühlhaus
Dieses Buch ist sehr eigenwillig und etwas ganz Besonderes. Es ist gelungen und von einem recht tiefgehenden Humor, der sich beim schnellen Hören allerdings nicht so ganz erschließt. Es ist ein Buch, das volle Aufmerksamkeit erfordert und den Leser / Hörer in seinen Bann zieht. Allerdings muss man sich darauf einlassen, gelegentlich auch zwischen den Zeilen lesen und die Situationen auf sich wirken lassen.
>SCHRÖDINGER, DR LINDA UND EINE LEICHE IM KÜHLHAUS< ist im Schreibstil sehr knapp, vieles wirkt skizziert wie der Rohentwurf für ein Buch, scheint es mir. Der Autor verschwendet keine unnötigen Worte für unnötige Ausschmückungen. Dafür stehen die ungewöhnlichen Momente umso besser im Rampenlicht, können umso besser auf den Hörer einwirken. Worte, die mir für diesen Titel in den Sinn kommen: skurill, absurd, grotesk, unkonventionell, makaber. Das Cover wurde hervorragend gewählt, man muss genau hinsehen, um die Einzelheiten zu erkennen, und dann sieht man ein recht seltsames Motiv, schüttelt mit dem Kopf, und dann sieht man noch einmal genau hin. Und so ergeht es beim Lesen / Hören.
Zu Beginn wirkt manches noch etwas zusammenhanglos, und erst nach und nach erschließen sich die Verbindungsstücke zwischen den einzelnen Aktionen. Es ist eine Tragikomödie, gepaart mit einem Coming-of-Age, ja auch einer angedeuteten Romanze. All das passt wunderbar ineinander, wenn man erst einmal die Puzzlestücke sortiert hat.
Der Humor ist recht trocken. Es gibt kaum spezielle Szenen als vielmehr das Geschehen an sich. Ein Junge, der für seine tote Mutter die Briefe im Kummerkasten einer Frauenzeitschrift beantwortet. Ein Mädchen, das Kriegsflugzeuge und Kriegsschiffe aus Modellsätzen basteln will und auf das Flugzeug ein Segel klebt. Der Brief einer besorgten Frau, in dem sich die Urheberin über ihre Nachbarin beschwert, nichtsahnend dass die Kummerkastentante selbst die Frau ist, über die sie lästert. Ein psychisch kranker Vater, der nachts Kühe an seinem Bett stehen sieht. Nein, das sind keine Lachsalven, das ist ein irritiertes Kopfschütteln und ein kleines Schmunzeln, aber dieses dafür recht tiefgründig und langanhaltend.
Ihr merkt, ich rede sehr viel drumherum. Und ich gebe zu, dass es mir auch recht schwer fällt, eine abschließende Rezension zu schreiben. Die Idee ist hervorragend. Der Humor hat mir sehr gefallen. Trotzdem wurde ich zu keiner Stelle so wirklich warm mit Jonas, ich hörte es alles recht unbeteiligt. Ich empfehle den Titel gerne, denn er ist wirklich prima gemacht und hat ein breites Publikum verdient. Aber für mich war es nicht so ganz das Richtige, ich hätte es mir etwas ausführlicher gewünscht, weniger skizzenhaft, dafür etwas mehr persönliche Beteiligung für den Leser, damit dieser sich im Geschehen fühlt statt nur als Beobachter. Es ist eben, wie gesagt, ein sehr spezielles Buch. Einfach reinschnuppern und selbst entscheiden ;-)

SaschaSalamander 21.03.2012, 14.45 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL
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