


- 1. und letzter Satz
- Aktuelles
- Auf der Suche
- Autoren
- Awards
- Bento-Gäste
- Bento Galerie
- Bento Rezepte
- Bento Sonstiges
- Interview
- Bibliothek
- Blog
- Buchhandlung
- Doppelrezension
- Eure Beiträge
- Events
- Fragebogen
- Kahdors Vlog
- Kapitel
- MachMit
- Manga
- Mangatainment
- Notizen
- Oculus Quest
- Passwort
- Podcast
- Pulp
- Rätsel
- Rezensionen Buch
- Rezension Comic
- Rezensionen Film
- Rezensionen Hörbuch
- Rezensionen Hörspiel
- Rund um Bücher
- Rund um Filme
- Rezension Spiele
- Statistik
- TV Tipp
- Umfrage
- Vorgemerkt
- Web
- V-Gedanken
- V-Nürnberg
- V-Produkt
- V-Rezept
- V-Unterwegs
- Widmung
- Zerlegt
- Zitate
Blogeinträge (Tag-sortiert)
Tag: Tip
Mein Gott, Wanda

Wanda hat ihren Teeladen verkauft und will nun von ihrem Ersparten den wohlverdienten Ruhestand genießen. Doch so ganz will das nicht gelingen. Immer wieder besucht sie ihren alten Laden, schließlich könnte der neue Inhaber ja ihre Hilfe brauchen. Ihr wird bald langweilig, und statt die Freizeit zu genießen fühlt sie sich leer und orientierungslos. Als ein Bekannter sie zu einer Australienreise einlädt, ist sie begeistert. Doch kurz vor der Abreise hat ihr Sohn einen Unfall und liegt mit Trümmerbruch im Krankenhaus. Mit Trümmerbruch kann man natürlich kein Fitness-Studio leiten, also soll Wanda einspringen. Schweren Herzens bringt sie das große Opfer, sagt die Reise ab und geht ins Studio. Dort sieht es schlimmer aus als erwartet: die Kunden zahlen nicht, die Geräte sind völlig veraltet, die Räumlichkeiten hässlich und ungepflegt. Kein Wunder, dass ihr Sohn kurz vor der Pleite steht. So wirklich Lust hat Wanda ja nicht, aber ziemlich schnell wird das Projekt zum Selbstläufer, bis sie und ihre Freundinnen dann voller Elan alles geben, aus der abgeranzten Muckibude ein attraktives Studio für Jung und Alt zu machen. Und dann ist da noch der Wettbewerb um das attraktivste Fitness-Studio, bei dem der Gewinner 20 000 Euro erhalten soll. Wie sollen Wanda und ihre Freunde das in dieser kurzen Zeit schaffen?
CHARAKTERE
Die Charaktere sind, wie auch alles andere im Buch, sehr klar und geradlinig definiert. Es ist einfach und nachvollziehbar geschrieben, wie Wanda anfangs widerwillig arbeitet, sich vom "klebrigen Band der Mutterliebe" gefangen fühlt und dann immer begeisterter in ihrer Aufgabe aufgeht. Auch ihre Freundinnen haben klare Rollen, die eine Lebefrau auf Männerjagd, die andere ein Putzteufel mit Backwahn und Ehemann. Hier und da erlebt man, wie einzelne Nebenfiguren ihre anfängliche Maske fallenlassen und aus einem freundlichen Menschen ein arroganter Kerl wird oder ein Macho, Rambo und Kinderschreck seine freundliche Seite zeigt. Es steckt eben mehr in den Menschen, als man auf den ersten Moment ahnt. Wirklich überraschend sind diese Wandel nicht, der Schreibstil und der Inhalt des Buches machen klar, dass hier alles ein Happy End finden wird und Konflikte sich wie von selbst in Luft auflösen. Die Charaktere könnten meine Nachbarn und Verwandten sein. Mir sind sie alle schnell ans Herz gewachsen. Auch die vielen Randfiguren konnte ich mir sehr gut einprägen, weil sie in wenigen Worten klar beschrieben wurden in ihren Eigenheiten.
SPRACHE
Die Sprache in diesem Roman ist sehr schlicht gehalten, lässt sich perfekt lesen, während man gerade entspannt am Strand liegt, seinen Urlaub auf dem Sofa genießt oder - in solchen Momenten liebe ich diese Art Bücher besonders - am Wellnesstag zwischen Sauna, Sprudelbad und Gesichtsmaske ein bisschen Unterhaltung möchte. Manchmal, wenn der Alltag besonders stressig ist, braucht man einfach eine kleine Verschnaufpause und ein Buch, in dem alles glattläuft.
AUFBAU
Der Aufbau ist wie alles an diesem Buch geradlinig und schlicht, wartet mit keinen großen Überraschungen auf. Zuviel Action und Aufregung würde nur stören. Eine Art "Showdown" gibt es natürlich, als die Juroren des Wettbewerbes unangekündigt vor der Tür stehen und genau zuvor das größtmögliche Chaos eintrat. Natürlich steht auch immer die bange Frage im Raum, was der Sohn dazu sagen wird, wenn aus der Muckibude für harte Jungs plötzlich ein freundlicher Treffpunkt mit Tee, Kuchen und ein bisschen Fitness wurde? Hier und da gibt es kleine Konflikte, z.B. wenn ein Kunde penetrant unhöflich ist, wenn der Dackel des Nachbarn immer wieder im Garten sein Geschäft verrichtet. Aber alle Probleme lassen sich lösen, irgendeiner der jungen Kunden besitzt ein besonderes Talent, oder einer der Senioren hatte da früher den passenden Beruf. Vorhersehbar, und das im positiven Sinne: ich hatte sehr oft ein ganz breites Grinsen oder Strahlen im Gesicht, wenn sich wieder einmal alles zur Zufriedenheit aufklärte.
HUMOR
Ein stiller Humor, kein brüllendes Lachen, keine Schadenfreude, aber jede Menge Herz, Menschlichkeit und Charme. Es gelingt der Autorin geschickt, die Situationen so einzufangen, dass die absurden Momente herausgepickt werden und ein normaler Alltag plötzlich voller Witz steckt. Kleine Dialoge, treffende aber ungewöhnliche Metaphern, Menschen. Voller Herz und Wärme.
Sehr viel Humor findet sich im Fitness-Wahn, der aufs Korn genommen wird. Wie sollen Wanda und ihre Freundinnen im Laden bitte den Unterschied erkennen zwischen einer Sweathose, Funktionshose, Hose mit Climalite-Technologie, City-Sweatpants und einer stinknormalen Trainingshose? Und was könnte Wanda den Leuten in ihrem Studio bieten, wo das konkurrierende Planet Fitness mit Power, Action, Group-Groove, Water Warrios, Fusion-Yoga, Pilato-Burn, Power-Sculpt, Cardio-Lift und Triple Powerdingens aufwartet?
ROMANTIK
Romantik im klassischen Sinne kommt hier nicht vor. Aber es fließen natürlich Beziehungen, Liebschaften, Verliebtsein, Trennungen mit ein. Wanda, ihre Freundin, ihre Tochter, alle drei werden mehrfach vor die Frage gestellt, was sie wollen und was in ihrem Leben wichtig ist. Und was als so erstrebens- und liebenswert erschien, muss nicht immer das sein, was das Herz tatsächlich verlangt. Natürlich sind am Ende alle glücklich, doch bis dahin gibt es einiges zu erleben. Kein Herzschmerz, kein Schnulz, keine Schmetterlinge, aber ein Lächeln auf dem Gesicht.
GENERATIONSÜBERGREIFEND
Es ist köstlich zu lesen, wie Wanda und ihre Freundinnen den Club aufmöbeln und sich Jung und Alt dabei immer näher kommen. "Sixty is the new sexy", und getreu diesem Motto legen sich die Herrschaften so richtig ins Zeug. Die jungen Clubbesucher sind erstaunt, was Hajo, Marianne, Biggi und die anderen so alles zu bieten haben an Fachwissen und Ideen. Und niemand kann so überzeugend Leute "überreden" wie der junge, tätowierte Biker Axel und seine Kumpel. Nachdem die "Jungspunde" langsam auftauen und aus sich herausgehen, packen auch sie ordentlich zu, sie können malern und schleppen und Trainingskurse geben, dass es eine wahre Freude für den Leser ist. Es macht Spaß, wenn die Rentner zu ACDC und Bon Jovi ihre Streching-Übungen machen und dafür der junge "Rambo" dafür Rechtsbeistand vom "alten Hasen" bekommt. Matti kann super streichen, und dafür kann Marianne Hosen flicken.
Natürlich müssen sie alle erst einmal ihre ersten Berührungsängste überwinden, und es kommt immer wieder zu kleinen Problemen. Wie hätte Wanda auch ahnen sollen, dass sie nicht gleichzeitig den Punchbag und den Sandsack vermieten kann und nun zwei Männer darum streiten, wer das Ding benutzen darf? Facebook, Twitter und Co sind schrecklich, aber zum Glück gibt es den hilfreichen Nachbarn, und vielleicht könnte man ja doch ... Und es ist wirklich eine Schande, dass Wandas alter Kräuterteeladen plötzlich zu einer orientalischen neumodischen Teestube werden soll, in der sogar solche seltsamen Sachen wie "Matscha" verkauft werden. Obwohl - vielleicht, mal ein Tässchen probieren, ...
So sollte es sein, so gehört es sich. Schade, dass es in der Realität oft schwerer ist und es nicht so gut endet. Aber man darf doch davon träumen, dass es so sein könnte. Schließlich wäre es alles ganz einfach, Wanda zeigt es uns.
FAZIT
Das Buch liest sich schnell und unterhaltsam, zaubert ein Lächeln ins Gesicht und tut einfach gut, wenn man den Alltag einfach einmal hinter sich lassen möchte. Wanda und ihre Freunde schließt man sofort ins Herz. Ich wünschte mir, dieses ungewöhnliche Sportstudio wäre bei mir um die Ecke, damit könnte man wohl sogar mich Sportmuffel überzeugen ;-)
4,75 von 5 riesige Gartenzwerge
***************
Anmerkung: was das Cover mit dem Buch zu tun haben soll, ist mir schleierhaft. Dafür kann jedoch die Autorin nichts, Cover werden i.d.R. vom Verlag festgelegt. Und manchmal frage ich mich, was in den Köpfen von Covergestaltern vorgeht ...
SaschaSalamander 23.08.2012, 09.35 | (0/0) Kommentare | PL
Der Junge, der Gedanken lesen konnte

Valentins Vater und seine restliche Familie blieben damals nach dem Tod seines Bruders Artjom in Kasachstan, nur er und seine Mutter kamen nach Deutschland. Und nun heißt es wieder umziehen, denn seine Mutter hat eine Stelle als Marktleiterin bekommen. In seinem neuen Zuhause muss er sich erst zurechtfinden, hat noch keine Freunde. Auf dem Weg in die Bücherei begegnet er Mesut, der in seiner Straße wohnt und der ihm nicht geheuer ist. Und auf dem Friedhof lernt er Herrn und Frau Schelinsky kennen, Herrn Schmidt, "Dicke Frau" und den Friedhofsgärtner Herr Bronnislav, eine gesellige Runde. Mit ihnen versteht er sich gut, er kommt nun immer öfter auf den Friedhof. Bald freundet er sich auch mit Mesut an, der ihn begleitet. Eines Tages erfährt Valentin von einem Verbrechen, und Herr Bronnislav könnte darin verwickelt sein, aber das will Valentin nicht glauben und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei ist ihm seine neuentdeckte Gabe, Gedanken lesen zu können, sehr hilfreich.
FANTASY (GEDANKENLESEN)
Obwohl Valentin Gedanken lesen kann, ist dies nicht der Kern des Buches, den Leser erwartet kein Fantasy. Der weise Herr Schmidt kommentiert es treffend, wenn er meint, er habe schon so viel gesehen und erlebt, warum also nicht auch einen Jungen, der Gedanken lesen kann? Außerdem ist Valentin gar nicht so begeistert, ihm wird übel dabei, und er fühlt sich wie ein Eindringling, wenn er die persönlichen Gefühle der anderen teilt, er vermeidet es nach Möglichkeit. Eigentlich hätte man diesen Aspekt komplett aus dem Buch weglassen können, es hätte nicht gefehlt. Trotzdem bietet es natürlich zusätzlichen Diskussionsstoff und ist eine nette Ergänzung zur eigentlichen Handlung.
KRIMI (VERBRECHEN)
Die Aufklärung des Verbrechens ist wichtig, aber nicht der Kern. Valentin vergleicht sein Vorgehen immer mit der Kinderbande, von der er schon viele Bücher gelesen hat. Das fand ich nett umgesetzt von der Autorin, nimmt es doch freundlich das Genre der Kinderdetektive ein bisschen aufs Korn, obwohl es ja selbst ein Jugendkrimi ist.
MULTIKULTI
Ganz nebenbei wird auch das Thema der Multikulti-Gesellschaft angesprochen. Valentin kommt aus dem Kasachstan, Mesut ist Türke, Bronnislav ist Pole (wie er niemals müde wird zu betonen, wenn Herr Schmidt wieder "Alter Schwede" von sich gibt). Es ist allen egal, woher sie kommen, und doch bringen sie alle ihre eigenen Geschichte mit. So besteht in Mesuts Familie z.B. die Frage, ob sie den Urlaub in der Türkei verbringen wollen oder doch auf Gran Canaria. Auch Mesut erinnert sich viel an seine alte Heimat und überlegt, wo er nun hingehört. Doch wie gesagt ist dies etwas, das nebenbei geschieht und auf diese Weise den jungen Hörern ganz entspannt aufzeigt, wie Menschen verschiedenster kultureller Hintergründe miteinander auskommen und ihren Alltag erleben.
TOD UND STERBEN
Was den Großteil des Buches ausmacht, ohne sich dabei unangenehm in den Vordergrund zu drängen, das ist das Thema Tod und Sterben. Hier gehen alle verantwortungsvoll und bewusst damit um, aber ohne Tammtamm, ohne Angst. Sterben wird als ein Teil des Lebens betrachtet. Natürlich stellt sich auch die Frage, warum junge Menschen sterben müssen und ob das gerecht ist. Durch die entspannte Grundhaltung der erwachsenen Protagonisten ist das Buch sehr informativ und interessant für Kinder zu lesen. Die Freunde treffen sich auf dem Friedhof, weil sie kein Geld für einen Schrebergarten hatten, also beschlossen sie ihr Grab schon zu Lebzeiten zu kaufen und dieses kleine Fleckchen vorab zu nutzen. Sie möchten ihre "Nachbarn" kennenlernen, sie genießen das Leben und akzeptieren den Tod, freuen sich an der Natur, den wiederkehrenden Besuchern, bringen sogar Würstchen und Salat mit, sitzen auf Klappstühlen. Ob dies eine lebensbejahende Einstellung ist oder verwerfliche Störung der Totenruhe, das ist ein ständiger Streitpunkt zwischen dem Antagonisten (Verwalter des Friedhofs) und Familie Schelinsky. Kindern und Jugendlichen wird dadurch gelehrt, dass der Tod nichts Beängstigendes ist. Man soll das Leben genießen und Feiern, darf sich vor dem Tod aber nicht verschließen.
Da jedoch sein Bruder noch als Jugendlicher starb, hat unser Junge nun mit vielen Fragen zu kämpfen. Er trägt das Gefühl in sich, dass Artjom der bessere von ihnen war und er nun schlechter ist, seinen Bruder niemals ersetzen kann. Er fühlt sich schuldig, weil er kurz vor dem Unfall einen Streit mit ihm hatte, ohne den es vielleicht nie passiert wäre. Und sein Handeln richtet er stets danach, was sein großer Bruder getan hätte, denn der war klug und mutig. Während die Familie nicht mit ihm über diese Probleme reden kann und will, findet er in den Freunden auf dem Friedhof und in Mesut nun endlich Menschen, die ihm weiterhelfen. Besonders der alte Herr Schmidt gibt ihm Kraft und hilft ihm, sich von der Vergangenheit zu lösen und nun endlich vorwärts zu leben.
Und all das - ohne Zeigefinger, ohne umständliche Erklärung, sondern zwischen den Zeilen, verpackt in einen gemütlichen Krimi mit sympathischen Charakteren und zwei gewitzten jugendlichen Identifikationsfiguren.
CHARAKTERE
Zu den Charakteren habe ich im Abschnitt Genre ja eben bereits einiges erzählt. Sie wachsen dem Leser sofort ans Herz. Jugendlichen, weil sie sich in den beiden Jungs wiederfinden und von den Erwachsenen verstanden fühlen. Und den erwachsenen Lesern, weil die Kids wirklich sehr realitisch und kindlich - gewitzt dargestellt sind und die Erwachsenen mit ihrer aufgeschlossenen, lebensbejahenden Art gefallen. Jeder von ihnen trägt sein Päckchen mit sich, viele kleine Geschichten verbergen sich hinter den einzelnen Lebensläufen.
Schön zu beobachten ist auch, wie Valentin sich im Laufe der Handlung verändert: seine Einstellung zum verstorbenen Bruder überdenkt, sich mit dem anfangs von ihm gefürchteten Mesut anfreundet und wie er lernt mit seiner Gabe des Gedankenlesens umzugehen. Mit Valentin, Mesut, Schelinsky, Schmidt (samt Hund Jiffles) und Bronnislav hat Kirsten Boie Charaktere geschaffen, die mir seit dem Lesen vor einigen Tagen noch immer durch den Kopf gehen. Ich habe sie liebgewonnen, als wären es gute Freunde, und nur ungern habe ich mich am Ende von ihnen getrennt.
SPRECHER
Can Acikgöz ist ein sehr junger Sprecher, Jahrgang 2000. Er gewann 2012 den Lesewettbewerb des Deutschen Buchhandels und bekam nun die Möglichkeit, dieses Hörbuch zu sprechen. Und ich war wirklich begeistert! Mag sein, dass er erst 12 ist, dass er kein professioneller Sprecher ist, aber dafür macht er seine Sache wirklich großartig. Und ich finde es eine wirklich mutige und vor allem begrüßenswerte Idee, dass der Verlag keinen professionellen Sprecher engangiert hat sondern eben Can. Dadurch ist die CD den Kindern näher, als würde ein jugendlicher oder gar erwachsener Sprecher den Text einlesen.
Ja, hier und da macht er kleine Fehler, und natürlich hört man, dass er sich Mühe gibt (bei einem professionellen Sprecher klingt es locker und selbstverständlich). Aber gerade das macht es auch überaus sympathisch, ich habe ihm sehr gerne zugehört. Ich habe etwa eine Drittel CD gebraucht, um mich an seine Betonung zu gewöhnen (da er eben noch sehr bewusst liest, betont er genau und oft etwas zuviel, sodass die Sprachmelodie sehr ungewohnt ist im ersten Moment), und danach war ich wie gesagt ziemlich begeistert über das, was er da an Leistung abgeliefert hat. Seine Aussprache ist wirklich sehr gut und ohne weitere Beanstandungen, ein klar verständliches Hochdeutsch ohne große Ausrutscher. Sein Sprachtempo ist optimal, die Stimme klingt angenehm im Ohr und hat einen recht guten Wiedererkennungswert.
Was ich besonders anmerken möchte ist sein Talent, verschiedene Sprechweisen, Dialekte und Sprachmuster zu imitieren. Jeder Charakter hatte eine eigene Stimme, eine eigene Melodie, einen ganz eigenen Akzent. WOW! Das ist etwas, das selbst unter den geübten Sprechern nicht alle beherrschen, und Can scheint da wirklich eine natürliche Begabung dafür zu haben. Mesut mit seinem "ey Alder" ebenso wie die verwirrte "Dicke Frau" oder Bronnislav mit seinem polnischem Akzent, der bedächtige alte Herr Schmidt, sie alle bekommen ihre eigene Note verpasst, das Hören war für mich ein richtiger Genuss.
FAZIT
Ein herausragendes Kinderbuch, das wirklich allen Anforderungen von Pädagogik und Unterhaltung gerecht wird. Ich bin ja immer sehr kritisch in der Vergabe meiner Punkte, aber ich wüsste wirklich nicht, wo ich hier etwas abziehen sollte. Im Gegenteil, gerne lege ich noch ein bisschen drauf, als kleinen Bonus für Can, der hier wirklich eine bemerkenswerte Leistung erbracht hat. Can, super gemacht, ich hoffe auf weitere Kinder- und bald auch Jugendhörbücher von Dir!
Wertung: 12 von 10 Golddollar

SaschaSalamander 20.08.2012, 16.37 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL
Darkside Park
Porterville ist ein kleines Städchen, beschaulich und gemütlich. Nette Nachbarn, eine stets aufmerksame Polizei, die Straßen sauber und frei von Kriminalität. Wer hierherkommt, der kann sich auf einen ruhigen Lebensabend freuen, und auch seine Kinder kann man hier perfekt großziehen, einfach ideal für jeden, der kleine idyllische Orte mag. Doch hinter der Fassade lauert das Grauen. Menschen verschwinden, einige bleiben auf ewig verschollen, andere tauchen wieder auf, sind danach völlig verändert und traumatisiert. Ein Serienmörder verteilt zur Warnung Tarotkarten an seine ausgewählten Opfer. Und immer wieder hört man vom "bleichen Mann". Was ist das Geheimnis von Porterville?
GESAMMELTE LINKS
Eine Gesamtrezension für eine komplette 18teilige Serie ist schwierig, und deswegen habe ich mir vorab schon einige Gedanken gemacht. Zu jedem der 18 Teile habe ich meine Gedanken notiert. Nicht als Rezension, sondern als kurze Meinung zur jeweiligen Folge.
Einleitung
>Teil 01 - Interview mit Ed<
>Teil 02 - Das böse Zimmer 01<
>Teil 03 - Der Gesang der Ratten 01<
>Teil 04 - Das böse Zimmer 02<
>Teil 05 - Porterville Times<
>Teil 06 - In den Jagdgründen<
>Teil 07 - Die verbotene Lichtung<
>Teil 08 - Porterville Steaks<
>Teil 09 - Das kalte Licht<
>Teil 10 - Lauter nette Damen<
>Teil 11 - Der Gesang der Ratten 02<
>Teil 12 - Jenseits des Rubikon<
>Teil 13 - Augen der Nacht<
>Teil 14 - Die Stille des St Helena Parks<
>Teil 15 - Die geheimen Kinder<
>Teil 16 - Die Farbe des Chamäleons<
>Teil 17 - Frischling, Frischling<
>Teil 18 - Willkommen in Porterville<
UMSETZUNG, AUFBAU
Die ersten 17 Folgen sind jeweils in sich geschlossene Geschichten aus der Ich-Perspektive. Verschiedene Beteiligte kommen zu Wort. Mal ist es ein fremder Gast von außerhalb der Stadt, mal ein Bewohner der Stadt ohne Hintergrundwissen, später auch Eingeweihte und Mitwisser. In der ersten Staffel haben die Folgen sehr wenig Bezug zueinander, und recht lange fragt man sich, was die einzelnen Figuren verbindet und welchem Zweck die Darstellung deren Situation jeweils dienen soll. Während die Serie dann langsam voranschreitet, gibt es nach und nach immer mehr Querverbindungen. Figuren aus anderen Geschichten werden erwähnt, hier und da wird eine Handlung aus nun einer anderen Perspektive geschildert, Symbole und Elemente aus anderen Episoden tauchen erneut auf. Doch der eigentlichen Lösung kommt man nicht wirklich näher. Da man weiß, dass DARKSIDE PArK mit 18 Folgen abgeschlossen ist, stört das jedoch nicht, auch wenn man gerade in der zweiten Staffel manchmal nah an der Verzweiflung ist, endlich mehr wissen will und sich noch so weit von der Antwort entfernt fühlt. Perfekt gemacht, die Spannung steigt von Stunde zu Stunde.
Auch, wenn jede Geschichte eine eigene Handlung in sich birgt und für sich selbst abgeschlossen ist, so gibt es doch eine übergeordnete Handlung. Manche Episoden dienen dabei lediglich als Füllelement und vervollständigen das Gesamtbild. Andere dagegen treiben das Geschehen um Martin Prey, der bald zum eigentlichen Protagonisten der Serie wird, voran. Die oben unter "Inhalt" geschilderte Zusammenfassung ist das Gesamtbild, die Handlung um Martin ist wesentlich konkreter: Martin trifft auf Sarah und erfährt durch sie, dass die Stadt ein Geheimnis birgt. Er beginnt zu ermitteln, wird dabei selbst zum Gejagten und irrt durch die Stadt, trifft auf verschiedene Mitstreiter und Gegner, bis er endlich am Ziel ist und alles erfahren soll.
SECHS VERSCHIEDENE AUTOREN
Die Zusammenarbeit verschiedener Autoren finde ich mehr als gelungen. Ein Gesamtkonzept, an dem sich alle orientieren, dabei aber kreative Freiheit. "Viele Köche verderben den Brei", mag man im ersten Moment denken. Hier aber hat das Projekt eine außergewöhnliche Eigendynamik gewonnen, die Anerkennung verdient. Sechs Autoren, unterschiedlich in ihrer Erzählweise und ihrem Ausdruck, haben gemeinsam ein Bild gemalt, das in sich stimmig ist. Sie alle haben dem DARKSIDE PARK ihren eigenen Stempel aufgedrückt, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen.
Bei 18 Folgen kann es schnell passieren, dass es bald langatmig wird, dass man abbrechen möchte oder mittendrin die Lust verliert, Spannung hin oder her. Mir zumindest geht es so, dass ich nicht gerne allzu lange mit einer einzigen Reihe beschäftigt bin. Durch die unterschiedliche Vorgehensweise der Autoren allerdings hätte es für mich noch ewig so weitergehen können, es gab ausreichend Abwechslung und trotzdem immer einen roten Faden.
Folgen, die mir weniger gut gefielen, wurden von anderen Hörern teilweise als Lieblingsfolgen benannt. Was mich absolut begeisterte, fanden andere wieder nicht so gut. Mit anderen Worten, das Gesamtbild ist grandios, es gibt schwächere und stärkere Folgen, doch dies liegt nicht an schlechtem Handwerk sondern persönlichen Vorlieben der Hörer. Es ist also für jeden etwas dabei, Porterville dürfte aufgrund seiner Vielfalt und des auf verschiedenen Ebenen erzeugten Spannung weit mehr Fans ansprechen, als ein einzelner Autor es geschafft hätte.
Spannung baut sich durch die sechs Autoren und deren voneinander abweichende Erzähltechnik auf vielen verschiedenen Ebenen auf, die Genres mischen sich bunt durcheinander. Hardboiled, Phantastik, Horror, Thriller, Krimi, Cosy. Mal der knallharte Typ mit rauer Schale weichem Kern, mal die netten alten Ladies, mal eine historische Geschichte um Indianer, ein andermal ganz normale junge Erwachsene wie Du und Ich. Einige Geschichten erinnern in ihrer Düsternis und Direktheit an Stephen King, andere führen den Hörer im Stil eines H P Lovecraft direkt an die Grenzen des Wahnsinns. Mal Blut und Knochenknacken, mal "Arsen und Spitzenhäubchen", mal Gänsehaut und nackte Angst.
SPRECHER
Alle Rollen sind durchweg grandios besetzt mit bekannten Stimmen aus den Bereichen Hörbücher, Hörspiele, Filme. Sie alle machen ihre Sache professionell und mit sehr viel Elan, man hat hier sehr gute Arbeit geleistet bei der Auswahl, Koordination und Regie. Nicht nur im Ausdruck, auch Tonfall, Klang der Stimme, alles passt so perfekt zu den jeweiligen Protagonisten, dass man regelrecht einen 18stündigen Film vor sich zu sehen glaubt.
Bei diesem Punkt weiß ich gar nicht so recht, was ich weiter schreiben kann als "prima gemacht". Einzig mit einem Sprecher konnte ich mich nicht so recht anfreunden, da ich die Art des Vortrags zu wenig emotional und zu monoton fand. Bei 18 Folgen kann man keinesfalls 100 Prozent erwarten, aber der DARKSIDE PARK ist verdammt nahe dran ;-)
HÖRBUCH / HÖRSPIEL
Teil 1 bis 17 sind reine Hörbücher. Hörspieltypisch allerdings ist das klassische Intro von Friedrich Schönfelder, der den Hörer begrüßt und dann die Überleitung zur aktuellen Geschichte gibt. Zu Beginn und am Ende gibt es dann noch jeweils ein kurzes Geräusch. Es ist nur ein leises, unaufdringliches Geräusch, aber es ist faszinierend, wie stark diese Wirkung ist! Besonders in einer Folge stach es drastisch heraus und verlieh der gesamten Story zusätzlich noch einmal den perfekten Abschluss.
Obwohl es ein Hörbuch ist, sortiere ich es gedanklich immer in die Kategorie Hörspiele. Teilweise wegen der typischen Hörspielsprecher, aber auch weil ich es trotz des jeweils einzelnen Sprechers immer als Hörspiel empfunden haben. Sie haben die jeweiligen Dialoge so gut verkörpert, dass man stellenweise regelrecht vergass, dass nur ein einziger Sprecher vor dem Mikrofon saß!
Folge 18 dagegen ist ein Hörspiel mit zwei Protagonisten und kleinen Nebencharakteren. Ich muss zugeben, dass ich sosehr auf die Gespräche zwischen Martin und Hudson fixiert war, dass ich wenig auf Musik und Geräusche geachtet habe, jedoch ist mir nichts negativ aufgefallen, auch hier war wieder alles in sich stimmig und eben richtig "rund". Nur selten nimmt ein Hörspiel mich derart gefangen, dass ich das "Drumherum" völlig vergesse und mich nur noch komplett auf den Inhalt konzentriere.
Ich weiß nicht, ob ein Hörspiel teurer ist als eine Lesung, vermutlich ja (da man mehr Sprecher braucht, Musik und Geräusche, es macht wohl mehr Arbeit als ein Soloauftritt). Ansonsten hätte ich es großartig gefunden, wenn die Reihe komplett als Hörspiel gemacht worden wäre, oder wenn man wenigstens die reine Lesung zu einer szenischen Lesung aufgestockt hätte, mit etwas mehr Geräuschen und hier und da Musik im Hintergrund zum Verdichten der Atmosphäre.
ABSCHLUSS IN FOLGE 18
Das Ende hat mir sehr gut gefallen. Recht schnell zeichnet sich ab, worauf es hinausläuft. Klar, exakt das Ende konnte wohl niemand vorhersehen, aber die Tendenz war klar. Und auch für konkretere Informationen gab es einige Hinweise. Absolut zufriedengestellt hat es vermutlich niemanden, dazu ließ es einfach zuviele Fragen offen. Trotzdem, gerade in diesem Genre ist es nicht wirklich möglich, alles zur Zufriedenheit zu klären, und das offene Ende sowie die unbeantworteten Fragen sind in einem für mich annehmbaren Umfang. Dafür, dass man 17 Folgen lang auf diesen einen Moment hingezittert hat, wäre etwas mehr wünschenswert gewesen, der DARKSIDE PARK ist perfekt für jede Menge Spin-Offs, Prequel, Sequel und eine Fortsetzung. Auch, wenn ich das Ausschlachten eines erfolgreichen Titels durch Fortsetzungen verachte, würde ich es hier ausnahmsweise sogar begrüßen. Nicht, weil ich unbedingt mehr will, sondern weil es einfach schade ist, dass so viel genialer Stoff nun ungenutzt in den Hirnen der Autoren brachliegt und nicht geteilt wird. Es gibt so viel, was man noch aus der Serie noch machen kann!
FAZIT
Der DARKSIDE PARK ist ein Projekt, das es in dieser Form noch nicht gab. Ivar Leon Menger und seinen Kollegen ist ein Meisterwerk gelungen, das so schnell niemand wiederholen kann, etwas ganz Eigenes und Anderes wurde hier erschaffen. Die Reihe packt den Hörer von der ersten Folge an und hält ihn bis zur letzten Episode gefangen, indem sie eine perfekte Mischung unterschiedlichster Genre und Erzähltechniken darbietet.
Und zum Abschluss: wer die Reihe bereits gehört hat, der wird nach Folge 18 wohl sehr viele Fragen haben. Viele von diesen Fragen wurden von Ivar Leon Menger und anderen Autoren ausführlich und nachvollziehbar im Forum der >Hörspiel-Freunde<
Wertung: 95 von 100 Versandhauskataloge
SaschaSalamander 15.08.2012, 09.18 | (0/0) Kommentare | PL
Hörig und ausgeliefert

Ursprünglich erschien HÖRIG UND AUSGELIEFERT unter dem weniger reißerischen Titel DER DÄMONENPRINZ. Auch das Cover der alten Ausgabe gefällt mir besser, da die psychedelischen Farben gut meinen Leseeindruck widergeben.
Jeremiah erlebt als Jugendlicher eine Show-Hypnose und ist seitdem fasziniert von dem Gedanken der Macht durch Gedankenkontrolle. Er liest alles, was ihm in die Hände fällt, und bald macht er in der Oberstufe erste Erfahrungen, hilft Schülern mittels Hypnose bei der Entspannung und Prüfungsvorbereitung. Als sie ihm zu vertrauen beginnen, begeht er das erste Mal den Tabubruch und verlangt etwas, das nicht abgesprochen war. Langsam tastet er sich voran, bis ihm bewusst wird, dass er tatsächlich Macht über den Willen seiner Freunde ausüben kann. In Simone findet er ein williges Opfer, sie genießt es, von ihm zu kleinen Spielchen gezwungen zu werden, geistige Fesseln angelegt zu bekommen. Doch bald geht Jeremiah zu weit, die Macht über seine Freundin genügt ihm nicht, er will mehr. Immer stärker wird seine Kraft, immer tiefer dringt er in das Bewusstsein seiner Opfer, bald ist er nicht mehr auf die Einwilligung der Betroffenen angewiesen. Bald wird ihm bewusst, wer er wirklich ist und welche Möglichkeiten sich ihm in der Realität tatsächlich eröffnen.
Bezüglich der Praktiken mag es einige weit heftigeren Bücher geben, zum Beispiel >SKLAVENJAGD< oder >DAS LETZTE ELEMENT<. Was der Autor hier allerdings macht, ist gewagt: hier gibt es keine Einwilligung, und die Subs / Sklavinnen sind auch nicht freiwillig in ihre Rolle geschlüpft, sie sind tatsächlich Opfer. In "normalen" Thrillern gang und gäbe, in erotischen Romanen eine gewagte Darstellung. Allerdings gelingt es Hoffmann, mit einem absolut unerwarteten Twist nach rund 60 Seiten die Handlung in einem völlig neuen Licht darzustellen und dem Buch die Schärfe zu nehmen. Wer also bereits die Keule in der Hand hielt und ordentlich loswettern wollte, der darf sie getrost wieder einpacken - das Buch gleitet ab auf eine Ebene, die so abgehoben und fernab der Realität ist, dass "normale" Maßstäbe nicht mehr greifen. Eine geschickte Idee, das Kopfkino auf diese Weise zum Klingen zu bringen und dem Leser ein faszinierendes Gedankenspiel zu präsentieren.
Der Protagonist ist ein Außenseiter, und je mehr Macht er gewinnt, desto größer wird sein Drang, sich rückwirkend an allen zu rächen, die ihn damals abwiesen. Und es waren viele Frauen, die ihm einen Korb gegeben haben, oh ja! Die Wandlung Jeremiahs findet auf vielen Ebenen statt. Anfangs ist er unsicher, wagt nur vorsichtige Versuche und geht noch recht planvoll vor, bald wird er wagemutiger, unvorsichtiger, bis er am Ende aggressiv, wahllos und ohne Plan einfach nur noch tut, wonach ihm der Sinn steht. Auch in der Wortwahl kann man die Entwicklung Jeremiahs verfolgen. Anfangs ein pubertierender Junge, der hier und da Spaß an ein paar einzelnen Kraftausdrücken hat, der später immer laxer mit seiner Sprache umgeht und am Ende hemmungslos mit allem um sich wirft, schließlich ist es ihm eh egal, wer soll ihn denn bitte maßregeln oder eingrenzen?
Stellenweise ufert das Buch ziemlich aus, es wirkt wie eine knallbunte Phantasie eines jungen Mannes mit viel zuviel Testosteron, und ich war an einem Punkt fast soweit zu sagen, dass ich es weglege, weil es mir einfach zu verrückt wurde. Doch genau in dem Moment passiert der Twist, und was ich anfangs noch eher skeptisch betrachtete, wurde danach zu einem absoluten Vergnügen. Leider ist es mir nicht möglich, ohne Spoiler Andeutungen zu machen oder irgend etwas zu verraten. Nur soviel: ich habe mich köstlich amüsiert. Und der Autor erspart mir die Arbeit, das Buch im Aufbau und der Charakterentwicklung zu analysieren, dies geschieht hier von ganz von selbst auf höchst unterhaltsame Weise, gewürzt mit einer ordentlichen Portion Selbstironie.
In vielerlei Hinsicht werden Realität und Fiktion verwoben. Wer sich für das Thema Hypnose interessiert, wird hier einige Literaturempfehlungen finden, der Autor benennt reale Lektüre, gibt eigenen Büchern sogar kleine Cameo-Auftritte und bezieht sich in den Forschungen Jeremiahs auch auf das Parapsychologische Institut in Freiburg, benennt reale Personen. Natürlich kann man den Roman einfach lesen, diese Punkte ignorieren, wer aber ein bisschen recherchiert, wird so manche interessante Überraschung erleben.
Ein durch und durch ungewöhnliches Buch, hocherotisch, dabei aber humorvoll und spannend. Flüssig zu lesen und auf jeden Fall ein Titel, den man nicht so schnell vergisst.
Wertung: 8 von 10 mentale Fesseln
SaschaSalamander 09.08.2012, 08.56 | (0/0) Kommentare | PL
Voll das Leben

Jan hat seinen pflegebedürftigen Lebensgefährten bis zu dessen Tod versorgt, sein Alltag wurde immer schwerer und grauer. Zusätzlich zu der belastenden Privatsituation musste er auch die spitzen Bemerkungen seines homophoben Arbeitskollegen Nick erdulden. Als sein Freund stirbt, ist Jan alleine, er gibt sich auf, und umso erstaunlicher ist es, als plötzlich Nick dasteht und sich um ihn sorgt. Doch Jan will das nicht annehmen, und so taucht er unter, geht seinen eigenen Weg, er will die Vergangenheit hinter sich lassen. Aber immer wieder ergeben sich Berührungspunkte zu seinem alten Leben, und Jan muss sich entscheiden, ob er zurück will.
Auffällig an dieser Geschichte ist vor allem, dass sie fernab der üblichen Gay-Romance agiert. Wer Romantik oder eine heile Welt sucht (denn trotz Konflikten sind die meisten Geschichten eine fiktive heile Welt), der ist hier falsch. In VOLL DAS LEBEN spiegelt sich genau das wieder: das nackte, blanke Leben in seiner Tristesse und Trostlosigkeit. Und das Wissen, dass es sich exakt so ereignet haben könnte, Jans Geschichte ist die Geschichte vieler Menschen, die durch den Tod eines Angehörigen gestrauchelt sind und dann auf der Straße landen, ähnlichen Lebensläufen bin ich schon sehr oft begegnet.
Im Grunde hätte man diese Geschichte auch schreiben können, ohne dass Jan schwul ist, es ist eigentlich eher nebensächlich, der Tote hätte auch seine Frau sein können, Nick hätte man ersetzen können durch Nicki, es hätte nichts an der Intention geändert. Und auch das ist etwas, das man selten findet: Bücher, in denen Homosexualität nicht Mittel zum Zweck (der Unterhaltung der weiblichen Leserschaft) ist, sondern einfach etwas, das so ist, wie es eben ist. Daher geht es hier auch nicht um Sexualität, Erotik oder Romantik, wenngleich die Geschichte natürlich auf ihre Weise dennoch ein Happy End hat (Nicks Motive dürften geübten Lesern vom ersten Moment an klar sein).
Obwohl die Geschichte sehr melancholisch ist, strahlt sie dennoch etwas Lebensbejahendes, Kraftvolles aus. Jan gibt nicht auf, der Leser versinkt mit ihm nicht in Schwermut. Harte Arbeit als Flucht vor dem Denken, der Vergangenheit, der Trauer, harte Arbeit als Chance, sich ein neues Leben zu verdienen, das am Ende auch gewährt wird. Und auch, wenn Jan sich einsam fühlt, weiß der Leser, dass im Hintergrund Menschen um ihn sind, die sich sorgen und kümmern, die ihm helfen, sich in dieser Arbeit zu verwirklichen. Mir sind Jan und seine neue "Familie" sehr ans Herz gewachsen, gerne habe ich die Zeit mit ihnen verbracht.
Eine Geschichte, die ihre Leser bewegt. Anders, traurig und wunderschön.
SaschaSalamander 24.07.2012, 08.52 | (0/0) Kommentare | PL
Gattaca

Kurz nach Erscheinen sah ich den Film, und nun etwa 15 Jahre später erneut, er begeisterte mich heute ebenso wie damals. Der Film ist bekannt und schon recht alt. Trotzdem möchte ich kurz erzählen, warum ich diesen Film so schätze:
Er ist hochspannend auch ohne "Krachbumm". Die Frage nach dem wahren Täter ist dabei gar nicht einmal so wichtig, es ist kein Krimi. Viel entscheidender ist es, ob Vincent alias Jerome sich seinen Traum erfüllen wird und eines Tages zu den Sternen fliegt. Es gibt unzählige Hindernisse, doch er gibt nicht auf und arbeitet hart. Die Disziplin, die er dafür aufbringt, ist beeindruckend, und die Methoden zur Verschleierung seiner wahren Identität sind faszinierend. Er ist eine Identifikationsfigur, er verkörpert eisernen Willen und eine Zielstrebigkeit, die Mut macht. Von Geburt an zum Scheitern verurteilt, niemand glaubt an ihn, doch er will es schaffen. Immer wieder gibt es Momente, in denen ich angespannt den Atem anhielt. Jede sportliche Leistung könnte für ihn das Aus bedeuten, der intime Moment mit seiner Freundin eine Bedrohung, für alle möglichen und unmöglichen Situationen des alltäglichen Lebens muss er gewappnet sein und Körperzellen, Hautschuppen, Blutproben, Urinproben etc parat haben.
Nichts fliegt in die Luft, es gibt keine Verfolgungsjagden, es wird nicht geschossen, die Musik ist immer ruhig, mal jazzig, mal klassisch, der Soundtrack alleine ist hörenswert und geeigneter Hintergrund für einen entspannten Abend bei Kerzenlicht und Tee. Die Farben sind je nach Szene mal in warmen Sepiaton gehalten, weich wie Vincents Innere, seine Träume und Hoffnungen. Ein andermal blenden sie hell, blank und kühl, so steril und aseptisch wie seine neue Identität. Man spielt viel mit Licht und Schatten, sorgt auf diese Weise für zusätzliche Atmosphäre.
Womit ich wirklich nicht gerechnet hätte ist ein zusätzlicher Twist am Ende, der nicht einmal nötig gewesen wäre aber eigentlich auf der Hand lag. Ich ärgerte mich ziemlich, dass ich nicht darauf kam, denn die Hinweise am Anfang waren deutlich, und zudem war dieses Thema viel zu lange offen geblieben. Hervorragend, so liebe ich meine Bücher und Filme: intelligent geplottet, gut durchdacht und in sich stimmig.
Der Film befasst sich mit dem Thema der Eugenik. Schon 1997 war es wichtig, doch nun, 15 Jahre später, ist die damalige Dystopie bzw Science-Fiction schon einen Schritt weiter. Das menschliche Erbgut wurde immer besser erforscht, kurz vor Erscheinen des Filmes wurde Dolly erschaffen. Aktuell, im Juli 2012, soll ein neuer Bluttest auf den Markt kommen, der das Down-Syndrom bereits in einer frühen Phase der Schwangerschaft erkennen soll, die Legalität des Tests ist umstritten, immer komplizierter werden heute die Fragen der Ethik und die Forderungen der Wissenschaft. Wie weit ist Gattaca tatsächlich entfernt? Ohne ein einziges Mal den Zeigefinger zu heben, wird das Thema sehr gut dargestellt, und auch die Symbolik des Filmes weist darauf hin. Eine Wendeltreppe gleich dem menschlichen Erbgut im Haus des Validen, der zweite Vorname des Validen Eugene sowie viele weitere kleine Merkmale fallen dem aufmerksamen Zuschauer auf.
GATTACA ist vordergründig ein Science-Fiction bzw eine Dystopie, doch vielmehr ist es ein Drama, eine Gesellschaftskritik. Und vor allem ein Film der leisen Töne, dessen eindringliche Bilder lange im Gedächtnis bleiben ...
(Anmerkung: ich bilde mir ein, früher gab es einmal ein schöneres Cover, in warmen Brauntönen. Das aktuelle Cover wird dem Film nicht gerecht, finde ich, weil es ein Gefühl vermittelt, das nicht zur Atmosphäre passt. Aber egal, man hat sich wohl etwas dabei gedacht)
SaschaSalamander 13.07.2012, 08.15 | (0/0) Kommentare | PL
Black Sun

Ein Manga, der verschweißt und klar als 18+ deklariert ist. Während das in manchen Fällen einfach nur Werbung sein soll und über Händchenhalten und ein paar Berührungen unter der Bettdecke nicht hinausgeht, geht BLACK SUN eindeutig über Shonen Ai hinaus und ist ein Titel, den ich in seiner Deutlichkeit und Intensität gerne neben FINDER und >CRIMSON SPELL< von Ayano Yamane stelle.
Was die Geschichte in BLACK SUN betrifft - naja, es Yaoi, da erwarte ich nicht allzu viel. Ja, es hat historischen Hintergrund, aber der ist nicht allzu ausgebaut. Die Kulisse hätte schöne Möglichkeiten geboten an Recherche, Kultur und Plot, allerdings beschränkt sich das Thema Okzident und Orient vor allem auf die hübsche Gewandung und gelegentlich etwas Architektur, im Grunde hätte man die Geschichte in jede beliebige Epoche und in jedes beliebige Land versetzen können. Sexszenen und explizite Darstellung des Aktes (dessen Freiwilligkeit eher dem Vaterland dient denn aus freien Stücken geschieht) haben also eindeutig Vorrang vor komplexen Handlungsstrukturen.
Die Zeichnungen sind dafür umso gelungener: zwar sind die Männer hübsch, aber es sind vor allem Männer, keine Bübchen und keine Jungs wie in softeren Titeln üblich. Wer Muskeln sehen möchte und es dabei auch zielstrebig und grob mag, der kann bei BLACK SUN definitiv nichts falsch machen. Die Körper werden dabei mit Händen über dem Kopf gestreckt, gefesselt, schmerzverzerrt und zusammengeschnürt, nackt in der Öffentlichkeit präsentiert oder willig dargeboten - Ogasawara lässt sich einiges einfallen, um mehr als "nur" die typische Körperhaltung zu zeichnen. Und immer sind die Proportionen stimmig, anregend und hübsch in Szene gesetzt. Auch die Tiere sind wunderschön und geschmeidig gezeichnet, etwa die Kriegspferde oder später in der Bonusgeschichte der Panther. Ansonsten ist in diesem Manga nicht wirklich viel zu sehen: Körper, hübsche Gewandung, nette Architektur und natürliche Eleganz. Mehr braucht es nicht, schließlich geht es sowieso nur um das Eine ;-)
Kurz gesagt: Immer nur Händchenhalten ist langweilig. Manchmal soll es einfach nur Sex sein. Und dafür ist BLACK SUN genau richtig ;-)
Wertung: 9 von 10 Peitschenhieben
SaschaSalamander 11.07.2012, 08.12 | (0/0) Kommentare | PL
Lord Skeffington Scatters Katzenärger
Fahr Sindram ist Mangazeichnerin und Kinderbuchautorin, ihre Werke erscheinen im Butter and Cream Verlag, 2006 erschien das erste Werk LOSING NEVERLAND, ein Manga, der sich neben einer packenden Handlung vor allem gegen Kinderpornographie ausspricht. Etwas, das ich allgemein sehr wichtig finde und das vor allem im Mangabereich ein ganz eigenes Thema ist, das hier viel zu selten angesprochen wird.
INHALT
LORD SKEFFINGTON SCATTERS - KATZENÄRGER ist ein niedliches Bilderbuch, das mit seinem Nonsens-Humor, den liebenswerten Charakteren und den herrlichen Bildern auch für Erwachsene ein unterhaltsames Lesevergnügen darstellt. Lord Skeffington Scatters ist ein junger Zombie, bleich und mit viel blauer Pomade im Haar, er lebt mit seinen fünfzehn (15!) Katzen zusammen. Und wie alle jungen Menschen Zombies wünscht er sich Freunde, doch das ist nicht leicht, wenn man bleich ist, blaue Haare hat und eigentlich tot ist. Während seiner Arbeit in der Eisdiele verliebt er sich in "das Mädchen", doch was soll er tun, um ihre Liebe zu gewinnen? Leider stellt er sich sehr ungeschickt an, und auch die fünfzehn (15!) Katzen sind ihm keine große Hilfe dabei.
SPRACHE, GENRE
Ach, ein wundervolles Bilderbuch, das ich gern gelesen habe und das mich durchweg begeisterte. Wie gesagt, sehr viele Elemente des Nonsens heitern die an sich knappe Handlung auf: viele Dinge werden wiederholt, etwa die fünfzehn (15!) Katzen, oder auch das Lieblingsfutter der Katzen, die blaue Pomade. Der Autor spielt mit der Bedeutung unterschiedlicher Worte, setzt Sprichwörter um zu realen Ereignissen, zieht unverhältnismäßige Vergleiche und jongliert mit den Sätzen, die Charaktere führen ungewöhnliche Dialoge, es gibt sehr schräge Aktionen und unlogische Schlussfolgerungen. Ein einfach zu lesender Text, an dem Leser aller Altersklassen ihre Freude haben, die Kinder eher aufgrund der witzigen Story, die Erwachsenen aufgrund des hintergründigen Humors. Ein paar Beispiele:
"Das Haus hatte er von seinem Großonkel geerbt. In seiner Familie wurde sowieso vieles weitervererbt. So hatte der gute Skeffington seine Füße von Großonel Milton und seine langen Unterarme von Urgroßvater John-Joe".
"Ich kannte einmal eine Katze, die so alberne Witze erzählte, dass sie sich eines schönen Tages einen Wolf lachte, den hatte sie dann ihr ganzes restliches Leben am Hals. Und das störte wirklich sehr, auch wenn er Vegetarier war!"
"Er war ziemlich wie Du und ich. Und wenn nicht wie Du, dann eben wie ich und Nachbars Gartentor."
"Er zitterte wie eine Klapperschlange und klapperte wie Espenlaub."
ZEICHNUNGEN
Text und Zeichnungen bilden hier eine kongeniale Einheit. Zwar kann jedes für sich stehen und überzeugen, doch in Verbindung ist es wirklich einzigartig. Immer wieder schweift beim Lesen der Blick auf die Bilder, man vergleicht das Bild mit dem Text und stellt fest, wie liebevoll einzelne Details umgesetzt wurden. Und die Bilder machen neugierig auf den Text. Auch blätterte ich immer wieder zwischen dem Text, den Bildern und dem Ende hin und her: denn am Ende des Buches werden alle fünfzehn (15!) Katzen namentlich und mit ihren Charaktereigenschaften vorgestellt. Da kommt ganz von selbst das Bedürfnis, auf jedem Bild zu zählen, ob wirklich alle Katzen zu sehen sind und wie sie sich diesmal gekleidet haben, ob man sie auch alle erkennt und zuordnen kann.
Einige kleine Bilder unterstreichen neben dem Text nur knapp dessen Aussage, andere bekommen eine eigene, komplett colorierte Seite, sogar doppelseitige Bilder sind zu finden. Die Textseiten sind zusätzlich mit einem hübschen Rahmen verziert, der in sich geschlossen ebenfalls viele kleine Motive beinhaltet und zum Entdecken einlädt.
Auf den Bildern gibt es auch unabhängig vom Text sehr viel zu entdecken, für Bücherwürmer dürften vor allem die herumliegenden Bücher oder die Bücherregale interessant sein, dort finden sich sehr viele spannende Titel, die zu entdecken einer Schatzsuche gleicht, jedesmal begleitet von einem kleinen freudigen Erfolgserlebnis. Unzählige süße Details verleiten zum Träumen, Lachen, Spaß haben und Entdecken. Alles gilt es zu betrachten von den Fotos an den Wänden hin zu Accessoires an der Kleidung oder kleine Geschichten, die auf den Bildern zusätzlich zur Handlung im Text erzählt werden. Ich werde das Buch noch sehr oft aufschlagen, um darin zu blättern.
Obwohl es um einen Zombiejungen geht, und obwohl es Gothic-Elemente enthält, zeigt Fahr Sindram mit diesen Bilder ganz wunderbar, dass Goth nicht immer Schwarz sein muss, sondern im Gegenteil auch kunterbunt, herzlich und verspielt sein kann. Sieüberschlägt sich regelrecht mit Farben, Formen und Mustern, und das Buch strotzt (zwischen den Zeilen, denn vordergründig geht es ja um einen toten Jungen und eine unglückliche Liebe) vor Lebensfreude, Glück und guter Laune, man kann gar nicht anders als nach dem Lesen glücklich zu sein.
MORAL
Die Moral des Buches gefällt mir, sie ist zwar klar und liegt für den Leser auf der Hand, dennoch kommt sie witzig daher, die Autoren nehmen sie aufs Korn und machen auch hieraus einen eigenen Scherz. Noch nie wurde eine Moral so süß verpackt! Überhaupt ist das Ende der Geschichte wirklich gelungen. Es ist ein Happy End, wenn auch anders als erwartet, man kann sich mit den Charakteren freuen. Und auch, wenn das Buch abgeschlossen ist, lädt das Ende die Kinder ein, gemeinsam mit den Eltern neue Abenteuer mit Lord Skeffington zu erfinden. Einen Freund wie den kleinen Zombie und seine fünfzehn (15!) Katzen wünscht man sich gerne
FAZIT
Unbedingt kaufen! Was auch immer ich hier alles geschrieben habe, man muss es sich selbst ansehen. Wer das, was ich hier in der Rezi angeschnitten habe, auch nur ansatzweise interessant fand, der wird von Skeffington begeistert sein! :-)
Wertung: 100 von 100 Rock und Rollende Kellermonster

SaschaSalamander 09.07.2012, 08.56 | (0/0) Kommentare | PL
In Liebe, Brooklyn

Lucca ist gestorben. Seine Freundin Brooklyn ist nicht fähig, ihre Trauer zu bewältigen. Sein Bruder Nico läuft wortwörtlich davon, sucht seinen Trost im Laufsport. Ein Jahr nach dem Unfall verstirbt auch Gabe, war es eine Überdosis oder war es Absicht, weil auch er den Tod des Jungen nicht verkraftet hat? Nach Gabes Tod leidet Brooklyn unter immer schlimmeren Albträumen, gleichzeitig erhält Nico vom Geist seines Bruders den Auftrag, Brooklyn zu helfen. Werden die beiden in ihrem Kummer zueinanderfinden?
Obwohl es darum geht, wie Nico und Brooklyn zueinanderfinden und es ein Buch voller Sanftheit ist, ist es kein typischer Roman um Jugendliebe. Eher würde ich das Buch im Bereich Drama und Entwicklung einordnen. Und obwohl Luccas Geist indirekt darin vorkommt, sehe ich es nicht als Fantasy, dieser Aspekt ist vielmehr ein weiteres Symbol der Autorin, hier stellvertretend für die Verbundenheit zwischen Nico und seinem Bruder.
COVER
Lasse ich Cover und Gestaltung normalerweise außen vor, so ist es hier unbedingt erwähnenswert. IN LIEBE BROOKLYN ist im Format etwa so groß und breit wie eine kleine Geldbörse, passt also auch gut in die Hosentasche. Das Cover in zartem Rosa und Grün glitzert leicht metallisch, springt sofort angenehm ins Auge. Das Papier ist sehr dünn, wie man es von Minibüchlein (vor allem Bibel, aber auch andere) kennt. Das sagt natürlich alles noch lange nichts über den Inhalt des Buches, aber es wirkt schon vor dem Lesen sehr ansprechend, wie ein kleines Tagebuch, es lädt vor allem weibliche Leser ein, es aufzuschlagen, sich in den Worten darin zu verlieren.
SPRACHE, GESTALTUNG, AUFBAU
Das Buch ist klein und dünn, die Seiten sind auch nicht wie gewohnt komplett bedruckt. Statt dessen ist das Buch in freier Versform geschrieben. Es reimt sich nicht, sieht jedoch hübsch aus und vermittelt Poesie, Lyrik. Dennoch ist die Sprache nicht einem Gedicht entsprechend gewählt oder gehoben, es liest sich normal und flüssig wie jedes andere Buch dieser Art auch. Vielmehr erinnert es mich an die Tagebucheinträge junger Mädchen, die ihren Gedanken auf diese Weise Form verleihen. Der Zielgruppe des Buches entsprechend ist das eine wunderschöne Idee, für mich hätte es das allerdings nicht gebraucht, mir ist die Aufmachung eines Buches und die Gestaltung der Textform egal, ich bin da ganz pragmatisch. Trotzdem, eine hübsche Idee, die Blicke auf sich zieht und gefällt. Mir ist aktuell kein anderes Buch bekannt, das in dieser Form veröffentlicht wurde.
Es liest sich insgesamt sehr flüssig, wie ein normaler Roman. Was mir besonders gefällt ist der Subtext. Die Geschichte wird hier zum geringsten Teil durch Worte erzählt als durch das, was ungesagt bleibt. Das Buch enthält sehr viele Symbole, und man merkt, wie im Laufe des Buches immer häufiger schöne, angenehme Symbole auftauchen - auch ohne dass Brooklyn erwähnt, dass es ihr besser geht, erkennt der Leser ihre langsam wieder aufkeimende Lebensfreude alleine anhand kleiner Symbolbilder. So spielen Comics zu Beginn eine sehr wichtige Rolle, werden immer seltener, bis Brooklyn es eines Tages ganz vergisst. Dafür kommen die Blumen wieder in ihr Leben, beginnt sie das Laufen. Auch Hunde zu Beginn als Sinnbild für Vergänglichkeit und Tod, Zwang und Unstimmigkeit, bis sie am Ende nach und nach zu einem Sinnbild des Lebens und der Freude, der freien Entscheidung und des Miteinanders werden. Auf diese Weise erzählt die Autorin die Geschichte auf hintergründige Weise, es gibt sehr viel zu interpretieren, assoziieren, es fällt leicht, sich einfach fallenzulassen und ganz dem Fluss der Handlung zu folgen.
Mit Fortschreiten der Handlung ändert sich nicht die Sprache, jedoch die Art und Form der Texte sowie deren Zusammenhang. Anfangs liest man lediglich die Tagebucheinträge von Brooklyn und Nico sowie Brooklyns Briefe an den verstorbenen Lucca. Ein Mail von Nico an Brooklyn ist der Wendepunkt: bis dahin verfolgte man die Leben der beiden parallel, nun beginnt es sich zu verstricken, oft spielen sie sich gegenseitig den Ball zu. Nico erzählt den Beginn eines Treffens, Brooklyn beendet es, Nico reflektiert es anschließend. Die Briefe an Lucca werden seltener. Lisa Schroeder ist es in der Tat gelungen, ein durch und durch in sich stimmiges Buch zu schreiben, bei dem das Äußere, die Sprache, der Aufbau und die Charaktere eine wundervolle Einheit bilden.
CHARAKTERE
Brooklyn und Nico gehen unterschiedlich mit ihrer Trauer um. Als Leser erlebt man beide sowohl von außen (aus Sicht des jeweils anderen betrachtet) als auch von innen (durch ihre Tagebucheinträge). Zwei grundverschiedene Menschen, die in kleinen Schritten zueinanderfinden. Nico ist nach außen hin locker, er trainiert, arbeitet, erfüllt seine Pflichten, doch in ihm nagt die Trauer, er fühlt sich als Sohn vernachlässigt, gibt sich stark doch fühlt sich schwach. Brooklyn dagegen ist innen wie außen zerbrechlich, sie weint, ist hilflos und ist kurz davor, sich aufzugeben. Doch der Leser wird von Selbstmitleid und Gejammer verschont, vielmehr sind es melancholische Gedanken, denen man gut folgen kann.
FAZIT
IN LIEBE BROOKLYN überzeugt durch sein ungewöhnlich hübsches Aussehen ebenso wie durch seinen filigranen Text und die hervorragend aufgebaute Geschichte. Ein in sich absolut stimmiges Buch, hervorragend geeignet für einen Nachmittag mit Tee und Keksen.
SaschaSalamander 07.07.2012, 14.20 | (0/0) Kommentare | PL
Jo Raketenpo

Ob das Buch pädagogisch wertvoll ist, darüber kann man streiten. Thema Außenseiter, Thema "Du bist gut so wie Du bist", aber das könnte man natürlich auch anders verpacken. Aber es ist auf jeden Fall lustig, und ich kann mir vorstellen, dass Kinder aus dem Lachen nicht mehr herauskommen, auch ich als Erwachsener musste sehr oft lachen, wenn vermutlich auch über andere Dinge. Und gemeinsames Lachen ist oft hilfreicher als alle Pädagogik der Welt ;-)
JO RAKETENPO ist klein und unscheinbar, man leidet mit ihm mit. Die Schüler gehen ihm aus dem Weg, um ihn zu schneiden. Scha Scha hat das gleiche Problem, doch sie ist stolz und selbstbewusst, sie ist ein Powermädel. Ihr gehen die Schüler aus dem Weg, um ihr ehrfurchtsvoll Platz zu machen. Die beiden bieten wundervolle Identifikationsfiguren für Kids, zwei grundverschiedene Charaktere, ausgestattet mit liebenswerten Eigenschaften und doch nicht perfekt. Bei den Erwachsenen gibt es die Guten und die Bösen, klar definiert. Bei der überzogenen Darstellung der Bösen musste ich stellenweise schon an Roald Dahl denken, Frau Gift und Galle sowie der böse Lehrer Würgl erinnerten in ihrer Grausamkeit doch irgendwie an Frau Knüppelkuh und Co, also auf eine Weise überzeichnet, dass Kinder keine Angst vor ihnen haben müssen aber trotzdem so richtig wütend werden dürfen auf diese Menschen.
Das Buch ist weder realistisch noch ernsthaft, es gibt absurde Situationen und völlig schräge Momente, die jeglicher Logik entbehren, das Buch ist ein Riesenspaß.
Nett fand ich die Formulierungen und die Sprache, Pinkus Tulim jongliert mit Worten, er hat sichtlich Spaß beim Schreiben gehabt, das spürt man. Da ich es nur gehört, nicht gelesen habe, kann ich leider nicht nachschlagen, und während des Hörens hatte ich keine Gelegenheit zu notieren. Aber selbst ohne darauf zu achten, fällt einem schnell auf, wie hier mit den Worten gespielt wird. Auch gibt es sehr viele Wortneuschöpfungen, teilweise vermutlich zeilenlang, ein herrlicher Spaß. Die Metaphern sind ebenfalls gelungen. Jonathan pupst als Kind so stark, dass den Enten die Schnäbel abfallen. Jemand ist erstaunt und öffnet den Mund so weit, dass eine Ratte mitsamt ihrem Reisekoffer hindurchgepasst hätte. Und eine gemeine Fangfragte fragte jemand "mit einem Angelhaken als Fragezeichen". Stilmittel der Nonsensliteratur, wie ich sie liebe :-)
Einzige Schwäche des Buches finde ich den Aufbau. Zwar ist der Anfang nett, aber er fesselt nicht wirklich. Es ist nicht klar, worauf es hinausgeht, wirklich spannend wird es erst ab dem Besuch bei Dr. Flatatul Bum und dem Schuleintritt, davor zieht es sich doch recht in die Länge. Wäre nicht der Sprecher gewesen, hätte ich das Hörbuch vermutlich bald abgebrochen. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich es weitergehört habe. Nur der Spannungsbogen hat mir gefehlt: es gab keine konkrete Frage, auf deren Auflösung man bangte (die meisten Bücher haben doch eine Kernfrage, etwa "wird es ihm gelingen usw", "wird er seinen Traum verwirklichen und eines Tages ..."), sondern vielmehr eine Aneinanderreihung der Erlebnisse Jonathans von seiner Babyzeit bis hin in die Schulzeit. Da die Handlung jedoch voranschreitet und nicht nur erzählt, fragte ich mich immer wieder, wann denn nun der Knackpunkt käme. Aber gut, es ist ein Kinderbuch, und ich bin sicher, dass Kinder nicht nach solchen Dingen fragen ;-)
Christoph Maria Herbst (Stromberg) ist ein grandioser Sprecher. Inzwischen neige ich fast dazu, ihn neben Stefan Kaminski und Rufus Beck zu stellen mit seiner wandelbaren Stimme. Er quietscht, knarrt, keift, bellt, krakeelt, pupst, piepst, donnert, er spielt virtuos mit seiner Stimme wie ein Musiker auf seinem Instrument. Gelegentlich untermalt von einem eingespielten Geräusch und eingespielten Musikstücken, was gut zur CD passte.
Das Buch habe ich nicht gelesen, aber ein Blick in die Leseprobe zeigt mir, dass die Bilder wirklich witzig sind und gut dazu passen. Es ist also gar nicht leicht, sich für das Buch oder die CD zu entscheiden. Es ist einer der Titel, wo man vielleicht sogar überlegen sollte, sich beides zuzulegen.
JO RAKETENPO ist ein urkomisches Kinderbuch, das den Großen genauso Spaß macht wie den Kleinen. Ganz große Empfehlung :-)
7,8 von 10 Treppenstufen
SaschaSalamander 05.07.2012, 08.34 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL
ø pro Tag: 0,5
Kommentare: 2819
ø pro Eintrag: 0,7
Online seit dem: 21.04.2005
in Tagen: 7324